Oberschulen in NRW: SMV-Ex-Press

Materialien zur Analyse von Opposition

Von Jürgen Schröder, Berlin

Dieser Beitrag widmet sich in Fortführung von früheren zu den Oberschulen in NRW bzw. dem Konflikt um die 'SMV-Press' weiter u. a. dem KOV der KPD in NRW (vgl. 22.1.1973, 27.1.1973) aber auch den Freunden des KBW unter den NRW-Schülern, die in dieser wie immer unvollständigen Darstellung zuerst bei der Vietnamsolidarität aktiv werden (vgl. 8.1.1973, 15.1.1973), sich später mit zunehmendem Erfolg am Vertrieb des Zentralorgans des KBW versuchen (vgl. 12.9.1973, 26.9.1973, 10.10.1973, 24.10.1973, 7.11.1973, 22.11.1973, 5.12.1973).

Der erste Teil dieser Darstellung aber ist wesentlich der Tatsache zu verdanken, dass das Kultusministerium wieder eine SMV-Zeitung finanziert (vgl. 20.8.1973), die nun 'SMV-Ex-preß' heißt und uns in zwei Ausgaben vorlag (vgl. Aug. 1973, Okt. 1973), so dass deren landesweite Berichterstattung hier wiedergegeben werden kann (vgl. 5.5.1973, Juli 1973), die sich oft immer noch Disziplinierungen widmet (vgl. 7.5.1973, Juni 1973, 12.6.1972). Aus dem Berufsschulbereich wird hier ebenfalls berichtet (vgl. 19.6.1973). Auch die Christdemokratischen Schüler werden nun aktiv (vgl. Sept. 1973), die Landes SMV der allgemeinbildenden Schulen aber bleibt in Hand der GO-Freunde (vgl. 24.9.1973), der KOV scheint nicht mehr zu kandidieren, dafür beschreibt er seinen Aufbau (vgl. Jan. 1974), wird aber in Warendorf von Repressionen betroffen (vgl. Apr. 1974) wogegen eine landesweite Kampagne durchgeführt wird (vgl. 11.6.1974).

Nach einer Pause in der Berichterstattung ist der KOV zum KJVD geworden, protestiert dieser gegen den Girgensohnerlaß (vgl. Okt. 1976, 22.10.1976, Nov. 1976, 8.11.1976, 18.12.1976) sowie auch gegen die hier nicht aufgenommenen Schulgesetze (vgl. Feb. 1977). Nachdem die kooperative Schule scheitert (vgl. 7.2.1977), entwickelt der KJVD, in scharfem Konflikt zu den Anhängern der DKP stehend (vgl. 10.12.1977), zum vorläufigen Abschluss dieser Darstellung Alternative seine eigene schulpolitische Programmatik (vgl. 6.3.1978).

Auszug aus der Datenbank „Materialien zur Analyse von Opposition“ (MAO)

08.01.1973:
Vermutlich in dieser Woche geben die Sozialistischen Schülergruppen (SSG) NRW, laut und mit der Arbeitsgemeinschaft Sozialistischer Schüler (ASS) Herne (Gymnasien), ein 'Vietnam Info', vermutlich zur Mobilisierung für die Demonstration in Bonn (vgl. 14.1.1973) heraus.
Quelle: Herner Schülerpresse Nr.1,Herne 1973

15.01.1973:
Vermutlich in dieser Woche übergeben die Sozialistischen Schülergruppen (SSG) NRW (vgl. 8.1.1973), laut und mit der Arbeitsgemeinschaft Sozialistischer Schüler (ASS) Herne (Gymnasien) (vgl. 10.1.1973), in Bochum über 1 500 Unterschriften an die PRR Südvietnam.
Q: Herner Schülerpresse Nr.1,Herne 1973

22.01.1973:
Vermutlich erscheint zu Beginn dieser Woche in NRW eine dreiseitige 'KOV-Information' des KOV der KPD:"
Der Kommunistische Studentenverband (KSV) der KPD ruft euch auf zur DEMONSTRATION am 26.1. um 11 Uhr in Düsseldorf (Beginn vor dem Schauspielhaus).

Den meisten von Euch wird es nicht möglich sein, selbst an der Demo teilzunehmen. Anstelle dessen möchten wir Euch auffordern, soweit es Euch möglich ist, Schülerrunden zu veranstalten, in denen Ihr über den Sinn der Demo und die Kämpfe in letzter Zeit an der Hochschulfront informiert.

Manche von Euch werden fragen, was denn der Kampf der Studenten mit dem der Oberschüler gemeinsam hat.

Die bürgerliche Presse hat versucht, die Kämpfe der Studenten in vielen Städten der BRD totzuschweigen. Dennoch war sie gezwungen, des öfteren von den Aktivitäten zu berichten. Aber vielen von Euch ist durch die sporadische Information nicht gelungen, einen Überblick zu erhalten; vor allem, wenn sie keine Gelegenheit hatten, das Zentralorgan des KSV 'Dem Volke Dienen' (DVD,d.Vf.) und das gemeinsame Organ der KPD, des KJV, KSV, KOV 'Rote Presse Korrespondenz' (RPK,d.Vf.) zu lesen.

Was geschah an der Hochschulfront in der letzten Zeit?

Ende letzten Jahres startete die SPD-Regierung und mit ihr die Länderregierungen eine Reihe von Maßnahmen zur Zerschlagung der Verfaßten Studentenschaft (ASten), wo diese zu einem Ort der fortschrittlichen Interessenvertretung und der Durchsetzung des politischen Mandats geworden waren. So wie an der Westberliner PH mit dem Löffler-Plan, versuchte die Kultusbürokratie auch in Hamburg, Bochum, Bonn, Marburg, Erlangen, Frankfurt, Tübingen, Heidelberg, Düsseldorf außerdem mit der Novellierung der Landeshochschulgesetze den Einfluß reaktionärer Ideologien zu festigen.

Das Recht der freien Prüferwahl soll ebenso eingeschränkt werden, wie das Recht der Hochschullehrer, Prüfungen abzunehmen. Durch veränderte Zwischenprüfungen soll der Student von vornherein gezwungen werden, an reaktionären Seminaren teilzunehmen. Durch veränderte Paritäten in der Prüfungskomission soll dafür gesorgt werden, daß - ohne viel Aufhebens wie bei individuellen Akten der politischen Disziplinierung: Nichteinstellung fortschrittlicher Lehrer (BV,d.Vf.) etc. - 'mißbeliebige Elemente' gar nicht erst Zugang zum Staatsdienst erhalten.

Darüberhinaus wurden fortschrittliche Intellektuelle, vor allem Lehrer wie Hannes Heer in Bonn, aus dem Staatsdienst geschmissen oder nicht zugelassen, was für den nötigen Abschreckungseffekt sorgen sollte.

Die Kultusbürokratie erlebte allerdings daraufhin einen Schock:

Überall fanden spontane Abwehrkämpfe der Stundenten statt. In vorderster Front stand immer dabei der KSV, dem es an vielen Orten gelang, den Kämpfen die richtige politische Stoßrichtung zu geben unter der Parole:

KAMPF DER VERSCHÄRFTEN STAATSAUFSICHT!
FÜR EINEN GEMEINSAMEN KAMPF DER ARBEITERKLASSE UND DER STUDENTEN GEGEN AUSBEUTUNG UND UNTERDRÜCKUNG!

Warum ist es der Kultusbürokratie bisher gelungen, immer wieder einzelne Einbrüche zu erzielen? Noch ist es nicht gelungen, eine einheitliche Kampffront zu erzielen? Noch ist es nicht gelungen, eine einheitliche Kampffront zu schmieden. Revisionistische Organisationen wie Spartakus und MSB (der DKP,d.Vf.) betätigen sich als Hilfstruppen der Bourgeoisie, indem sie überall versuchen, die kampfbereiten Studenten abzuwiegeln. Sie schüren die Illusion, die Bourgeoisie könne über Teilschritte zur Einsicht gebracht werden. 'So ließen sie sich an der TU-Westberlin in den Streikrat wählen, während sie an der FU schon die Streikplakate mit konterrevolutionären Parolen überklebten, wie 'Schluß mit dem perspektivlosen Streik.' Während sie die Studenten der TU München für den Streik agitierten, verschickten sie an jeden Dekan und Dozenten einen Brief des Inhalts, daß Streik nicht 'generellen Ausfall' der Lehrveranstaltungen bedeute, diese vielmehr als Diskussionsveranstaltung wie bisher benutzt werden sollten.' (RPK 192).

Die Demonstration am 26.1. trägt also der Aufgabe Rechnung, gegen solche Spaltungs- und Abwiegelungsmanöver von Opportunisten und Revisionisten die Kampffront zu stärken.

In ähnlicher Weise wie gegen die verfaßte Studentenschaft geht das Kumi bei uns gegen die SMV vor. Durch den Finanzerlaß vom 1.1. (der zwar vorerst zurückgestellt, aber nicht aufgehoben wurde) soll der SMV auch der letzte Rest an Finanzhoheit geraubt werden (durch ein Mitglied des Schulkollegiums Münster mit Vetorecht im Konvent). Neben solcher Kontrolle gehen das Kumi und seine Handlanger, die Direktoren der einzelnen Schule, auch individuell gegen fortschrittliche Schüler vor, welche die bürgerliche Ideologie im Unterricht (z.B. zum Krieg der USA in Vietnam) entlarven und den Oberschülern die Perspektive des Kampfes an der Seite der Arbeiterklasse aufzeigen; so geschehen in Münster im Falle Hübner.

Gerade, weil die verschärfte Staatsaufsicht, der Zwang, durch Prüfungsordnung und Zusammensetzung der Prüfungskommission, ein Auge auf die zukünftigen Staatsdiener, sprich Lehrer, hat, müssen wir aktive Solidarität mit dem Abwehrkampf der Studenten üben. Und wir dürfen dabei nicht vergessen, wen die politische Disziplinierung von fortschrittlichen Lehrern am meisten trifft, das jugendliche Proletariat. Denn die Bourgeoisie möchte absolut nicht, daß diesem die Augen über seine Lage im kapitalistischen Ausbeutersystem schon in der Schule geöffnet werden!

Kämpfen wir deshalb gemeinsam für eine Ausbildung im Dienste des Volkes, welche nur durch die fortschrittlichste, weil unterdrückteste Klasse, die Arbeiterklasse, durch die sozialistische Revolution möglich wird.

KAMPF DER KAPITALISTISCHEN KLASSENAUSBILDUNG!
KAMPF DER VERSCHÄRFTEN STAATSAUFSICHT IN SCHULE UND UNIVERSITÄT!
FÜR EINE AUSBILDUNG IM DIENSTE DES VOLKES!"

P.S.: Wenn Ihr Material braucht, besorgt Euch die Broschüre der PH Rheinland (Düsseldorf), die eine Zusammenfassung der Kämpfe enthält
die DVDs Nr.3, 4, 5 (1. Jahrgang) 2 (2. Jahrgang) die RPK Nr. 192 Bestellung (bis auf die PH-Broschüre) alles bei RPK-GmbH 46 Dortmund Zimmerstr.19

Mit sozialistischen Grüßen
KOV"
Q: KOV:Information,o.O. o.J. (Jan. 1973)

27.01.1973:
Der KOV der KPD verbreitete in NRW, u.a. in Dortmund, eine "Einladung zur regionalen Konferenz am 27./28.1." in Düsseldorf, Haus der Jugend, Lacomblet-Straße. Tagesordnung soll sein:"
1. Vorstellung der Grundlagen der Politik des KOV.
- Zum Verhältnis von Schulung und Praxis.
- Zur Fachagitation.
- Zu Agitation und Propaganda.
- Hebel der Massenarbeit an der Schule.
- Zur Notwendigkeit der Arbeit in der SMV.
- Aufbau einer SV (fortschrittliche Schülervertretung).
- Fragen der Fraktionsarbeit.
- Formen der Anleitung durch den KOV.
- Die Notwendigkeit des Berichts- und Protokollwesens.
2. Abends: Gespräche.
3. 28.1. Gespräche, falls nötig. Film der KPD zu Korea."

Zum Teilnehmerkreis heißt es:"
Der KOV lädt alle Sympathisanten zu dieser Konferenz ein, die sich zur Zeit noch mit Grundfragen der Politik des KOV beschäftigen."
Q: KOV (RK Rhein/Ruhr):Einladung zur regionalen Konferenz am 27./28.1.,o.O. o. J. (Jan. 1973)

05.05.1973:
Der Landesvorstand der SMV der allgemeinbildenden Schulen NRW berichtet:"
SCHULBÜCHER SIND BALD KEIN GESCHENK MEHR!

Am 5. Mai wurde im Landtag ein Lernmittelfreiheitsgesetz verabschiedet, das das bisherige Gesetz von 1970 aufhebt.

Das Gesetz geht davon aus, daß Schulbücher in drei Kategorien eingeteilt werden können: solche, die als Nachschlagewerke für fast die gesamte Schulzeit zu gebrauchen sind; solche, die durch Bemalen und ähnliches nach der Anschaffung unbrauchbar sind und soclhe, die temporären Charakters sind, d.h. sie können nach kurzer Verwendungsdauer zur Seite gelegt werden.

Als Grund für diese Gesetzesänderung wird neben der Finanzknappheit des Landes NRW die Tatsache, daß eine Vielzahl der Schulbücher, fast noch neu, in die Mülltonnen wandern, angegeben. Deshalb soll nun bei den temporären Schulbüchern eingespart werden. In dem verabschiedeten Gesetz ist nicht mehr von Schulbüchern, sondern von Lernmitteln die Rede, worin Lektüren und Arbeitshefte inbegriffen sind.

Im entscheidenden Paragraphen heißt es zum Inhalt der Lernmittelfreiheit:
'Jedem Schüler werden nach Maßgabe der Durchschnittsbeträge gemäß Paragraph 3 die für ihn erforderlichen, zum dauernden Gebrauch bestimmten Schulbücher unentgeltlich zum Gebrauch überlassen oder übereignet. Sonstige Lernmittel können dem Schüler unentgeltlich zum Gebrauch überlassen oder übereignet werden, wenn sie für ihn erforderlich sind.'

Entgegen bisherigen Bestimmungen läßt dieser Paragraph auch die Verleihung von Schulbüchern zu, wodurch eine mehrfache Nutzung ermöglicht wird. Aber genau darin liegt das Problem: Wer sich heute Schulbücher betrachtet, wird in den meisten Fällen feststellen müssen, daß sie inhaltlich hoffnungslos veraltet sind - und das, obwohl jedes Jahr neue Schulbücher auf den Markt kommen. Wie wird es sein, wenn die Bücher nach einjährigem Gebrauch nicht mehr in die Schränke der Schüler wandern, sondern dem nächsten überreicht werden? War man schon bisher kaum in der Lage, die Schulbücher auf den neuesten Stand zu bringen, so wird die in den meisten Fällen dringende Überarbeitung dann erst recht auf sich warten lassen. Die mehrfache Nutzungsmöglichkeit wird für die Überarbeitungen zum Hemmschuh werden.

