KJVD: Kämpfende Jugend, Jg. 4, Nr. 24/25, 10.12.1975

10.12.1975:
Der Kommunistische Jugendverband Deutschlands (KJVD) der KPD gibt die Nr. 24/25 seiner 'Kämpfenden Jugend' (KJ - vgl. 26.11.1975, Jan. 1976) heraus.

In einem Jahresrückblick erscheinen Bilder auch vom AKW-Protest in Wyhl.

Es erscheint der Artikel:„
Franz Beckenbauer - Einer wie ich. Beckenbauer keiner von uns

Es ist sehr schwierig, bereits seine Lebenserinnerungen zu schreiben, wenn man erst 30 Jahre alt ist. Damit die Lebensbeichte von Franz Beckenbauer nicht zu dünn ausfalle, hat sich der Bertelsmann-Verlag redliche Mühe gegeben. Zum Druck des Buches wurde sehr dickes Papier verwendet, die verwendete Schrifttype ist äußerst groß, weil man die Leser des Buches anscheinend für ein bisschen dämlich hält, und schließlich wurde dem Kaiser Franz ein Ghostwriter beigesetzt, der das schreibt, was Beckenbauer denkt, damit 30 Lebensjahre auf 320 Seiten gestreckt werden können …

Herausgekommen ist ein reaktionäres Buch. Beckenbauers „Geisterschreiber“ nutzt die Sportbegeisterung der Volksmassen aus, um sie im reaktionären Sinne zu wenden. Er verbreitet die Mär vom klassenneutralen Sport, der in allen gesellschaftlichen Schichten sein Publikum findet. Typen wie Beckenbauer werden als hervorragende Spieler propagiert, die es geschafft haben, sich mittels des Sports aus „kleinen“ Verhältnissen hochzuarbeiten. Und in diesem Sinne hat eben jeder die gleiche Chance, sich aus dem eigenen Dreck zu ziehen und ein großer Mann zu werden …

Mit der kapitalistischen Leistungsideologie, versuchen die kapitalistischen Sportfunktionäre, die Massen an ihren Geschäftssport zu binden, ihre Begeisterung zu kanalysieren, sie unfähig zu machen, die sportliche Ertüchtigung zum Sturz des kapitalistischen Ausbeutersystems einzusetzen … Mit Beckenbauer finden Millionen Arbeiter und Werktätige ihre Arbeit „öde“. Der Tretmühle der Arbeit entzog sich „Kaiser Franz“ durch intensives Fußballspiel. Beckenbauer bietet dem Leser ähnliches an, wenn ers auch nicht offen ausspricht. Sport macht frei … lässt den Alltag vergessen, die kapitalistische Schinderei, die Arbeitslosigkeit. Von dieser „Freiheit“ profitiert der Berufssport …

Nicht die körperliche Ertüchtigung des Einzelnen steht im Mittelpunkt, sondern Fußball ist eine neue Form der Unterhaltungsindustrie geworden, die Profit zu bringen hat, die die Massen an sich binden soll. In diesem Sinne zeigen sich Beckenbauer und sein schreibender Dunkelmann äußerst besorgt … Nicht nur scheinbar klassenneutraler Sport durch ein paar Profis, sondern proletarischer Massensport im Dienste des Klassenkampfes gegen das Kapital und seine Handlanger, nicht individueller Heldenkult, sondern Kampf um die kollektive Sportsleitung der Massen als Vorbereitung des Kampfes Klasse gegen Klasse. Das ist die Perspektive der proletarischen und werktätigen Jugendlichen und nicht der reaktionäre Geschäftssport eines Neudecker, Beckenbauer, Sepp Maier.“

Eine Beilage zum „Rot Sport“ enthält den Artikel: „25 Jahre DSB - 25 Jahre im Dienste des Kapitals“. Darin wird ausgeführt:„
Am 26. Oktober feiert der Deutsche Sportbund (DSB) sein 25jähriges Bestehen in der Frankfurter Paulskirche- dort, wo der Kämpfer für nationale Unabhängigkeit und Einheit „Turnvater Jahn“ nach der Revolution von 1848 als Abgeordneter der Nationalversammlung gesessen hatte. Der DSB kokettiert mit dieser fortschrittlichen Geschichte des deutschen Sports – er selbst hat nichts damit zu tun. Friedrich Ludwig Jahn nahm den Zusammenschluss des fortschrittlich gesinnten Bürgertums im Sport als Kampfmittel gegen de herrschende Feudalklasse. Der DSB aber richtete auch auf seinem Stiftungsfest den Sport in der BRD verstärkt nach den reaktionären Interessen der herrschenden Klasse aus, die alle Galionsfiguren aus Staat und Wirtschaft hatte auffahren lassen … Worum ging es den Festrednern? Den Breitensport kurz zu halten und gleichzeitig als Mittel einer reaktionären Massenmobilisierung zu benutzen … Die SPD-Regierung, die in allen Bereichen die staatliche Gewalt ausdehnt und den Zentralismus predigt - hier tönt sie von freiwilliger Mitverantwortung und tätiger Hilfe seiner Bürger, weil alles andere zu viel Geld kostet, das den Kapitalisten milliardenweise in die Tasche geschaufelt wird.

- Den Spitzensport mit allen Mitteln zu unterstützen, um sich in der Konkurrenz besonders mit den hochgepäppelten Staatsamateuren der sozialimperialistisch beherrschten Lände zu behaupten.

- Beides zusammenzubringen, den Massensport, soweit er betrieben wird, als Mittel zur Förderung des Spitzensports auszubeuten.

Zugleich erinnert Schmidt: „Der Sport habe in hohem Maße eine sozialpolitische Funktion und damit seine politische Komponente.“

Das heißt: Wenn der SPD-Regierung die körperliche Ertüchtigung der Volksmassen gleichgültig ist, sie vergisst trotzdem nicht, dass der Sport zur Beeinflussung der Massen, zur Versöhnung der Klassenwidersprüche, zur Kettung an die kapitalistische Leistungsideologie unentbehrlich ist …

Wir wissen, dass es einen Ausweg aus dieser Atmosphäre gibt: Sport als Ertüchtigung zum Klassenkampf, zur Stählung der Kräfte, die die Arbeiterklasse zum Kampf für die Unabhängigkeit, für den Sturz der Ausbeuterordnung braucht. Da werden Höchstleistungen erzielt, weil der Sport mit der gesellschaftlichen Tätigkeit der Arbeiterklasse aufs Engste verbunden ist. Die großartigen Erfolge der chinesischen Sportler, die Wettkämpfe der Roten Arbeitersportler vor 1933, an deren Tradition wir heute anknüpfen, liefern den Beweis.“
Q: Kämpfende Jugend Nr. 24/25, Köln 10.12.1975

KJV831

KJV832

KJV833

KJV834

KJV835

KJV836

KJV837

KJV838

KJV839

KJV840



[ Zum Seitenanfang ]   [ vorige Ausgabe ]   [ nächste Ausgabe ]   [ Übersicht ]   [ MAO-Hauptseite ]