Benachteiligt sind auch all jene Schüler, die sich die Schulbücher nach der Rückgabe selbst nicht kaufen können. Somit können nur noch jene, die das notwendige Geld aufbringen, den Stoff des vergangenen und vorletzten Schuljahres wiederholen."
Q: SMV-Ex-Press Nr.1,Düsseldorf Aug. 1973,S.3

07.05.1973:
Der Landesvorstand der SMV der allgemeinbildenden Schulen NRW berichtet von seiner Teilnahme (vgl. 12.6.1973) an den Weltjugendfestspielen (vgl. 28.7.1973):"
KULTUSMINISTERIUM VERBIETET FESTIVALAKTIVITÄTEN
SMV-NRW NIMMT TROTZDEM TEIL

Einem Beschluß der Landesversammlung zufolge nahm die Landes-SMV an den Vorbereitungen zu den X. Weltjugendfestspielen teil. Diese Initiative wurde mit einem Erlaß des KuMi vom 7.5.1973 gestoppt. Die Begründung hierfür liegt zum einen in der ablehnenden Haltung, die das KuMi gegen das Festival überhaupt einnimmt, zum anderen aber darin, daß man die SMV politisch entmündigen will, und ihren Tätigkeitsbereich nur auf die einzelne Schule beschränken will.

Das Festival muß als das bedeutsamste jugendpolitische Ereignis dieses Jahres gewertet werden. Seit dem I. Festival 1947 in Prag, bei dem 17 000 Jugendliche aus aller Welt versprachen, in Zukunft alles gegen Krieg und Faschismus zu tun, bis hin zum X. Festival in Berlin/DDR, bei dem die Solidarität mit den indochinesischen Völkern im Mittelpunkt steht, hat sich die Festivalbewegung zu einer weltumspannenden Kraft für Frieden und internationale Solidarität entwickelt. Das beweist schon die Breite der teilnehmenden Verbände. In über 100 Ländern bestehen Vorbereitungskomitees, zu denen sich christliche, sozialistische, liberale Jugend- und Studentenverbände zusammengeschlossen haben. In der Bundesrepublik werden die Weltfestspiele durch einen Initiativausschuß X. Weltfestspiele gebildet, der einen Aufruf zum Festival verabschiedete. Darin heißt es:

'Wir gehen davon aus, daß die X. Weltfestspiele dazu beitragen, die Bestrebungen der Jugend- und Studentenorganisationen mit unterschiedlichen politischen, philosophischen und religiösen Anschauungen für Solidarität, Frieden und Freundschaft zur Entwicklung der Zusammenarbeit, des Verständnisses und der Freundschaft der Jugend der Welt zu stärken.'

WARUM NIMMT DIE SMV-NRW AM FESTIVAL TEIL?

In einem Brief an den KuMi Girgensohn schreibt Landesschülersprecherin Emilja Mitrovic:

'Am 7.Mai d.J. erklärten Sie, unsere Mitarbeit im Arbeitskreis Festival könne, 'weder aus der Sicht der SMV-Arbeit als begründet noch von der Sache her als vertretbar angesehen werden.' Aus der Sicht der SMV-Arbeit ergibt sich für uns folgendes: 'Der Wirkungsbereich der SMV ergibt sich aus dem pädagogischen Auftrag der Schule...' zu dem sie im SMV-Erlaß u.a. die Bildung eines kritischen Bewußtseins und die Erziehung zu eigenverantwortlich handelnden Mitgliedern einer demokratischen Gesellschaft zählen. Die SMV soll mitwirken, 'die Bereitschaft zur Diskussion, die Übernahme von Verantwortung, Offenheit für die Überzeugung anderer, sowie die Fähigkeit eigene Überzeugung in Frage zu stellen' zu entwickeln.'

Dies ist der eine Grund, weshalb wir an den Weltjugendfestspielen teilnehmen, nämlich dem oben dargestellten Auftrag der SMV gerecht zu werden.

Auf die Feststellung des KuMi, die Teilnahme am Festival sei von der Sache her nicht vertretbar, antwortet die Landesschülersprecherin in ihrem Brief: 'Von der Sache her erscheint uns die Mitarbeit ebenfalls als begründet. Ein Bestandteil des X. Festivals, an dem wir gemeinsam mit den Schülervertretungen anderer Bundesländer teilnehmen, wird die internationale Begegnung der Schüler sein. DAS OFFIZIELLE FESTIVALPROGRAMM UMFASST U.A. EINEN ERFAHRUNGSAUSTAUSCH VON OBERSCHÜLERN IM INTERNATIONALEN RAHMEN. AUS VIELEN ANDEREN STAATEN IST DIE TEILNAHME VON SCHÜLER- UND STUDENTENVERTRETUNGEN EBENFALLS ANGEKÜNDIGT.

DIE DELEGATION DER SMV-NORDRHEIN-WESTFALEN HAT KONKRETE AUFTRÄGE VON DER LANDESVERSAMMLUNG ERHALTEN. SO WIRD DIE INFORMATION ÜBER DAS SCHULWESEN DER DDR EINE WESENTLICHE AUFGABE UNSERER DELEGATION SEIN. Insbesondere wurde unsere Gruppe beauftragt, die Frage des Leistungssystems in der DDR-Schule, die Formen der Leistungsbemessung und die Beurteilungsmaßstäbe zu untersuchen. Wir sind der festen Überzeugung, daß unsere Begegnungen, unsere Informationsgespräche und die nachfolgende Berichterstattung vor unseren SMV-Gremien nicht nur dem in der Landesverfassung formulierten Auftrag der Schule, sondern auch der konkreten Entwicklung der SMV an der einzelnen Schule dienen werden.'

Auf das wiederholt vorgetragene Argument des KuMi, daß die SMV ihre Aktivitäten nur auf die einzelne Schule zu beschränken habe, antwortet die Landesschülersprecherin: 'EINE BESCHRÄNKUNG DER ÜBERSCHULISCHEN SMV AUF ANGELEGENHEITEN DER EINZELNEN SCHULE, die die Beteiligung an internationalen Begegnungen ausschließen würde, LÄSST SICH UNSERES ERACHTENS NICHT AUS DEM SMV-ERLASS ABLEITEN. Wir weisen darauf hin, daß eine solche Einschränkung auch in der Vergangenheit nicht praktiziert wurde. Erst in den letzten Osterferien wurde unser Landesverband vom Schulkollegium Düsseldorf aufgefordert, einen Teilnehmer an einer deutsch-französischen-englischen (britischen,d.Vf.) Schülerbegegnung zu benennen, zu der als Referent der US-Generalkonsul eingeladen war. (Für diese Tagung wurde wurden die SMV-Vertreter vom Unterricht freigestellt)...'"

Berichtet wird von der Solidarität der SMV-Verbindungslehrer (vgl. 12.6.1973) und festgestellt:"
DIE DELEGATION FÄHRT TROTZ ALLEM!

Es ist keine Seltenheit, daß junge Menschen, die am Festival teilnahmen oder -nehmen, in Schwierigkeiten gebracht werden. Antikommunismus und Ablehnung gegen die weltumspannende Solidarität sind dabei nicht unwesentlich. Das gibt uns den Auftrag, die Idee des Festivals noch viel stärker unter den Jugendlichen in den Schulen zu verbreiten. So werden wir noch viel über das Festival schreiben müssen, um die Ergebnisse der X. Weltfestspiele auszuwerten."
Q: SMV-Ex-Press Nr.1,Düsseldorf Aug. 1973,S.3

Juni 1973:
Der Landesvorstand der SMV der allgemeinbildenden Schulen NRW berichtet vermutlich aus dem Juni:"
FAHRKOSTENERSTATTUNG FÜR ALLE SCHÜLER

Anläßlich der vielerorts vor sich gehenden Umwandlung der von den Schulträgern gestellten Schülermonatsmarken in Jahresmarken wandte sich die Landes-SMV an den nordrhein-westfälischen Städtebund, Schul- und Kulturausschuß. In einem Schreiben erklärte der Landesvorstand, die Fahrtkostenrückerstattung dürfe nicht länger nur denjenigen Schülern zugute kommen, die einen weiteren Schulweg als 3,5 km hätten, sondern müsse auf alle Schüler ausgedehnt werden.

Der Landesvorstand begründete seine Forderung unter anderem so: 'Auch ein Schulweg von weniger als 3,5 km ist vielerorts besonders im Winter oder bei sonstiger ungünstiger Witterung als Fußweg unzumutbar. Viele Schüler sind z.Z. gezwungen, eine Schülerkarte auf eigene Kosten zu halten.

Auch diejenigen Schüler, die näher als 3,5 km an der Schule wohnen, müssen außerhalb der Schulzeit oft öffentliche Verkehrsmittel benutzen, aus Gründen, die durchaus in direktem Zusammenhang zu ihrem Schulbesuch stehen, sei es auf dem Weg zum Nachhilfeunterricht oder, um Schulveranstaltungen zu besuchen.'

Da eine große Zahl der Unfallopfer Schüler sei und auch ein Schulweg von weniger als 3,5 km gefährlich sein könne, sei es zugleich ein Beitrag zur Sicherung des Schulwegs, wenn allen Schülern die Möglichkeit zur kostenfreien Benutzung der öffentlichen Verkehrsmittel gegeben würde."
Q: SMV-Ex-Press Nr.1,Düsseldorf Aug. 1973,S.4

Juni 1973:
Der Landesvorstand der SMV der allgemeinbildenden Schulen NRW berichtet vermutlich aus dem Juni:
SMV-ARBEIT IST POLITIK

In der letzten Zeit häufen sich die Fälle, daß Schülervertreter in ihrer Arbeit behindert werden. Wichtigstes Argument hierbei ist, daß die SMV nicht berechtigt wäre, zu allgemeinpolitischen Fragen Stellung zu nehmen. So wurden Vollversammlungen nicht genehmigt, die sich mit der Frage der 'Verfassungsfeindlichen Kräfte im öffentlichen Dienst' (BV,d.Vf.) beschäftigten. der Landes-SMV wurde untersagt, im Arbeitskreis Festival, der die X. Weltfestspiele der Jugend und Studenten in Berlin vorbereitete, mitzuarbeiten (vgl. 7.5.1973,d.Vf.).

So mancher Direktor mag jetzt aufatmen. Schwierigkeiten wird er von den Schulaufsichtsbehörden nicht mehr zu erwarten haben, wenn er der SMV an seiner Schule eine Vollversammlung nicht gestattet, eine Zeitung mit Vertriebsverbot belegt oder sogar Schüler auf Grund ihrer politischen Tätigkeit im Rahmen der SMV von der Schule verweist. Denn er hat immer die Möglichkeit, sich gerade auf dieselben Schulaufsichtsbehörden zu beziehen, mit denen er sich in voller Übereinstimmung befindet. Worum es genau geht, läßt sich kurz in der Fragestellung, ob die SMV ein politisches Mandat hat oder nicht, zusammenfassen.

Das Kultusministerium und das Schulkollegium Münster wollen der SMV nur noch die einzelne Schule als Betätigungsbereich zuweisen, die überörtlichen SMVen sind nur noch Koordinator und Berichterstatter über einzelne Schulangelegenheiten.

In einem Brief an den Kultusminister schriebt Emilja Mitrovic, Landesschülersprecherin der allgemeinbildenden Schulen: 'In Verfügungen des Schulkollegiums Münster wird der SMV ein politisches Mandat abgesprochen und ihre Aussage auf einen engen bildungspolitischen Rahmen beschränkt. Eine solche Eingrenzung erscheint uns unmöglich, wenn zur gleichen Zeit bildungspolitische Fragen allgemein als gesamtgesellschaftliche Fragen akzeptiert werden (s.a. ökonomisch-politischer Orientierungsrahmen).

Die Wahrnehmung der Interessen an den Gymnasien und Realschulen muß von uns überall dort verfolgt werden, wo die allgemeine Interessenlage der von uns vertretenen Schüler dies verlangt. In diesem Sinn sind vielseitige Aufgaben der SMV denkbar: die Freizeitsituation der Schüler einer oder mehrerer Schulen könnte Gegenstand der SMV dieser Schulen sein. Die Beteiligung der SMVen z.B. an einer Jugendzentrums-Initiative (JZI,d.Vf.) wäre somit denkbar und durchaus im Rahmen des in Art. 1 des SMV-Erlasses beschriebenen Aufgabenfelds der SMV.

In einer Verfügung des Schulkollegiums Münster vom 3.3.1972 wird der SMV zwar ein bildungspolitisches Mandat zugestanden, die Behandlung des Ministerpräsidentenerlasses vom 28.1.1972 ('Radikale im öffentlichen Dienst') wird ihr verwehrt. Aus der Tatsache, daß der Erlaß auch auf andere Beamte als Lehrer angewandt werden kann, läßt sich aber nicht herleiten, daß eine Stellungnahme hierzu der SMV nicht zustehe bzw. das Thema nicht Gegenstand einer Schülerversammlung sein kann.

Das Verbot einer Schülerversammlung mit dieser Thematik läuft dem Auftrag der SMV gerade zuwider.

Wir sind der Auffassung, daß ein erweitertes jugend- und bildungspolitisches Mandat für die SMV festgeschrieben werden muß.'"
Q: SMV-Ex-Press Nr.1,Düsseldorf Aug. 1973,S.3

12.06.1973:
Der Landesvorstand der SMV der allgemeinbildenden Schulen NRW berichtete vom Verbot seiner Teilnahme (vgl. 7.5.1973) an den Weltjugendfestspielen (vgl. 28.7.1973):"
BEZIRKSVERBINDUNGSLEHRER SOLIDARISIEREN SICH!

Auf der Tagung der Bezirksverbindungslehrer in Gummersbach am 12./13.6.1973 unterstützten die Bezirksverbindungslehrer unsere Teilnahme an den X. Weltfestspielen. Vorausgegangen war dem eine Diskussion mit Herrn Mens vom KuMi, dessen Argumente jedoch nicht akzeptiert wurden. So schreiben die in Gummersbach versammelten Verbindungslehrer an den KM: 'Die Landes-SMV könnte an dieser Stelle einen wichtigen Beitrag leisten, den Informationsfluß über bildungspolitische Fragen von Ost nach west zu verstärken.

DIE BVL SIND DER AUFFASSUNG, DASS DIE INTENSIVE BESCHÄFTIGUNG MIT FRAGEN DER BILDUNGSPOLITIK EINE WESENTLICHE AUFGABE DER SMV IST. SIE SIND WEITERHIN DER ÜBERZUEGUNG, DASS DIE UNMITTELBARE AUSEINANDERSETZUNG MIT ANDEREN BILDUNGSSYSTEMEN UND DEREN ZIELSETZUNGEN VON GROSSER BEDEUTUNG FÜR DIE EIGENE STANDORTBESTIMMUNG IST.'"

Für den Landesvorstand der SMV der allgemeinbildenden Schulen NRW berichtete auch Hans-Peter Müllers von der versuchten Abspaltung der Realschüler im Regierungsbezirk Arnsberg (vgl. Mai 1973) durch den Hagener Realschuldirektor Kaul:"
Am 12./13.6.1973 fand eine Tagung der Bezirksverbindungslehrer in Gummersbach statt. Einer der Tagesordungspunkte war: 'SMV in der Sekundarstufe I'. Als Gäste waren erschienen: Mitglieder des SMV-Landesvorstands einerseits und Realschuldirektor Kaul andererseits. Beide Seiten hatten ausreichend Gelegenheit, ihre Standpunkte vor den Verbindungslehrern darzulegen. Herr Kaul betrachtete die Spaltung als bereits vollzogen und legte einige Gründe für sein Vorhaben auf den Tisch. Die SMV war ihm zu politisch geworden. Außerdem würden die Interessen der Realschüler nicht genügend beachtet. Und nicht zuletzt befürchtete er, daß Realschüler von Gymnasiasten 'untergebuttert' werden.

Mit Belegen für seine Argumente ging er allerdings sehr sparsam um. Sein Pech war allerdings, daß ein Bezirksverbindungslehrer an einigen Seminaren teilgenommen hatte, und ein anderer sich bei Schülersprechern seines Bezirks über den sogenannten SMV-Bezirksausschuß und die Seminare informiert hatte.

Fragen zur Bildungsreform blockte Herr Kaul mit dem Hinweis ab: 'Das ist Politik!' So werden also die Interessen der Realschüler bei Herrn Kaul berücksichtigt. Außerdem kam bei vielen Versammlungsteilnehmern der Verdacht auf, die Realschüler würden nicht vom SMV-Landesvorstand, sondern vielmehr von dem nicht gewählten Realschuldirektor 'untergebuttert'. Als Beweis dafür ist folgendes zu bewerten: Als ein Landesvorstandsmitglied der SMV zur Diskussion sprach, unterbrach ihn Herr Kaul und wollte den Diskussionsbeitrag mit Nachdruck entstellen. Erst auf Einschreiten des Diskussionsleiters hin wurden diese Störungen unterlassen.

Als Ergebnis dieser Tagung bleibt festzuhalten: Die in Gummersbach versammelten Bezirksverbindungslehrer waren einstimmig gegen die Spaltung unseres SMV-Verbandes. Jedoch ist es für uns nicht an der Zeit, zu sagen, daß unsere Bemühungen um die Realschulprbleme immer ausreichend waren. In einigen Bezirken war dies sogar sehr mangelhaft.

Die Konsequenz daraus kann aber nicht sein, die SMV zu spalten, sondern vielmehr stärker als bisher die Interessen der Realschüler in den Bezirken anzusprechen. Schritte dazu sind auch schon eingeleitet worden.

Außerdem gibt es auf Landesebene einen Realschularbeitskreis, an dem jeder Realschüler teilnehmen kann (Informationen darüber erteilt unser Landesbüro).

Jetzt ist es an der Zeit, daß die Realschüler entschieden diesen Spaltungsversuchen entgegentreten und sich nicht durch Direktoren bevormunden lassen.

DESHALB FORDERN WIR EUCH AUF:
- ARBEITET AKTIV IN EUREN SMV-BEZIRKEN MIT!
- FASST AUF EUREN BEZIRKS-VERSAMMLUNGEN BESCHLÜSSE, DIE DIE EINIGKEIT DER SMV UNTERSTREICHEN UND SICH GEGEN DIE SPALTUNGSVERSUCHE WEDEN!
- DISKUTIERT AN EUREN SCHULEN IN SCHÜLERRATSSITZUNGEN UND VOLLVERSAMMLUNGEN DIE PROBLEME EURES SMV-BEZIRKS ODER DER LANDES-SMV! (REFERENTEN DAZU KÖNNTE IHR EUCH VON DER LANDES-SMV EINLADEN)
- TRETET EIN GEGEN DIE SPALTUNG DER SMV IN REALSCHULEN UND GYMNASIEN!"
Q: SMV-Ex-Press Nr.1,Düsseldorf Aug. 1973,S.3

19.06.1973:
Die SMV der Carl-Severing-Schule Bielefeld für Metall- und Elektroberufe mit Berufsschule, Fachoberschule und Fachschule (BS, FOS bzw. FS) Abteilung Metall und Elektro (vgl. 2.2.1976) zitiert bezüglich der Verfügungsstunden den KuMi (vgl. 18.10.1968):"
Auszug aus:
Rd.Erl.d Kultusministers v. 19.6.1973 - I B 1.50-/0/-1040/73

'...Veranstaltungen der SMV gemäß Ziffer 8.1 und 8.2 SMVE (vgl.
**.**.197*,d.Vf.) sind Berufsschulunterricht im Sinne des Paragraphen 7 Berufsbildungsgesetz (BBiG,d.Vf.); sie sind unbeschränkt auf die Unterrichtszeit im Rahmen des Paragraphen 13 Jugendarbeitsschutzgesetz (JuArSchG,d.vf.) anzurechnen, sofern sie innerhalb der nach der Stundentafel aufgrund der durch Paragraph 1 der 7. AVOzSchFG festgelegten wöchentlichen Unterrichtsstunden für die jeweilige Klasse vorgesehenen Zahl der Unterrichtsstunden liegen. Dabei ist unerheblich, ob diese Zahl an der einzelnen Schule aus besonderen Gründen (z.B. Lehrermangel) tatsächlich
erreicht wird...'"
Q: Carl-Severing-Schule Bielefeld:SMV-Info,Bielefeld Feb. 1976,S.20

Juli 1973:
Der Landesvorstand der SMV der allgemeinbildenden Schulen NRW berichtet vermutlich spätestens aus dem Juli:"
SMV-LAVO GEGEN UNGERECHTE LEISTUNGSBEMESSUNG

Um kurzfristig eine objektive Leistungsbemessung zu erreichen, setzte sich der Landesvorstand mit der Versetzungspraxis und der Notengebung auseinander. So wurde festgestellt, daß bei Klassenarbeiten ständig gegen die 'Drittelklausel' verstoßen wird. Bei Versetzungen werden oftmals nur die Noten, jedoch nicht das gesamte Leistungsbild des Schülers beurteilt. Außerdem mußten Noten in vielen Fällen als 'pädagogisches Zwangsmittel' gewertet werden.

KLASSENARBEITEN UND MÜNDLICHE PRÜFUNGEN

Die Klassenarbeiten 'bieten dem Schüler, besonders demjenigen, dem die schriftliche Äußerung leichter gelingt als die mündliche, Gelegenheit, seine Kenntnisse und Fähigkeiten an der selbständigen Lösung einer Aufgabe zu erproben. Sie sind - neben der mündlichen Mitarbeit - auch eine wichtige Grundlage zur Bewertung des Unterrichtsergebnisses in einer Klasse und bei dem einzelnen Schüler. Darum werden sie vom Lehrer korrigiert und zensiert. Sie als pädagogische Zwangsmittel zu handhaben, widerspricht ihrem Sinn und ist verboten.' (Rd. Erlaß des KuMi 27.9.1958)

Es ist leicht zu sehen, daß der Anspruch dieses Erlasses mit der Wirklichkeit nicht übereinstimmt. Wenn zum Beispiel am Tage einer Schülerdemonstration auf einmal Klassenarbeiten geschrieben werden sollen, kann man sicher, daß sie als 'pädagogisches Zwangsmittel' benutzt werden. Dem SMV-Landesvorstand erscheint es deshalb wichtig, daß Klassenarbeiten nicht gegen den Willen einer Klasse geschrieben werden dürfen, und außerdem vierzehn Tage vorher festgesetzt werden.

Denn nicht selten ist die Methode, Klassenarbeiten willkürlich festzusetzen, um dann den Schülern mit schlechten Noten zu drohen, wenn sie bis zu dem Zeitpunkt der Arbeit den Stoff nicht beherrschen sollten. Aus diesem Grunde ist die 'Drittelklausel' von großer Bedeutung. 'Die Anforderungen (einer Klassenarbeit) sollen die Kräfte eines Schülers von mittlerer Leistungsfähigkeit nicht übersteigen. Erzielt ein Drittel der Schüler kein ausreichendes Ergebnis, so entscheidet der Leiter der Schule nach Anhören des Fachlehrers, ob die Arbeit gewertet wird oder ob eine neue Arbeit zu schreiben ist.' (Ebd.)

Auch hier kann leicht festgestellt werden, daß die Absicht des Erlasses mit der Wirklichkeit nicht übereinstimmt. Das wirkt sich natürlich nur auf dem Rücken der Schüler aus. Oft wollen unfähige Lehrer, die ihre Unterrichtsziele nicht erreichen können, den Lerneifer mit Fünfen antreiben. Andere Lehrer setzen den Klassendurchschnitt bei dem Drittel nicht ausreichenden Noten an. Die restlichen Noten werden dann verschachert.

DER SMV-LANDESVORSTAND ERHEBT AUFGRUND DIESER MACHTPOSITION, DIE DER EINZELNE FACHLEHRER MOMENTAN HAT, DIE FORDERUNG NACH STRIKTER EINHALTUNG DER 'DRITTELKLAUSEL'.

AUSSERDEM FORDERT DER LANDESVORSTAND STIMMRECHT FÜR DIE KLASSENSPRECHER BEI DER ENTSCHEIDUNG, OB EINE ARBEIT GÜLTIG SEIN SOLL ODER WIEDERHOLT WERDEN SOLL.

UM DIESE FORDERUNGEN NOCH ABZUSICHERN, MUSS BEI MÜNDLICHEN PRÜFUNGEN UND ZEUGNISNOTEN (VERSETZUNGEN) EINE 'DRITTELKLAUSEL' EINGEFÜHRT WERDEN. So kann es gelingen, Mißbrauch mit Noten und mündlichen Prüfungen einzudämmen. Unterbinden können wir es kurzfristig nicht. Um völlig zu unterbinden, daß mit Noten politisch diszipliniert wird, Leistungsterror ausgeübt wird oder reaktionäre Lehrinhalte durchgedrückt werden, muß ein breiter demokratischer Kampf geführt werden, der sich sowohl gegen Leistungsdruck als auch gegen reaktionäre Lehrinhalte richtet. Dafür muß zum Beispiel Stimmrecht in Noten- und Versetzungskonferenzen gefordert werden.

Ebenso ist die Forderung nach demokratischen und fortschrittlichen Lehrinhalten in diese Kampagne zu stellen, die man kurz mit der FORDERUNG NACH EINEM DEMOKRATISCHEN BILDUNGSWESEN zusammenfassen kann.

NOTENAUSKUNFT:

Wiederholt kommt es vor, daß ganze Klassen nicht die Möglichkeit bekommen, gemeinsam mit dem Lehrer die Zeugnisnoten zu diskutieren. So sagen Lehrer, man solle nach dem Unterricht zu ihm kommen. DER LANDESVORSTAND HÄLT DESHALB DIE FORDERUNG FÜR NOTWENDIG, DASS NOTENAUSKÜNFTE JEDERZEIT UND AUF WUNSCH VOR DER KLASSE ERTEILT WERDEN MÜSSEN.

Ebenso ist es nicht möglich, bei Nachprüfungen das Ergebnis der schriftlichen und mündlichen Ergebnisse zu verheimlichen. Ein Schüler, der in die mündliche Prüfung muß, soll das Recht haben, das Ergebnis seiner schriftlichen Arbeit vorher zu erfahren.

AUSLAUFENDE FÄCHER:

Nach den allgemeinen Versetzungsbestimmungen soll versetzt werden, wer die Gewähr bietet, daß er das folgende Jahr erfolgreich absolvieren kann. Hierbei ergibt sich immer wieder das Problem, daß Schüler nicht versetzt werden, weil sie in einem auslaufenden Fach keine ausreichende Leistung erzielen konnten, und in einem anderen Fach ebenso eine mangelhafte Leistung erbracht haben. Diese Versetzungspraxis ist völlig ungerechtfertigt. DESHALB FORDERT DER LANDESVORSTAND DER SMV VON NORDRHEIN-WESTFALEN, DASS BEI AUSLAUFENDEN FÄCHERN DIE VERSETZUNG NICHT IN FRAGE GESTELLT WERDEN DARF.

DISKUSSIONEN:

Der Landesvorstand ist sich im klaren darüber, daß er noch keine feststehenden Ergebnisse vorzuschlagen hat. In einem Brief an den Kultusminister Girgensohn wird jedoch auf die gesamte Noten- und Versetzungsproblematik aufmerksam gemacht. Für Kritikpunkte, die dazu dienen, kurzfristige Verbesserungen zu erreichen, das heißt, den Mißbrauch mit Noten u.a. einzuschränken, ist der Landesvorstand immer dankbar."
Q: SMV-Ex-Press Nr.1,Düsseldorf Aug. 1973,S.2

August 1973:
In NRW gibt der Landesvorstand der SMV der allgemeinbildenden Schulen erstmals sein Info 'SMV-Ex-Press' (vgl. Sept. 1972, Okt. 1973) mit vier Seiten DIN A 3 in einer Auflage von 80 000 unter Verantwortung von Volker Franke in Düsseldorf mit folgendem Leitartikel von Uwe Koch heraus:"
UNSERE AUFGABEN IM NEUEN SCHULJAHR:

DIE RECHTE DER SCHÜLERVERTRETUNG ERWEITERN - DIE UNABHÄNGIGKEIT DER SMV-ZEITUNG SICHERN

SMV FORDERT: 'SCHLUSS MIT DER POLITISCHEN DISZIPLINIERUNG!'

Es hat eine lange Pause gegeben zwischen der letzten Ausgabe der SMV-Press und dem Erscheinen dieses Informationsblattes des SMV-Landesverbands. Wie Ihr wißt, war nicht unsere Untätigkeit der Grund: DAS SCHWEIGEN WAR ERZWUNGEN, DER KULTUSMINISTER HATTE DER SMV IM VERGANGENEN SEPTEMBER UNTERSAGT, WEITERHIN GELD FÜR EINE ZEITUNG AUSZUGEBEN, DEREN INHALT NICHT SEINEN WÜNSCHEN ENTSPRACH.

BEHINDERTE SMV

Es blieb nicht der einzige Schlag gegen die Landesschülervertretung. Ich erwähne nur noch kurz, was (durch unsere Schulrundsendungen, durch andere Schülerzeitungen) vielen wohl schon bekannt ist:

EINE LANDESVERSAMMLUNG, DIE EINEN NEUEN LANDESVORSTAND DER SMV WÄHLEN SOLLTE, WURDE VIER WOCHEN LANG VERHINDERT. Das Schulkollegium machte seine Zustimmung von Bedingungen abhängig: ein die SMV-Press betreffender Tagesordnungspunkt sollte abgesetzt, das Wahlverfahren des Landesvorstands geändert werden.

Bereits seit Anfang 1972 sieht die Satzung der Landes-SMV vor, daß für Ämter des Landesverbands 'jeder Schüler einer allgemeinbildenden Schule NRWs' kandidieren kann. Das wußten Kultusministerium und Schulkollegium Münster.

Und im SMV-Erlaß heißt es: 'Über die Form örtlicher und überörtlicher Zusammenschlüsse entscheiden die Schülersprecher selbst. Die Konstituierung muß demokratischen Grundsätzen entsprechen.' (Art. 9.2)

Auf einmal sah das Münsteraner Schulkollegium einen Widerspruch zwischen der Landessatzung und dem Erlaß. FÜR DEMOKRATISCHER WURDE ERKLÄRT, WENN DIE ÄMTER IM LANDESVORSTAND NUR DEN FUNKTIONÄREN VORBEHALTEN BLIEBEN, DIE ZUVOR SCHON IN HÖHERE SMV-ÄMTER GEWÄHLT WORDEN SIND. ALLE ANDEREN SCHÜLER SOLLTEN VOM PASSIVEN WAHLRECHT (WÄHLBARKEIT) AUSGESCHLOSSEN SEIN.

Die Landes-SMV hält das für alles andere als einen 'demokratischen Grundsatz' (s.o.) und wählte gemäß ihrer Satzung. Prompt verweigerte das Schulkollegium in Münster lange Zeit die Anerkennung des Landesvorstands.

Und schließlich: ein Finanzerlaß für die SMV wurde entworfen. Er sah vor, daß ein Beamter des Schulkollegiums Münster jede Finanzausgabe des Landesverbands (also auch: Veranstaltungen, Publikationen) hätte verbieten können.

Es hat Solidarität mit der Landes-SMV gegeben. Viele SMVen fragten in der Zwischenzeit an, wann endlich die nächste SMV-Press erscheine. Vollversammlungen nahmen das Thema 'Politische Disziplinierung' auf und luden Mitglieder des Landesvorstands dazu ein. Jugendverbände und Schülerorganisationen setzten sich für die SMV-Zeitung ein.

Gegen die SMV-Press standen: die Landeselternschaft und die CDU-Landtagsfraktion. Aber spricht das gegen uns?

Es hat auch Schüler gegen die SMV-Press gegeben. Mitglieder der Jungen Union sammelten in Düsseldorf bereits Unterschriften für ein Verbot, als Girgensohn sich noch nicht dazu entschlossen hatte. Dazu einige Sätze:

Von den Mitarbeitern dieser Zeitung kann niemand sagen, mit dem Inhalt der SMV-Press stets einverstanden gewesen zu sein. Die Zeitung verstand sich bis zuletzt als Forum und gab unterschiedliche Meinungen wieder. Die Redaktion der Zeitung war demokratisch gewählt und demzufolge auch demokratisch abwählbar. WER NACH DEM VERBOT DER SMV-ZEITUNG RUFT, DER KANN DEMNÄCHST AUCH DAS VERBOT EINES SCHÜLERRATS ODER AUFLÖSUNG EINER SMV FORDERN, WEIL IHM DIE DARIN VERTRETENEN MEINUNGEN NICHT MEHR GEFALLEN.

Die Sammler der JU haben allerdings durch ihre Unterschriftenaktion ihrer Organisation noch mehr geschadet als der SMV-Press; zum weitaus größeren Teil setzten sich die Schüler für die Zeitung ein.

Erfolge sind zu verbuchen:

- Dem jetzt gewählten Landesvorstand wird nicht weiter die Anerkennung verweigert.

- Neben einer gemeinsamen Zeitung mit der SMV der Berufsbildenden Schulen, die erstmals nach den Sommerferien erscheinen wird, stehen unserem Landesverband wieder (im Vergleich zu früher allerdings geringere) Mittel für eigene Publikationen zur Verfügung. Ob die in Pressegesetz und Schülerzeitungserlaß versprochene Meinungsfreiheit allerdings auch für sie gilt, muß sich erst noch zeigen.

'SCHULRECHT IN NRW'

GRUND ZUR EUPHORIE GIBT ES JEDENFALLS NICHT, AUFGABEN FÜR EINE FORTSCHRITTLICHE SCHÜLERVERTRETUNG ABER GENUG; FOLGENDES IST IM SPD-REGIERTEN NORDRHEIN-WESTFALEN MÖGLICH:

- Schüler werden von der Schule verwiesen, weil sie sich in einem Klassenkollektiv kritisch auf den Geschichts- und Deutschunterricht vorbereiten. Die Schulleitung nennt es 'Behinderung der Lernwilligen' (Wuppertal).

- Ein Erlaß aus dem Jahre 1932 fordert von den Schülern, sich 'jeder herausfordernden Betonung eines Parteistandpunktes zu enthalten' (Preuß. Musterschulordnung Paragraph 7).

- Referendare, die sich gegen die verbotene, aber immer noch praktizierte Prügelstrafe wenden, werden aus der Schule entfernt (Erkelenz).

- Während bereits vor einem Jahr das Kultusministerium bekannt gab, an etwa der Hälfte aller Gymnasien seien drei oder mehr Schüler stimmberechtigt in Konferenzen, werden die minimalen Rechte des SMV-Erlasses ständig verletzt: Schüler bleiben von Konferenzen ausgeschlossen, Schüler werden von der Behandlung von Disziplinarfällen ausgeschlossen, eine Gesamtkonferenz erklärt sich für beendet und tagt, nachdem die Schüler den Raum verlassen haben, weiter, um das Schwarze Brett zu zensieren (Düsseldorf).

- Die Bezirksdirektorenkonferenz empfiehlt: 'Man vermeide aufgestautes Unbehagen', denn 'Die Solidarisierung der Schüler mit radikalen Elementen tritt auf, wenn Unbehagen herrscht'. 'Man sollte die Möglichkeit geben, als Schulleiter gegen verfassungsfeindliche außerschulische Kontakte der SMV vorgehen zu können.' 'Die Behörde muß eingreifen, wenn SMV-Landesvertreter Mitteilungen verschicken, die gegen das Gesetz verstoßen.'

'Aufgrund der Bindungen an die Verfassung sollte der Schulleiter ermächtigt werden, verlangen zu dürfen, daß ihm Flugblätter, die zur Verteilung auf dem Schulgelände bestimmt sind, vor der Verteilung zur Genehmigung vorgelegt werden.'

'Schulleiter sollten das Recht haben, SMV-Post zurückzuhalten, wenn sie wissen, daß ihr Inhalt verfassungswidrig ist.' (Aus einem internen Protokoll der Bezirksdirektorenkonferenz Westfalens)

MINISTERPRÄSIDENTEN KONTRA FORTSCHRITTLICHEN UNTERRICHT

UND AUCH DAS IST NOCH MÖGLICH: LEHRER, DIE SICH ALS KONSEQUENTE KRITIKER DIESES BILDUNGSNOTSTANDSSYSTEMS ERWIESEN HABEN, WERDEN NICHT EINGESTELLT.

Der verfassungswidrige Beschluß der Ministerpräsidenten der Länder führt dazu, daß Lehrer mit fortschrittlichen Unterrichtszielen aus der Schule entfernt werden, während die erzreaktionären (sie brauchen nicht einmal Mitglied der NPD zu sein) weiter unterrichten.

Wir als Schüler müssen für die Einstellung der linken Lehrer sein, denn:

- sie werden zu den Lehrern gehören, die nicht schlagen und ihren Unterricht durch autoritäre Methoden, durch Bestrafungen und Disziplinierungsmaßnahmen absichern;

- sie werden die überkommenen Unterrichtsmethoden (Frontalunterricht usw.) abschaffen und eine fortschrittlichere Gestaltung der Unterrichtsstunden unter Schülerbeteiligung einführen;

- sie werden, wo andere Lehrer noch von ihren Rußlandfeldzügen schwärmen, mit uns die geschichtlichen Ursachen des Faschismus untersuchen.

BERUFSVERBOT FÜR LINKE LEHRER - GEGEN UNSERE INTERESSEN

AUS DEN KONKRETEN INTERESSEN UNSERES UNTERRICHTS IST DAHER UNSER EINTRETEN FÜR DIE VOM BERUFSVERBOT (BV,d.Vf.) BETROFFENEN ODER BEDROHTEN LEHRER NÖTIG.

Die Kultusbehörden versuchen, uns dieses Recht streitig zu machen. denn, so argumentiert das Schulkollegium Münster: 'Zum Zuständigkeitsbereich der Schule - und damit auch der SMV - gehören Schul- und Bildungsangelegenheiten, nicht aber allgemeine beamtenrechtliche Fragen, wie etwa diejenigen der Nichteinstellung Radikaler in den Staatsdienst und der Entlassung radikaler Beamter aus dem Staatsdienst'.

Vollversammlungen, bei denen der Berufsverboterlaß diskutiert werden oder ein Betroffener gar selbst zu Wort kommen soll, werden teilweise untersagt.

Die Landes-SMV hat schon seit langem gegen den Beschluß Front gemacht. In unserer Ablehnung wissen wir uns einig mit der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), mit dem Verband Deutscher Studentenschaften (VDS) und fast allen großen Jugendverbänden der BRD.

SMV IN DER AKTION: FÜR GRUNDRECHTE UND POLITISCHE FREIHEITEN

Aktionen gegen diesen Erlaß standen deshalb immer im Mittelpunkt unserer Arbeit. In vielen Städten beteiligte sich die Bezirks-SMV an Initiativgruppen gegen die Berufsverbote (u.a. in Münster und Essen). In Iserlohn, Düsseldorf, Solingen und Essen fanden Veranstaltungen von oder mit der SMV statt, bei denen die betroffenen Lehrer selbst zu Wort kamen."

Berichtet wird von Veranstaltungen in Düsseldorf (vgl. 3.12.1972), u.a. gegen die Berufsverbote (vgl. 11.11.1971, 9.5.1973) und bundesweit (vgl. 14.4.1973) und so geendet:"
Wo in Schule und Universität fortschrittliche Lehrer und Dozenten entlassen werden, weil sie Kritik an unhaltbaren Zuständen äußerten und in Betrieben Jugendvertreter und Betriebsräte aus demselben Grund gefeuert werden, da ergibt sich unser gemeinsames Handeln ganz von selbst.

Die Kultusbürokratie will uns dieses Recht streitig machen (s.o.). Die Beschränkung auf ein bildungspolitisches Mandat der SMV soll unsere Arbeit dort begrenzen, wo wir unsere Interessen gemeinsam mit den Jugendlichen in Universität und Betrieb wahrnehmen müssen.

UNTERSTÜTZEN WIR SMV-EX-PRESS!
MATERIELLE HILFE FÜR UNSERE EIGENE SACHE!

Die vorliegende SMV-Information ist in ihrem Inhalt weiterhin beschränkt und unterliegt einer Kontrolle durch die Kultusbehörden.

Nachdem der Kultusminister am 19. März die Finanzierung von Publikationen unserer SMV zusagte, erfuhr der SMV-Landesvorstand bald, daß an eine Aufhebung des SMV-Press-Verbots nicht gedacht ist. Statt dessen steht uns die Herausgabe eine 'Infos' zu; was dabei jedoch 'Informationsarbeit' und was ein Presseorgan ist, das zu entscheiden behält sich das Kultusministerium vor.

Eine erneute Sperrung der Mittel für dieses Info ist also jederzeit möglich. Für eine Erhaltung unserer Publikationen müssen wir daher selber sorgen. Direkte materielle Unterstützung ist notwendig, wenn wir unser Informationsorgan erhalten wollen.

DAMIT WIR DIE FORDERUNG NACH POLITISCHEN RECHTEN DURCHSETZEN UND DIE DISZIPLINIERUNGSVERSUCHE ABWEHREN KÖNNEN, BRAUCHT DIE SCHÜLERVERTRETUNG POLITISCHE SELBSTÄNDIGKEIT UND BÜNDNISFREIHEIT. DIE FORDERUNG DER SMV 'SCHKUSS MIT DER POLITISCHEN DISZIPLINIERUNG!' STEHT AUCH IM NEUEN SCHULJAHR UNVERÄNDERT DRINGEND AUF DER TAGESORDNUNG."

Noch auf der Titelseite erscheint die folgende Bitte von Volker Franke:"
LIEBE MITSCHÜLER

Wir bitten um Euer Verständnis, wenn wir mit der Bitte an Euch herantreten, unser Info mit Geld zu unterstützen. Bei meinem letzten Gespräch im Schulkollegium Münster wurde mir nicht versichert, ob dieses Info aus öffentlichen Mitteln finanziert werde. Grund: Das Kultusministerium will sich die Entscheidung noch vorbehalten, ob das, was wir hier gemacht haben ein Info ist. (Wäre es ein Presseorgan, würde es nicht finanziert.)

SPENDET FÜR SMV-EX-PRESS!

Wir müssen versuchen, eine eigenständige Zeitung zu erreichen. Das bedeutet Startkapital. Nur so können wir den dauernden Angriffen der Behörden entgehen. Diese Zeitung erscheint, ohne daß deren Finanzierung sichergestellt wäre.

Wenn jeder Schüler 10 Pfennig spendet, ist uns sicher geholfen!"

Ebenfalls auf der Titelseite erscheint der folgende:"
AUFRUF ZUR MITARBEIT

Dieses Info der Schüler der nordrhein-westfälischen Gymnasien und Realschulen ist nicht nur ein Mittel zum gegenseitigen Informationsaustausch; es ist zugleich eine politische Waffe, ein wirksames Mittel zur Verteidigung und Erweiterung unserer Rechte.

Nicht nur die Berichte dieser Ausgabe belegen, daß selbst die minimalen Rechte der Schüler häufig gebrochen werden: die meisten von uns werden es aus eigener Erfahrung bestätigen können. In anderen Fällen wird sogar - durch Erlasse und Verfügungen juristisch abgesichert - Schülern das genommen, was die Verfassung als Grundrecht zu garantieren scheint. Das 'besondere Gewaltenverhältnis', so heißt es, rechtfertige selbst die Beschneidung der Meinungsfreiheit.

Der Protest der Schüler dagegen ist vielerorts nicht nur erfolglos, sondern auch gefährlich. Schüler und Lehrer, die gegen die Prügelstrafe angehen, riskieren empfindliche Repressionen.

Dieses Info kann schützen. Die Öffentlichkeit, die es herstellt, bricht die Isolation, in der der Einzelne 'untergebuttert' wird.

DESHALB SCHREIBT FÜR SMV-EX-PRESS!

WERDET KORRESPONDENTEN DES SMV-INFOS

SCHICKT UNS BERICHTE ÜBER EURE SCHULE UND EUREN SMV-BEZIRK!

Schreibt alles, was auch für andere interessant sein könnte! Was als 'Einzelfall' erscheint, stellt sich häufig als vielerorts geübte Praxis heraus! Wir werden uns bemühen, jeden bericht, jede Fallstudie, aber auch jeden Leserbrief, der unsere Arbeit kritisch einschätzt, abzudrucken. Wo das - vielleicht aus Platzgründen - nicht möglich ist, war die Mühe nicht umsonst: jede Information, die uns erreicht, ist uns eine wichtige Unterlage und kann oft noch in anderem Zusammenhang verwendet werden."

Berichtet wird von den eigenen Bemühungen um gerechte Leistungsbeurteilung (vgl. Juli 1973), Fahrkostenerstattung (vgl. Juni 1973), das politische Mandat (vgl. Juni 1973), von den SMV-Bezirksverbindungslehrern (vgl. 12.6.1973), der Teilnahme an den Weltfestspielen der Jugend (vgl. 7.5.1973), der Landesjugendpresse (LJP - vgl. Juli 1973), den Schulbüchern (vgl. 7.5.1973), der SMV-Spaltung im Regierungsbezirk Arnsberg (vgl. Mai 1973), aus Düsseldorf (vgl. 12.6.1973), Essen (vgl. Juni 1973), Kempen (vgl. 16.4.1973), Bonn (vgl. 19.5.1973), München (vgl. Juni 1973), Erkelenz (vgl. März 1973) und Münster (vgl. Juni 1973) sowie von Bayer Leverkusen (CPK-Bereich - vgl. 30.5.1973). Unter wichtigen Adressen werden neben der eigenen Landesgeschäftsstelle in Düsseldorf der Konventsvorsitzende Karl-Heinz Müller in Burgsteinfurt sowie die Rechtsmittelreferenten Karl-Heinz Dewenter in Bochum und Rolf Hengesbach in Bonn-Bad Godesberg genannt.

Von Volker Franke stammt der folgende Artikel:"
MILITARISIERUNG DURCH DIE HINTERTÜR

Der starke Protest vieler Schüler, Lehrer und Politiker gegen die geplante Einführung eines Unterrichtsfaches 'Wehrkunde' (WKE,d.Vf.) zwang die Kreise, die an diesem Fach interessiert waren, dazu, eine neue Strategie zu entwickeln. So versucht man mit schönen Worten über die neue Kampagne hinwegzutäuschen.

'Ich habe nachdrücklich gesagt, daß die Schule nicht zur Stätte der
Propaganda gemacht werden sollte. Wenn Jugendoffiziere der Bundeswehr in die Schulen kommen sollten, um Propaganda für die Bundeswehr, für Wehrbegeisterung und Wehrkunde zu betreiben, dann würde ich dies für ebenso unvertretbar halten, als wenn Wehrdienstverweigerer (KDV,d.Vf.) Propaganda für Wehrunwilligkeit in der Schule betreiben würden. Die Schule ist kein Rekrutierungsinstitut der Bundeswehr und sie ist kein Propaganda-Institut der Wehrdienstverweigerung!' (Ministerpräsident von NRW JHeinz Kühn am 15.11.1972 im Landtag)

Neben diesen Ausführungen versucht man nun Lehrer für diese Dienste zu schulen. Über den Inhalt der Schulung berichtete die Deutsche Volkszeitung (DVZ,d.Vf.) vom 17.5.1973."

Es folgt eine längere Nacherzählung des DVZ-Berichts über eine Tagung in Düsseldorf (vgl. 27.3.1973) mit kurzem Kommentar:"
In Anbetracht dieser friedensfeindlichen Äußerungen halten wir es deshalb für gefährlich, was Ministerpräsident Kühn beabsichtigt. Das Unterlaufen der weiten Proteste gegen die geplante Einführung des Faches Wehrkunde.

'Die Schule muß in ihrem Gesamtunterricht das Verständnis der Bedingungen unserer Epoche, der gesellschaftlichen nach innen und der weltpolitischen nach außen, vermitteln. Und hier liegt Ihr Fehler, meine Damen und Herren der CDU: Das kann man nicht durch Erlasse des Kultusministers, weder durch irreführende 'Wehrkundeerlasse', noch durch noch so richtungsweisende kultusministerielle Erlasse...

Dieses Problem des staatsbürgerlichen Bewußtseins müssen wir durch Gestaltung des Gesamtunterrichts unserer Schulen bewältigen.' (Kühn im Landtag am 15.11.1972)

Hier wird klar, was beabsichtigt ist. Da man gesehen hat, daß es zur Zeit noch nicht möglich ist, ohne den Protest vieler Eltern, Schüler, Lehrer und Politiker, die Bundeswehr direkt mit ihren Jugendoffizieren an die Schulen zu bringen, beginnt man eine andere Strategie. Die Lehrer werden zu Informationsträgern von Bundeswehrwerbung gemacht. Mit dem Vorteil, daß die Einflußnahme immer gewährleistet ist, außerdem nicht personalisiert ist, läßt sich ie ganze Kampagne fruchtbarer und sicherer durchführen.

Neben solchen, wie oben beschriebenen Tagungen, gibt es noch Informationsschriften, die den Lehrern helfen sollen. So berichtet die Deutsche Volkszeitung vom 22.3.1973 (12/1973) von einem Buch des Majors der Reserve Günther Wapulski, das beim Bundesamt für Presse und Information erschienen ist. Titel der Broschüre, die an Sozial-, Staatsbürgerkunde- und Geschichtslehrer verschickt wird: 'Verteidigung und Entspannung gleich Sicherheit'. Kritische Wissenschaftler kommen in der Schrift nicht zu Wort, wahrscheinlich bürgt der Dienstgrad von Günther Wapulski für die objektive Darstellung.

1971 meinte der Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände Dr. Otto A. Friedrich, in einem Aufruf an Bundeswehr, Bildungswesen und die 'Gesamtheit der Gesellschaft': Es muß jetzt nach Mitteln und Wegen gesucht werden, 'jungen Menschen überzeugend Sinn, Zweck und Notwendigkeit der Verteidigung und der Erhaltung von Streitkräften deutlich zu machen'. Die Unterrichtsstunden sollen mit militärischem 'Pflichtbewußtsein' angereichert werden. (Kern 5/1973)"
Q: SMV-Ex-Press Nr.1,Düsseldorf Aug. 1973

20.08.1973:
Der Landesvorstand der SMV der allgemeinbildenden Schulen NRW berichtet:"
GIRGENSOHN FINANZIERT SMV-EX-PRESS

Die Finanzierung des Infos SMV-Ex-Press wurde dem Landesvorstand auf einer Besprechung im Kultusministerium am 20.8. von Kultusminister Girgensohn garantiert.

Kultusminister Girgensohn wies allerdings darauf hin, daß er nicht in die gleiche Situation wie bei der 'SMV-Presss' kommen wolle. Darunter versteht Girgensohn eine Eingrenzung der Thematik auf direkt bildungspolitische und SMV-interne Informationen.

Zwar hat die SMV damit noch kein eigenes Organ im Sinne der SMV-Press. (Ihr wurde durch eine völlige Mittelstreichung auf Grund von politischen Aussagen das Leben genommen). Aber wir werden die Möglichkeit eines Informationsblattes zu nutzen wissen.

Verstärkt werden in der SMV-Ex-Press Berichte aus den einzelnen Schulen und Bezirken veröffentlichen. Damit soll erreicht werden, daß das Organ der SMV inhaltlich nicht nur für den Schüler sondern vom Schüler gemacht wird.

Der Erfolg. die zugestandene Finanzierung, ist nicht zuletzt auch zurückzuführen auf die Solidarität und Rückendeckung, die wir in Form von täglichen Briefen und Spenden erhalten haben.

Unterstützt uns auch weiterhin durch die Zusendung von Berichten über interessante Vorfälle und Erfahrungen an Euren Schulen!"
Q: SMV-Ex-Press Nr.2,Düsseldorf Okt./Nov. 1973,S.4

September 1973:
Der Landesvorstand der SMV der allgemeinbildenden Schulen NRW berichtet vermutlich aus dem September von der Schülerunion der CDU (S)U:"
Mit großem finanziellen Aufwand versuchte die Landesschülerunion (CDU/CSU) durch ein 'Schüler-Journal' verlorenen Boden an den Schulen zurückzugewinnen. So mancher Schüler überlegte, was man doch mit dem vielen Geld hätte Anständiges machen können..."
Q: SMV-Ex-Press Nr.2,Düsseldorf Okt./Nov. 1973,S.4

September 1973:
Der Landesvorstand der SMV der allgemeinbildenden Schulen NRW berichtet vermutlich aus dem September:"
Die Landes-SMV brachte jetzt zusammen mit der Schülervertretung der berufsbildenden Schulen die erste Nummer der gemeinsamen Zeitung 'Tatsachen' heraus. Schon in den ersten 14 Tagen nach Erscheinen erreichten viele Leserbriefe das Düsseldorfer Büro."
Q: SMV-Ex-Press Nr.2,Düsseldorf Okt./Nov. 1973,S.4

12.09.1973:
Der Regionale KVZ-Vertrieb Ruhrgebiet der KFR des KBW berichtet vom Verkauf der heutigen 'KZV' Nr.2 durch die Sozialistischen Schülergruppen (SSG) NRW, daß an diese 200 Ex. ausgeliefert wurden.
Q: KFR-Regionaler KVZ-Vertrieb:KVZ-Verkaufsstatistik Nr.2,Dortmund 2.10.1973

24.09.1973:
Für den Landesvorstand der SMV der allgemeinbildenden Schulen NRW berichtet Jutta Hüffelmann:"
GEWERKSCHAFTLICHE ORIENTIERUNG (GO,d.Vf.) WURDE FÜR RICHTIG BEFUNDEN DIE SMV-LANDESDELEGIERTENKONFERENZ UNTERSTÜTZTE DAS KONZEPT DER GEWERKSCHAFTLICH ORIENTIERTEN SMV-ARBEIT

Am 24.-26.9.1973 fand in Düsseldorf eine Landesdelegiertenkonferenz statt, auf der die Arbeit des letzten Vorstandes akzeptiert und inhaltlich weitergeführt wurde.

GEGEN SPALTUNGSVERSUCHE

Der Landesvorstand hatte zur Unterstützung seiner Arbeit zwei Arbeitskreise gegründet, deren Aufgabe darin besteht, sich mit der Situation der Realschulen bzw. der SMV in der reformierten Oberstufe auseinanderzusetzen. In seinem Bericht betonte Uwe Dietz, Sprecher des Realschul-Arbeitskreises, daß neben der Anleitung der Realschulen zur sinnvollen SMV-Arbeit (z.B. durch eine Broschüre) eine weitere Aufgabe darin bestehe, 'mit allen Kräften gegen eine Spaltung der SMV in zwei Verbände zu arbeiten'. In drei Regierungsbezirken sei eine solche Trennung bereits vollzogen. Die Hälfte der Mitglieder dieser 'SMV'-Gremien bestehe aus Lehrern. All dies zeige deutlich, fuhr Dietz fort, 'wie man die Realschüler für eine von Lehrern gesteuerte SMV mißbraucht'. Deshalb fordert der Realschularbeitskreis auf: 'Setzt Euch mit den Realschülern in Verbindung, fordert sie auf, regelmäßig an den Bezirkssitzungen teilzunehmen, veranstaltet Schülersprecherseminare…, beschäftigt Euch intensiv mit dem Realschulproblem!'

SMV-ARBEIT DURCH DIFFERENZIERUNG ERSCHWERT

'Die organisatorische Reform des Gymnasiums ist so gut wie abgeschlossen. Die inhaltlichen Veränderungen können wir noch mitgestalten.' So drückte es Rainer Wannicke, Sprecher des Arbeitskreises 'SMV in der reformierten Oberstufe', aus. Der AK beschäftigte sich zunächst mit den organisatorischen Schwierigkeiten einer SMV in der differenzierten Oberstufe. Modelle für wirksame Mitbestimmung der Schüler wurden entwickelt.

Diese Vorstellungen sollen - wenn die Arbeit des AK's auch inhaltlichen Charakter, sprich Untersuchung von Lehrinhalten etc. annimmt - ebenfalls in einer Broschüre zusammengefaßt werden. Der AK will mit dieser Arbeit Hilfestellung für die SMV in reformierten Klassen und Schulen geben. Daher ist es äußerst wichtig, von den SMV-Bezirken und einzelnen Schul-SMV'en ihre Erfahrungen zu dieser Arbeit kennenzulernen.

LETZTER VORSTAND ENTLASTET

In ihrer Rücktrittserklärung sprach die Landesschülersprecherin Emilja Mitrovic für alle Mitglieder des Landesvorstandes und erklärte, daß es dem größten Teil des Vorstandes aus verschiedenen Gründen nicht möglich sei, weiter in der SMV zu arbeiten. In dem anschließend vorgetragenen Rechenschaftsbericht und in der Diskussion wurde deutlich, unter welch erschwerten Bedingungen der letzte Vorstand für die Mitbestimmung der Schüler zu kämpfen hatte. Trotzdem konnten in vielen gewerkschaftlichen Forderungen Erfolge erzielt werden. Die Reaktion vieler Schulen und Bezirke zeige, 'daß bereits ein großer Teil der Schüler unseres Landes erkannt hat, daß die Schüler nur dann in der Lage sind, ihre Interessen im Kampf gegen politische Disziplinierung und für freie politische Betätigung in Schule, Uni und Betrieb durchzusetzen, wenn sie das breite Bündnis mit den demokratischen Verbänden unseres Landes herstellen'. Auch andere Verbände haben der SMV ihre Solidarität gezeigt, nicht zuletzt durch Spenden für die SMV-Ex-Press. Die Aufnahme von neuen Kontakten ist durch die Teilnahme an den X. Weltfestspielen der Jugend und Studenten (vgl. 28.7.1973,d.Vf.) in Berlin, Hauptstadt der DDR, möglich geworden. Mit anderen Schülervertretungen - auch ausländischer Staaten - werden jetzt Gespräche über gemeinsame Probleme und gemeinsame Möglichkeiten bei der Durchsetzung unserer Interessen geführt.

Weitere Schwerpunkte der Arbeit waren die Publikationsorgane SMV-Ex-Press und Tatsachen. Für die Entlastung des Vorstandes sprachen sich 34 Delegierte aus bei 6 Enthaltungen und keiner Gegenstimme.

GEMEINSAMES KANDIDATENPROGRAMM

Die einzigen Kandidaten zur Wahl des Landesvorstandes - Jungdemokraten (DJD - Judos der FDP,d.Vf.), Jungsozialisten (Jusos der SPD,d.Vf.) und Mitglieder der SDAJ (der DKP,d.Vf.) - hatten zusammen ein Programm ausgearbeitet, das sie den Delegierten bei ihrer Kandidatur vorlegten.

Darin heißt es: 'Eine konsequente Vertretung von Schülerinteressen muß gewerkschaftlich orientiert sein. Sie muß flexibel genug sein, und Tages- und andere direkte Interessen der Schüler aufzunehmen und zu verarbeiten… Die BRD-Schule wird nur dem Anspruch der herrschenden Klasse gerecht, denn meist bleiben demokratische Strukturen vor der Schultür.'

Eine wichtige Aufgabe in der Verbesserung dieser Situation sehen die Kandidaten in der Durchsetzung der Forderung nach qualifizierter Mitbestimmung in allen entscheidenden Gremien. 'Sie muß ein Anfang sein, die Entscheidungsgewalt aus den Händen weniger in die Hände aller zu geben…' Es liegt an der SMV, die Diskussion um das Schulmitwirkungsgesetz (SMWG,d.Vf.) anzuheizen, denn der Entwurf des Kultusministers wanderte in den 'Abfallkorb des parlamentarischen Alltags'. 'Durch garantierte Mitbestimmungsrechte kann in vielen Fällen ein Hebel vor die anhaltenden politischen Disziplinierungen von Demokraten im Ausbildungswesen gesetzt werden.'

Doch allein wird man diese Forderung natürlich nicht durchsetzen können. Daher waren die Kandidaten sich einig darin, daß im Kampf für Mitbestimmung das Bündnis mit allen demokratischen Organisationen zu suchen ist.

Das Programm blieb nicht bei der Analyse der Situation der SMV, sondern versprach rasch die Durchsetzung der kurzfristigen Interessen der Schüler, so gegen die ungerechte Versetzungsordnung oder für die generelle Erstattung aller Fahrkosten für alle Schüler zu kämpfen.

Klar ist, daß Erfolge nur dann erzielt werden können, wenn das Programm auch in den Bezirken diskutiert und solidarisch unterstützt wird. Denn nur gemeinsam sind wir stark.

MICHAEL KÄMPER NEUER LANDESSCHÜLERSPRECHER

Alle fünf Kandidaten wurden mit überwiegender Mehrheit gewählt. Landesschülersprecher wurde Michael Kämper aus Essen, Finanzreferent Wolfgang Nafroth (Krefeld), Innenreferent Uwe Franken (Düsseldorf) und Planungsreferent Rainer Wannicke (Minden). Die Öffentlichkeitsarbeit macht weiterhin Volker Franke aus Düsseldorf.

Unterstützt werden sie dabei von zwei neuen Geschäftsführern: Klaus Jürgen Beese und Rainer Hesels. Zusätzlich wurden Udo Stähler (Wuppertal) und Antje Kampa (Bochum) als Referenten beim Landesvorstand benannt. Erstmalig wurde auch ein Realschulreferat beim LaVo eingerichtet. Ingo Zander (Köln) übernimmt diese Aufgabe.

Die Konferenz ist wohl von den meisten als ein Erfolg in der SMV-Arbeit gewertet worden. Es wurde sachlich argumentiert, so kam keine Langeweile auf. Auch in den Pausen und an den Abenden wurde sehr viel über die Schülerarbeit in den Bezirken diskutiert, wenn man im kleineren Kreise war. Fazit:

DIE GEWERKSCHAFTLICHE ORIENTIERUNG UND DIE BÜNDNISPOLITIK HABEN ERFOLG UND WERDEN ERFOLG HABEN."

Der Landesvorstand der SMV abs verbreitet auch folgenden Bericht zu den BV:"
LDK: 'BERUFSVERBOTE ABSCHAFFEN'

Im Rahmen eines engagierten Kampfes gegen die Berufsverbote verabschiedet die Landesdelegiertenkonferenz der SMV abS am 26.9. folgende Resolution: 'In der jetzigen Diskussion um den Beschluß der Ministerpräsidenten zur Nichteinstellung sogenannter 'Radikaler' in den öffentlichen Dienst und um eine Präzisierung dieses Beschlusses auf der Ministerpräsidentenkonferenz erklärt die Landesschülervertretung der allgemeinbildenden Schulen des Landes NRW erneut, daß ein demokratischer Staat die völlige Beseitigung solcher Berufsverbote und Gesinnungsschnüffeleien verlangt.

Dieser nach Artikel 33 Abs. 2 GG und nach Artikel 3 Abs. 3 GG verfassungswidrige Beschluß läßt erschreckende Parallelen zur Demokratenhetze in früheren deutschen Staaten erkennen. Der bemerkenswerte Unterschied zwischen Verfassungsinhalt und gesellschaftlicher Realität zeigt sich in dieser Frage auch im Schulsektor. Die Schule kann dem selbstgegebenen Anspruch einer Erziehung zur kritischen Mündigkeit nicht mehr gerecht werden, wenn Lehrern, deren gesellschaftliche Vorstellungen von der BRD-Wirklichkeit abweichen, die Lehrberechtigung verweigert wird.

Die angestrebte Änderung des Beamtenrechts beinhaltet nichts anderes, als dass das im Grundgesetz garantierte Parteienprivileg hinter einer nebulösen Pflicht zur Staatsräson zurücktreten soll.

Zusammen mit vielen demokratischen Jugend- und Studentenorganisationen sagen auch wir: Eine verfassungswidrige Praxis kann man nicht modifizieren, man muß sie abschaffen!"

Vermutlich von dieser Versammlung berichtet auch der KOV der KPD:"
MSB-JUSO VORSTAND: LINKE PHRASEN - REAKTIONÄRE MAUSCHELEI

Als mit dem KOV sympathisierende Schülersprecher in der Vollversammlung zur Solidarität mit dem bei Hoesch (IGM-Bereich in Dortmund,d.Vf.) gefeuerten Jugendvertrauensmann Rolf Strojec aufriefen, meinte man lakonisch, man könne nicht auf Einzelfälle eingehen (was praktische Solidarität heißt, bewies dagegen die Bezirks-SMV Dortmund: sie rief alle Schüler zur Beteiligung an einer Solidaritätsdemonstration mit Rolf Strojec auf.)."
Quellen: Schulkampf Nr.10,Dortmund Okt. 1973,S.9; SMV-Ex-Press Nr.2,Düsseldorf Okt./Nov. 1973,S.1 und 4

KOV_Schulkampf390


26.09.1973:
Der Regionale KVZ-Vertrieb Ruhrgebiet der KFR des KBW berichtet vom Verkauf der heutigen 'KZV' Nr.3 durch die Sozialistischen Schülergruppen (SSG) NRW:"
Ausgeliefert: 200 Verkauft: 205
Hausverkauf 5
Besuche 3
Buchladen 35
Schule 130
Privat 32"
Q: KFR-Regionaler KVZ-Vertrieb:KVZ-Verkaufsstatistik Nr.3,Dortmund o.J. (Okt. 1973)

Oktober 1973:
In NRW gibt der Landesvorstand der SMV der allgemeinbildenden Schulen vermutlich im Oktober die Nr.2 seines Infos 'SMV-Ex-Press' (vgl. Aug. 1973) für Okt./Nov. mit vier Seiten DIN A 3 in einer Auflage von 80 000 unter Verantwortung von Volker Franke in Düsseldorf mit einem Leitartikel zum SMWG heraus. Berichtet wird von der eigenen Landesdelegiertenkonferenz (vgl. 24.9.1973), die Finanzierung des Infos (vgl. 20.8.1973), von der Schülerunion (SU) NRW (vgl. Sept. 1973), der Landesjugendpresse (LJP - vgl. Sept. 1973), der gemeinsam mit den berufsbildenden Schulen NRW herausgegebenen Zeitung (vgl. Sept. 1973), aus Essen (vgl. Aug. 1973, 1.10.1973), Iserlohn (vgl. Sept. 1973), Düsseldorf (vgl. 29.5.1973), Warendorf (vgl. 10.9.1973) und Moers (vgl. 22.8.1973).
Von Realschulen wird berichtet aus Wuppertal (vgl. Sept. 1973), Ennepetal (vgl. Sept. 1973) und Kempen-Krefeld (vgl. Sept. 1973). Berichtet wird auch über die:"
SMV AN DER REALSCHULE

Die Arbeit der Schülervertretung an Realschulen ist seit Bestehen der SMV mit großen Schwierigkeiten belastet. Das hat verschiedene Gründe: Da es die Klassen 11 bis 13 an der Realschule nicht gibt, stellen sich nur wenige Schüler oder Schülerinnen für die SMV-Arbeit zur Verfügung. Auf diejenigen, die sich aktiv einsetzen, wird nicht selten ein starker Druck ausgeübt - oft ist eine SMV an der Schule gänzlich unerwünscht. Diesem Druck standzuhalten, dazu gehört Mut, insbesondere wenn die Klasse 10 bereits mit dem entscheidenden Abschlußzeugnis endet. Zudem wird die SMV-Arbeit an vielen Schulen durch eine totale Rechtsunkunde der Klassen- und Schülersprecher erschwert. Diese Unkenntnis wird durch die Schulleitung keinesfalls abgebaut
- im Gegenteil sind uns Fälle bekannt, wo die Unsicherheit der Schüler direkt ausgenutzt wurde. Neuerdings versuchen sogar einige Lehrer, die SMV an den Realschulen total unter ihren Einfluß zu bringen. So wurden in den westfälischen Regierungsbezirken 'Bezirksausschüsse' gebildet, bei denen die Lehrer eine ziemlich wichtige Rolle spielen. So haben in diesen Bezirksausschüssen neben 8 Schülern auch 8 Lehrer Stimmrecht. Daß solche 'wohlgemeinten' Hilfestellungen von seiten der Lehrer bedenklich stimmen, dürfte jedem einleuchten. Sinn dieser Aktion ist eindeutig die Zersplitterung unseres Verbandes in mehrere kleine Verbände. Dies dürfen wir nicht zulassen, denn nur EINE Schülervertretung kann die Interessen ALLER Schüler konsequent und erfolgreich vertreten."

Vorgestellt wird der:"
REALSCHULARBEITSKREIS

Wie vielleicht schon vielen bekannt ist, hat die Landes-SMV einen Realschularbeitskreis eingerichtet. Dieser Arbeitskreis beschäftigt sich mit den speziellen Problemen der Realschüler, denn wie es ja die Vergangenheit zeigte, waren es gerade die Realschüler, die erhebliche Schwierigkeiten bei der Organisation einer gut funktionierenden SMV hatten. Um den Realschülersprechern nun eine konkrete Hilfe zu geben, wird zur Zeit in dem AK eine Broschüre erarbeitet, die Ratschläge und Anleitungen zur SMV-Arbeit gibt. So beschäftigt sich ein Teil der Broschüre mit dem SMV-Erlaß und erklärt anhand von praktischen Beispielen, wie man den SMV-Erlaß anwenden kann. Ein weiterer Teil der Broschüre gibt Ratschläge zur Gestaltung eines SMV-Infos. Dieser Punkt ist äußerst wichtig, da SMV-Informationen nicht nur für einige Schüler zugänglich sein sollen, sondern an die breite Basis weitergegeben werden müssen. Dies läßt sich nur durch ein Informationsorgan bewältigen. Die Broschüre wird in nächster Zukunft fertiggestellt und geht dann an alle Realschulen.

Ein zweiter Schwerpunkt in der Arbeit des Realschularbeitskreises ist, mit allen Kräften eine Spaltung des Verbandes der SMV der allgemeinbildenden Schulen zu verhindern. Wir sind der Meinung, daß eine Abspaltung der Realschulen eine schlechte Lösung für uns Realschüler ist. Schauen wir uns zum Beispiel das Modell im Regierungsbezirk Arnsberg an, wo ein 'eigenständiger' Bezirksausschuß für Realschulen existiert, so stellt sich doch unweigerlich die Frage, wieso sich dieses Gebilde überhaupt noch 'Schüler'mitverwaltung nennt. Wir wollen nicht, wie in Arnsberg, eine von Lehrern gelenkte und beeinflußte SMV, sondern eine volle Integration in den Verband der SMV der allgemeinbildenden Schulen.

Da bisher nur einige Bezirke in dem Realschularbeitskreis vertreten sind, wäre es zu begrüßen, wenn in Zukunft aus jedem Bezirk ein Realschüler zu den Sitzungen käme. Termine werden in der nächsten Bezirksrundsendung bekanntgegeben."

Im Faksimile erscheint ein Schreiben der "Bezirksschülersprecher des SMV-Regierungsbezirks Münster":"
Wir, die Schülersprecher im SMV-Bezirksausschuß der Realschulen im Regierungsbezirk Münster, nehmen hiermit zu dem Artikel 'Spaltung schadet uns' von Hans-Peter Müllers aus SMV-Ex-Press Nr.1 (Aug. 1973 Seite 3) Stellung.

Unserer Meinung nach sind in dem besagten Artikel falsche Behauptungen aufgestellt worden.

In Absatz 2 des besagten Artikels wird unter anderem behauptet, daß die SMV der Realschulen und die der Gymnasien gespaltet werden würde. Von einer Spaltung zu sprechen halten wir für absurd, weil nach unserer Erfahrung eine Kooperation der SMV der Gymnasien und Realschulen nie stattgefunden hat. Die SMV der Realschulen ist der Meinung, daß in den BV's der gesamten SMV durch die einseitige Politisierung und Theoretisierung die Probleme der Realschulen nicht berücksichtigt worden sind. Außerdem wurden auf diesen BV's hauptsächlich nur Probleme der gymnasialen Oberstufen (Sekundarstufe II) angesprochen.

Wir unterstellen dem Konvent, daß er die Realschulen im Regierungsbezirk Münster nicht über seine Arbeit informiert hat, und wir sehen uns daher gezwungen, eine eigene, überörtliche SMV zu bilden.

Wir sind weder über einen Realschularbeitskreis unterrichtet, noch haben wir an diesem teilgenommen.

Wenn Ihr in Eurem Artikel schon zugebt, daß die Zusammenarbeit mit der SMV der Realschulen in einigen Bereichen 'sogar mangelhaft' gewesen sei, so können wir Euch aus unserer Sicht bescheinigen, daß die Arbeit in den übrigen Bezirken (90%) ungenügend gewesen ist.

Leider merkt Ihr erst jetzt, nachdem sich aus dem Notstand heraus in allen westfälischen Regierungsbezirken die SMV-Bezirksausschüsse gebildet haben, daß es auch noch etwa 300 000 Realschüler gibt.

Wir hoffen, daß Ihr Euer Versprechen bezüglich der vollständigen Abdruckung von kritischen Leserbriefen einhalten werdet und daß Eure Bemühungen in dieser Richtung erfolgreich sein werden."

Vom Landesvorstand heißt es dazu:"
Dieser nebenstehende anonym gehaltene Brief erreichte uns nach Erscheinen der ersten SMV-Ex-Press-Ausgabe. Wir finden es traurig, aber in gewisser Hinsicht auch bezeichnend, wenn man solche Aussagen anonym zu treffen nötig hat.

Zu den Vorwürfen:

In der Tat können wir von SMV-Spaltungsversuchen sprechen. Es ist schlicht unrichtig, zu sagen, daß eine Zusammenarbeit zwischen den SMV'en der Realschulen und der Gymnasien nie stattgefunden habe. Richtig ist hingegen, daß in vielen Bezirken Realschulen und Gymnasien in gemeinsamen Bezirksversammlungen sitzen und Entscheidungen zusammen als Schüler treffen.

Wenn sich dann Realschüler von der SMV der allgemeinbildenden Schulen abtrennen, ist das dann keine faktische Spaltung?

Es mag richtig sein, daß das sprachliche 'Niveau' so manchen jüngeren Realschüler aus den Bezirksversammlungen vergrault hat. Doch wäre es nicht auch möglich gewesen, kraft seiner Stimme in der Versammlung diesen objektiven Mißstand zu ändern?

Daß eine 'Politisierung' den Realschüler abschrecken muß, entspricht nicht unseren Erfahrungen. Wie bei jeder politischen Arbeit muß man sich natürlich verständlich zu machen verstehen. Daß Probleme der Sekundarstufe II in den SMV-Versammlungen behandelt werden, sollte auch für Realschulvertreter nicht uninteressant sein, da ein Teil der Realschüler ja auch in diese Stufe gelangen wird.

Eure Bescheinigung, daß in 90 Prozent der Bezirke die gemeinsame Arbeit 'ungenügend' sei, können wir mit ruhigen Gewissen zurückweisen.

Es haben noch nie so viele Realschul-SMV'en gearbeitet und in unseren gemeinsamen Bezirken mitgearbeitet wie heute.

Wir glauben, daß es nicht zutrifft, wenn die Situation in Münster auf NRW verallgemeinert wird."

Eingegangen wird auch auf die Frage:"
RAUCHERECKE AN DER REALSCHULE?

Der Klassensprecher der 9. Klasse einer Realschule fragt: 'Wir wollen in unserer Schule eine Raucherecke anschaffen. Es versteht sich, nur für Schüler, die 16 Jahre alt sind, also der Klasse 10. Was meinst Du..., ist es uns erlaubt?'

Antwort: Die Chancen für Euern Vorschlag, eine Raucherecke einzurichten, stehen nicht gut. In einem Erlaß des Kultusministers aus dem Jahre 1950 werden alle Schulleiter angewiesen, Rauchen im Schulgebäude zu verbieten.

1969 hat der Minister für die Oberstufe der Gymnasien allerdings Ausnahmen gestattet, wenn die SMV einen Antrag stellt und Eltern und Lehrer einverstanden sind. Auch für die Berufsschulen wurde 1970 eine neue Regelung bestimmt: danach dürfen im allgemeinen alle Berufsschüler, die 16 Jahre oder älter sind, in der Schule rauchen - nicht überall, aber zumindest in einer Raucherecke.

Für die Realschulen hat das Kultusministerium allerdings erst 1971 sein Rauchverbot erneuert. In dem Erlaß vom 2. Juli 1971 heißt es: 'Die Einrichtung sogenannter 'Raucherecken' ist an den Realschulen nicht zulässig!'

Allerdings könnte Ihr ja überlegen, ob Ihr nicht einen Brief an das Kultusministerium schreibt. In seinen Erlassen sagt der Minister ja selbst, daß ein Verbot sowieso keinen Schüler vom Rauchen abhält."

Cirka eineinhalb Seiten werden von Leserbriefen eingenommen, wozu es heißt:"
LIEBE MITSCHÜLER!

Die Redaktion der SMV-Express ist bemüht, viele Zuschriften abzudrucken. Allerdings erreichten uns nach der ersten Ausgabe so viele Leserbriefe, dass ein vollständiger Abdruck nicht möglich ist. Soweit Kürzungen vorgenommen werden mußten, verändern sie nicht die Aussage des Schreibers. Wegen der Fülle der Einsendungen konnten nicht alle Briefe aufgenommen werden; das hier wiedergegebene Verhältnis zustimmender und ablehnender Schreiben entspricht jedoch dem Verhältnis aller eingegangenen Leserbriefe."

H. Radtke aus Recklinghausen fordert für die Klasse 7 b:"
VERSTÄNDLICHER SCHREIBEN!

Könnt Ihr in Eurem Info nicht auch einmal leichter verständliche Beiträge für die Unterstufe bringen? Zwar ist es natürlich wichtig die Ober- und Mittelstiufe zu informieren, doch auch die Unterstufe darf unserer Meinung nach nicht übergangen werden. Schließlich haben wir auch ein Recht auf Informationen. Sogar Mittel- und Oberstufe 'steigen' durch die SMV-Ex-Press Beiträge oft nicht 'durch'. Wenn Ihr Interesse für die SMV wecken wollte, dann macht Euch verständlich!"

Dirk Pepenal aus Soest fordert:"
SMV SOLLTE SICH SELBSTÄNDIG MACHEN

Als Neumitglied der JU kann ich es mir nicht verkneifen, Ihnen meine Meinung zu schreiben. Ich befürworte die SMV, weil sie bemüht ist, zwischen Lehrern und Schülern eine Brücke der Zusammenarbeit zu bauen. Sie hat aber auch große Mängel, so z.B. die Abhängigkeit vom Land und damit ein Vorschreiben der politischen Ziele bzw. Wege durch die Landesregierung. Wenn die politische Meinung der SMV ganz allgemein gesehen dem Kultusminister nicht paßt, so streicht er, wie im September 1972, die Gelder, die der SMV zur Verfügung standen. Schon allein deshalb sollte sich die SMV selbständig machen. Das ist ein schon oft diskutiertes Thema, aber man muß es immer wieder aufbügeln. Ich würde vorschlagen, daß pro Monat von jedem Schüler in NRW 10 Pfg. in die Kasse der SMV fließt. Somit wäre auch die SMV-Ex-Press frei und ungefährdet.

Was ich allerdings an der SMV ablehne, ist, daß sie gegen das Berufsverbot (BV,d.Vf.) linker Lehrer ist. Linke Lehrer werden erst dann vom Staat 'gesperrt', wenn sie unangenehm aufgefallen sind. Sollte das nicht der Fall sein, so verurteile ich das Verhalten des Ministerpräsidenten Heinz Kühn allerschärfstens, denn die Freiheit auf die eigene politische Meinung ist selbst im Grundgesetz verankert."

Ursula Bunnager aus Xanten erhebt:"
PROTEST

Sehr geehrter Herr Franke!

Halten Sie uns Schüler eigentlich für blöd? Müssen wir uns denn alles gefallen lassen? Herr Koch schrieb unter anderem Unsinn auch: 'Die linken Lehrer werden nicht zu denen gehören, die nicht schlagen (!,d.Vf.) und ihren Unterricht usw...' Es gibt bei den Linken genauso Lehrer, die auf diese Art versuchen werden ihren Unterricht zu gestalten. Sie wollen doch nur, dass Kinder und Jugendliche gezielt links erzogen werden. Sie sind doch nur auf Manipulationsmöglichkeiten aus. Gneauso versuchen sie mit der SMV-Ex-Press die Schüler auf die 'Vorteile' linker Lehrer aufmerksam zu machen. Sie vertreten in keiner Weise die Interessen der Scxhüler. Ich halte sehr wenig von der SMV-Ex-Press und ich glaube auch, daß viele andere Schüler meine Meinung teilen."

Schönfeld möchte ein:"
ABONNEMENT

Bedauerlicherweise wurde an unserer Schule die SMV-Press abbestellt. Ich bin aber trotzdem weiterhin an ihr interessiert, zumal sie uns Anregungen für unsere Schülerzeitung gibt. Somit möchte ich 3 Exemplare abonnieren."

Die Redaktion merkt dazu an:"
Da uns leider Deine Adresse nicht bekannt ist, können wir Deiner Bitte noch nicht nachkommen. Bitte teile sie uns doch mit."

Wolfgang Frenzel von der evangelischen Realschule Burscheid sagt:"
DANKE

Ich möchte mich im Namen unserer Schule für Ihre SMV Informationsschrift bedanken. Sie war für uns sehr interessant, weil der Text über die Privatschulen uns betraf."

Barbara Rieken aus Gladbeck äußert sich über die:"
BERUFSVERBOTE

Es ist zu begrüßen, daß wir eine so engagierte SMV-Landesvertreung haben, die sich zum Glück erfolgreich für eine Neuerscheinung einer SMV-Zeitung einsetzte. Doch geben mir schon einige Zeilen des Leitartikels der im August erschienen SMV-Ex-Press Anlaß zur Kritik, die ja, laut Aufruf zur Mitarbeit, bestimmt nicht unerwünscht ist.

Unter der Überschrift 'Ministerpräsidenten kontra fortschrittlichen Unterricht' spielt Ihr auf den im Januar vorigen Jahres erlassen und bis heute viel diskutierten Radikalenerlaß an. So schreibt Ihr, daß es sich hierbei um einen verfassungswidrigen Beschluß handelt. Diese Meinung stützt sich wahrscheinlich auf Artikel 3 GG, der besagt, daß niemand wegen seiner politischen Anschauungen benachteiligt werden darf, und darauf, daß eine bloße Mitgliedschaft in einer vom Bundesverfassungsgericht nicht verbotenen, von der Exekutive aber als verfassungsfeindlich eingestuften Partei nicht genügt, den Bewerber vom öffentlichen Dienst auszuschalten. So gesprochen, wird das meiner Ansicht nach zu einseitig gesehen. Man sollte auch Artikel 18 des GG's sehen, der lautet, daß jemand, der bestimmte Grundrechte zum Kampf gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung (FDGO,d.Vf.) mißbraucht, diese Grundrechte verwirkt. Und bestimmt liegen die Ziele einiger 'fortschrittlicher' Elemente unserer Gesellschaft (mögen sie von rechts oder links kommen, wobei die Linken nicht einmal unbedingt Mitglieder der DKP zu sein brauchen) nicht auf dem Boden der Verfassung, obwohl sie ihre Ziele bestimmt mit Hilfe der Verfassung verwirklichen können. Außerdem habt Ihr vergessen zu erwähnen, daß ebenfalls Lehrer, die Mitglieder der NPD waren und es zum Teil noch sind, ausgewiesen wurden. So erschien die ganze Sache zu einseitig und tendenziös.

Ich richte mich dagegen, daß ohne weiteres behauptet wird, daß nur linke Lehrer zu den Fortschrittlichen gehören, daß nur sie es sind (Zitat) 'die nicht schlagen und ihren Unterricht durch autoritäre Methoden, durch Bestrafungen und Disziplinierungsmaßnahmen abdecken, die die überkommenen Methoden des Unterrichts (Frontalunterricht) abschaffen...' etc.

Jedenfalls hat es sich in der Praxis ganz anders erwiesen."

Von Uwe Koch erscheint dazu:"
AUS DER ANTWORT DER REDAKTION

Vielen Dank für deine Zuschrift. Allerdings kann ich Deinen Einwänden nicht zustimmen. Wenn der Hinweis auf das Grundgesetz einseitig ist, dann bekenne ich mich zur Einseitigkeit.. Denn die im Grundgesetz garantierten Rechte geben uns einen unzweideutigen (einseitigen?) Auftrag, sie in allen Bereichen der Gesellschaft durchzusetzen. Gerade der von Dir erwähnte Artikel 18 der Verfassung legt übrigens fest, daß über die Aberkennung von Grundrechten einzig und allein das Bundesverfassungsgericht zu entscheiden hat!

Den Sozialismus anzustreben, ist durchaus im Rahmen der Verfassung möglich. Welche Ziele meinst DU, die zwar mit der Verfassung erreichbar, aber dann doch wieder nicht auf dem Boden der Verfassung sind? Du richtest Dich dagegen, 'daß nur linke Lehrer zu den Fortschrittlichen gehören, daß nur sie es sind, die nicht schlagen und ihren Unterricht durch autoritäre Methoden, durch bestrafungen und Disziplinarmaßnahmen abdecken...'

Schön, aber ich kann die unterstellte Behauptung nirgendwo in unserem Info finden. Wenn ein solcher Anspruch allein für die vom Berufsverbot betroffenen Lehrer gefordert würde, dann würde ich mich Deiner Kritik anschließen. Die in unserem Artikel vertretene Auffassung, daß die vom Berufsverbot betroffenen Lehrer MIT ZU DENEN GEHÖREN, die ihren Unterricht nicht durch autoritäre Maßnahmen etc absichern, möchte ich - auch aus persönlicher Kenntnis der meisten in NRW vom Berufsverbot Betroffenen, aufrecht erhalten.

Ein Letztes: Fälle von Mitgliedern der NPD o.ä., die in NRW Berufsverbot erhalten haben, waren uns bisher nicht bekannt. Wir sind nur über eine Anzahl aktiver Neonazis unterrichtet, die ihren Beruf unbeschadet ausüben. Wir wären aber sehr an Fällen, die Du erwähnst, interessiert und bitten Dich um Zusendung."

Mit demselben Thema befaßt sich auch Marietta Peterlein, ebenfalls aus Gladbeck:"
BERUFSVERBOTE

Dem Untertitel 'Ministerpräsidenten kontra fortschrittlichen Unterricht' des Beitrages von Uwe Koch 'Schluß mit der politischen Disziplinierung' habe ich entnehmen müssen, daß der Landesvorstand der SMV die politische Einstellung eines Lehrers mit seiner beruflichen Qualifikation gleichsetzt. Sinngemäßes Zitat: linke Lehrer wenden keine autoritären Maßnahmen an und sie achten auf die Beteiligung der Schüler.

Da diese Hypothese nicht aufrecht erhalten werden kann, und diese Zeitung ein Sprachrohr für die ganze Schülerschaft ist, muß ich hier von gegenteiliger Erfahrung sprechen. Dieser Lehrer (seine politische Haltung wird im Unterricht deutlich sichtbar) entspricht in keiner Weise Euren Erwartungen und Vermutungen über die 'Progressivität' linker Lehrer. Links bedeutet in diesem Fall Intoleranz und Unverständnis anderen Meinungen gegenüber. Dem entspricht die autoritäre Unterrichtsform. Man kann argumentieren, dies sei ein Einzelfall, jedoch Ihr selbst betont (siehe: 'Werdet Korrespondenten des SMV-Infos'), daß Einzelfälle sich oft als vielerorts geübte Praxis erweisen."

Die Redaktion der antifaschistischen Wochenzeitung 'Die Tat' übt:"
SOLIDARITÄT

Liebe Freunde, die Pressemitteilung vom 9.8.1973 haben wir erhalten. Wir sind nicht sehr begütert, und darum haben die Redakteure der 'Tat' unter sich gesammelt und anschließend den Verlag gebeten, noch ein paar Mark dazuzulegen und das Geld auf das Konto in Essen zu überweisen.

Mit den besten Wünschen für Eure weitere Arbeit".

Michael Joksch aus Dortmund fragt:"
WAS HEISST EIGENTLICH 'FORTSCHRITTLICH'?

Ich finde es sehr gut, daß Ihr auch ohne die finanzielle Unterstützung des 'Kumi' weiterhin eine Zeitung herausbringt. Ebenso ist es sehr positiv, daß Ihr über Ziele und Vorhaben des Landesvorstandes der SMV berichtet. Trotzdem muß ich auch Kritik üben: Einige Artikel scheinen sehr übertrieben (z.B. bezweifele ich Prügelstrafen) oder auf Ausnahmen und Einzelfällen beruhend. Aber am wichtigsten ist mir die Frage, was Ihr eigentlich unter 'fortschrittlich' versteht. Es werden fortschrittliche Unterrichtsziele, fortschrittliche Lehrer u.a. genannt. Hier scheint mir eine ausreichende Definition von Nöten."

Die Redaktion schreibt dazu:"
In einem ausführlichen Antwortschreiben versuchte die Redaktion eine Definition zu geben. Daraus einen Auszug, der die Diskussion um den Fortschrittsbegriff in der SMV-Ex-Press keinesfalls beenden soll.

Spätestens die philosophischen Vertreter der bürgerlichen Revolution haben erkannt, daß die Geschichte einer zielgerichteten Entwicklung unterliegt, d.h., daß sie gesellschaftlichen Fortschritt mit sich bringt. Ziel der geschichtlichen Entwicklung ist die Erlangung eine simmer größer werdenden maßes an gesellschaftlicher Freiheit. Freiheit ist hierbei das Verhältnis des Menschen zu den Notwendigkeiten und Gesetzmäßigkeiten der Natur und der Gesellschaft, die nicht dem Willen des Einzelmenschen unterliegen. Das Maß der Freiheit bestimmt sich insbesondere nach dem Grad der Erkenntnis dieser Gesetzmäßigkeiten und ihrer praktischen Beherrschung. Der Fortschritt in der Geschichte ist somit derjenige Prozeß, in dem sich immer mehr Menschen immer mehr Erkenntnisse über die Gesetze der Natur und der Gesellschaft aneignen und lernen, diese so anzuwenden, daß ein Höchstmaß an Freiheit erreicht werden kann. Dieser Prozeß stellt eine Emanzipation dar im Sinne eines Sich-aus-der-Abhängigkeit-lösen.

Ein Lehrer, der diesen Emanzipationsprozeß fördert, indem er seine Schüler bei der Erkenntnis der Natur und der Gesellschaft unterstützt und sie so befähigt, die eigenen Interessen wahrzunehmen, indem sie solidarisch auf die gesellschaftliche Entwicklung Einfluß nehmen, ist in unseren Augen ein fortschrittlicher Lehrer. Das Unterrichtsziel des politischen Unterrichts in NRW, die Fähigkeit und Bereitschaft zu erzeugen, die Chancen zur Einflussnahme auf gesellschaftliche Vorgänge und Herrschaftsverhältnisse zu erkennen, zu nutzen und zu erweitern (Richtlinien für Politik, zu beziehen beim Kultusminister) kann die Grundlage für einen fortschrittlichen Unterricht sein."
Q: SMV-Ex-Press Nr.2,Düsseldorf Okt./Nov. 1973

10.10.1973:
Der Regionale KVZ-Vertrieb Ruhrgebiet des KBW berichtet vom Verkauf der heutigen 'KVZ' Nr.4 durch die Sozialistischen Schülergruppen (SSG) NRW in (vgl. auch dort) Bochum, Castrop-Rauxel, Essen, Herne, Herten und Recklinghausen:"
Straße: 15
Buchladen: 45
Symp. Kontakte: 30
Schule: 90
Privat: 20
Summe: 200"
Q: KBW-Regionaler KVZ-Vertrieb:KVZ-Verkaufsstatistik Nr.4,Dortmund o.J. (1974)

24.10.1973:
Der Regionale KVZ-Vertrieb Ruhrgebiet des KBW berichtet vom Verkauf der heutigen 'KVZ' Nr.5 durch die Sozialistischen Schülergruppen (SSG) NRW, daß diese 210 Ex. erhalten haben.
Q: KBW-Regionaler KVZ-Vertrieb:KVZ-Verkaufsstatistik Nr.5,Dortmund o.J. (1974)

07.11.1973:
Der Regionale KVZ-Vertrieb Ruhrgebiet des KBW berichtet vom Verkauf der heutigen 'KVZ' Nr.6 durch die befreundeten Schülergruppen NRW:"
Buchladen: 20
Symp. Kontakte: 30
Schule: 100
Uni: 20
Privat: 10
Summe: 180"
Q: KBW-Regionaler KVZ-Vertrieb:KVZ-Verkaufsstatistik Nr.6,Dortmund o.J. (1974)

22.11.1973:
Der Regionale KVZ-Vertrieb Ruhrgebiet des KBW berichtet vom Verkauf der heutigen 'KVZ' Nr.7 durch die befreundeten Schülergruppen in NRW:"
Buchladen: 30
Schule: 240
Privat: 17
Summe: 287"
Q: KBW-Regionaler KVZ-Vertrieb:KVZ-Verkaufsstatistik Nr.7,Dortmund o.J. (1974)

05.12.1973:
Der Regionale KVZ-Vertrieb Ruhrgebiet des KBW berichtet vom Verkauf der heutigen 'KVZ' Nr.8 durch die befreundeten Schülergruppen in NRW:"
Straße: 15
Buchladen: 35
Schule: 250
Uni: 10
Summe: 310"
Q: KBW-Regionaler KVZ-Vertrieb:KVZ-Verkaufsstatistik Nr.8,Dortmund o.J. (1974)

Januar 1974:
Der KOV der KPD berichtet:"
DER AUFBAU DES KOV IN NRW

… Als erfreuliches Zwischenergebnis können wir festhalten, daß es uns im letzten halben Jahr gelungen ist, zwei neue Stützpunkte in der Region zu schaffen, von denen aus wir den regionalen Aufbau des KOV weiter vorantreiben werden. Dies ist die Gründung einer Zelle am SCHLAUNGYMNASIUM IN MÜNSTER, einer Zelle am GESCHWISTER-SCHOLL-GYMNASIUM IN DORTMUND und eines SCHÜLERKOMITEES IN DORTMUND. …
Dortmund (das man besser Hoesch-town nennen sollte) ist eine Stadt, die von Stahl und Bergbau geprägt ist, in der die Bevölkerung bereits an vielen Stellen im Widerspruch zur Monopolbourgeoisie steht, und wo es auch der Partei gelingt, sich weiter zu verankern. Vielen Schülern ist das organisierte Eingreifen der KPD und des KJV bereits im Bewußtsein. Die letzten Kämpfe um das Erich-Dobhardt-Haus z.B. haben bewiesen, daß die Kommunisten in der Lage sind, den Kämpfen der Jugendlichen die richtige Stoßrichtung zu geben.

Es war daher nur folgerichtig, daß wir den Aufbau einer Zelle am Geschwister-Scholl-Gymnasium in Angriff nahmen, einer Schule, auf der trotz fiesester Diffamierungsversuche die Liste der fortschrittlichen Schüler bei der ersten Wahl 350 Stimmen erlangen konnte, wo die dortigen Schüler aufgeschlossen den Positionen der KPD und des KOV gegenüberstehen. Im Rahmen ihrer weiteren Stabilisierung wird es die Aufgabe der Zelle sein, die bestehenden schulspezifischen Widersprüche genauer zu analysieren und weiter aufzugreifen. Neben der Errichtung eines Schülerkomitees (…) dessen Aufbau bereits abgeschlossen ist, ist es unser nächstes Ziel in Dortmund, eine Ortsleitung zu errichten, die sich noch intensiver mit den vielfältigen Kontakten in Dortmund befassen und weitere Zellengründungen in Angriff nehmen kann."
Q: Schulkampf Nr.1,Dortmund Jan. 1974,S.8

KOV_Schulkampf459
KOV_Schulkampf460


April 1974:
Die Regionale Leitung NRW des KOV der KPD gibt vermutlich im April das folgende Flugblatt mit einer Seite DIN A 4 unter Verantwortung von Bodo Stöcklein, Dortmund, Dürenerstr.43, heraus (vgl. 22.3.1974):"
AUSBILDUNGSVERBOT FüR ELMAR BEIERS VOM KULTUSMINISTERIUM ERLASSEN!

ELMAR ZURÜCK AN DIE SCHULE!

Gegen Elmar Beiers, Schüler der 13.Klasse am Gymnasium Laurentianum in Warendorf, verhängte das Kultus-Ministerium in Düsseldorf Schulverweis von allen Oberschulen in Nordrhein-Westfalen. Warum gerade gegen ihn zum ersten Mal ein Ausbildungsverbot in NRW?

Elmar Beiers war an seiner Schule als Sprecher einer SMV-Projektgruppe gewählt worden, die zum Kampf gegen die Oberstufenreform (OSR,d.Vf.) aufgerufen und dazu Flugblätter verteilt hatte. Elmar Beiers ist an seiner Schule bekannt dafür, daß er kein Blatt vor den Mund nimmt, wenn es darum geht, die Rechte der Schüler zu verteidigen. Die Schulleitung kannte und haßte Elmar wegen seiner politischen Haltung, denn er tritt als Kommunist gegen die zunehmende Disziplinierung der Schüler durch reaktionäre Hausordnungen auf, gegen das rüde Umspringen der Schulbürokratie mit SMV-Satzungen, die ihr nicht passen, gegen politische Zensuren. Wegen seines mutigen Eintretens für die freie politische Betätigung aller Schüler wurde er bereits vom Schlaungymnasium in MÜnster geschmissen.

Für Elmar Beiers bedeutet der zweite Rausschmiß aus der Schule und das Ausbildungsverbot einen harten Schlag: gerade jetzt wollte er sein Abitur machen. Jetzt ist er ohne jede Möglichkeit der weiteren Ausbildung, denn Schulverweis in NRW, das bedeutet praktisch Ausbildungsverbot in der ganzen Bundesrepublik. Selbst wenn Elmar in ein anderes Bundesland gehen könnte - was finanziell überhaupt nicht drin ist, so würden ihn dortige Schulen auch nicht aufnehmen.

Was ist das für ein menschenfeindliches Schulsystem, das mit den Mitteln der Existenzbedrohung gegen Schüler vorgeht, die dieses System in Frage stellen, die die Oberstufenreform als das bezeichnen, was sie ist: Leistungsdruck, stumpfsinniger Drill und Verpflichtung auf die 'ewigen' Werte bürgerlicher Klassenerziehung?

Der Fall Elmar Beiers ist nur die Spitze des Eisbergs der neuen, harten Linie der Schulbürokratie. Überall dort, wo sich der Widerstand der Schüler gegen die Oberstufenreform regt, versucht das KuMi, Schulkollegium oder Schulleitung drastische Exempel zu setzen: zum Beispiel in Dortmund wurden am Mallinckrodt-Gymnasium vier Schüler mit einem Schultadel belegt - was der Androhung des Schulverweises gleichkommt - weil sie gegen die Oberstufenreform aufgetreten sind und einen Mathe-Test verweigerten (vgl. Apr. 1974,d.Vf.).

Mit Elmar soll einer von Hunderten von Schülern bestraft werden, die sich gegen die Oberstufenreform zur Wehr setzen. In den Augen des KuMi steht Elmar für uns: deshalb werden wir für Elmar kämpfen.

An jeder Schule in NRW werden wir die Bedingungen dafür schaffen, daß Elmar überall sein Abitur machen kann.

UNTERZEICHNET DIE UNTERSCHRIFTENLISTE FÜR ELAMR!

SOLIDARITÄT MIT ELMAR HEISST: ELMAR SOLL AN UNSERE SCHULE!

KOMMT AUF DIE SOLIDARITÄTSVERANSTALTUNG FÜR ELMAR BEIERS!

GRÜNDET SOLIDARITÄTSKOMITEES!"
Q: KOV-Regionale Leitung NRW:Ausbildungsverbot für Elmar Beiers vom Kultusministerium erlassen!,Dortmund o.J. (1974)

11.06.1974:
Der KOV der KPD gibt seinen 'Schulkampf' Nr.5 (vgl. Mai 1974) heraus. Aus NRW wird unter der Überschrift "Es darf keinen zweiten Fall Elmar Beiers geben!" berichtet von der Solidarität mit dem Warendorfer Schüler in ganz NRW, wo die regionale Leitung des KOV eine bereits vergriffene Broschüre mit einer Auflage von 1 200 Stück herausgab, die bald als überarbeitete Neuauflage erscheinen solle, sowie am Rhein-Sieg Gymnasium in St. Augustin bei Bonn.
Q: Schulkampf Nr.5,Dortmund 11.6.1974,S.4

KOV_Schulkampf561
KOV_Schulkampf562


Oktober 1976:
Vermutlich im Oktober erscheint in NRW der 'Girgensohn-Erlaß' des KuMi (SPD), gegen den es landesweite Schülerproteste gibt (vgl. 18.12.1976).

Berichtet wird u.a. vom RK NRW des KJVD der KPD (vgl. 22.10.1976) und in - Bielefeld durch die SMV der Carl-Severing-Schule BS und FOS (vgl. 13.12.1976).
Q: KJVD-RK NRW:Weg mit dem Girgensohn-Erlaß!,Dortmund 22.10.1976,S.1f;
SMV Carl-Severing-Schule Bielefeld:SMV-Info Weg mit dem Girgensohn-Erlaß!,Bielefeld o.J. (1976)S.1f

22.10.1976:
Das RK NRW des KJVD der KPD gibt ein Flugblatt mit zwei Seiten DIN A 4 unter Verantwortung von Stefan Siebenkäs, Dortmund, Münsterstr.95, und dem Titel "Weg mit dem Girgensohn-Erlaß!" (vgl. Okt. 1976) heraus.
Q: KJVD-RK NRW:Weg mit dem Girgensohn-Erlaß!,Dortmund 22.10.1976

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November 1976:
Das RK NRW des KJVD der KPD gibt ein Flugblatt "Weg mit dem Girgensohn-Erlass!" heraus.
Q: KJVD-RK NRW: Weg mit dem Girgensohn-Erlass!,Dortmund Nov. 1976

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08.11.1976:
In NRW erscheint, laut KPD, vermutlich in dieser Woche der Erlaß des Kultusministers (KuMi) Girgensohn (SP*), der die Diskussion in den Schülervertretungen (SV) über die Berufsverbote (BV) verbietet.
Q: Rote Fahne Nr.46,Köln 17.11.1976

18.12.1976:
In Essen soll, laut und mit DKP, eine landesweite Schülerdemonstration um 15 Uhr ab Parkplatz Saalbau stattfinden. Kundgebungsreden sollen u.a. von der DGB Jugend NRW und der Landesschülervertretung (LSV) gehalten werden.

Laut AB beteiligen sich 5 000 an der Demonstration.

Laut KPD (vgl. 22.12.1976) beteiligen sich 150 Oberschüler am oppositionellen Block des KJVD in dem 3 500 bis 4 000 Menschen starken Zug.

Laut KJVD der KPD (vgl. Apr. 1977) findet im November (!) eine landesweite Demonstration in Essen gegen den 'Girgensohn-Erlaß' (vgl. Okt. 1976) statt.

Aufgerufen wurde u.a. in:
- Bielefeld an der Carl-Severing-Schule (vgl. 13.12.1976).
Q: KJVD-RK NRW:Kampf den reaktionären Schulgesetzen,Dortmund o.J. (1977),S.1;
Kommunistische Arbeiterzeitung Nr.106,München 20.2.1977;
Kommunist,Essen Dez. 1976,S.1;
SMV Carl-Severing-Schule Bielefeld:SMV-Info Weg mit dem Girgensohn-Erlaß!,Bielefeld o.J. (1976),S.2;
Rote Fahne Nr.51/52,Köln 22.12.1976

Februar 1977:
Das RK NRW des KJVD der KPD gibt ein Flugblatt mit vier Seiten DIN A 4 unter Verantwortung von Stefan Siebenkäs, Dortmund, Münsterstr.95, unter dem Titel "Weg mit den reaktionären Schulgesetzen!" heraus.
Q: KJVD-RK NRW:Weg mit den reaktionären Schulgesetzen!,Dortmund Feb. 1977

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07.02.1977:
Die KPD (vgl. 16.2.1977) berichtet, daß sich diese Woche in Essen 10 000 an einer landesweiten Kundgebung gegen die KOOP-Schule beteiligen.
Q: Rote Fahne Nr.7,Köln 16.2.1977

10.12.1977:
In Essen findet, laut und mit KJVD und KSV der KPD, eine NRW-weite Demonstration der Landes-SMV, der GEW, der Landesastenkonferenz (LAK) und einzelner DGB KJAs statt, an der sich ca. 15 000 beteiligen. Schlägertrupps des MSB Spartakus der DKP seien gegen Oppositionelle vorgegangen.
Q: KJVD-RK NRW / KSV-RK NRW: Aufruf zur Aktionseinheit für die Demonstration am 10.12. in Essen,Dortmund o. J. (1976); KJVD-RK NRW / KSV-RK NRW: Die Lehren aus der Demonstration am 10.12. in Essen ziehen!,Dortmund o. J. (1976)

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06.03.1978:
Der KJVD der KPD gibt vermutlich in NRW vermutlich in dieser Woche ein Flugblatt "KOOP Schule vom Tisch und jetzt?" heraus, in dem von der Kölner Schülerinitiative und deren Schülerkongress am 4./5.3.1978 sowie von weiteren Initiativen in Siegburg, Troisdorf, Dortmund, Münster, Siegen und Unna berichtet wird.
Q: KJVD: KOOP Schule vom Tisch und jetzt?,Dortmund o. J. (1978)

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Letzte Änderungen: 12.2.2010

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