Januar 1971:
In der Nr. 1 ihres 'Roten Morgens' (vgl. Dez. 1970, Feb. 1971) beschäftigt sich die KPD/ML-ZK außer mit der Erhöhung der Sterbegebühren auch in "Es lebe die heldenhafte Arbeiterklasse Polens! Nieder mit der neuen polnischen Bourgeoisie" mit der Bruderpartei der KPD/ML-ZK, der KP Polens. Diese verfüge über einen starken Jugendverband und betreibe den Aufbau von Komitees in allen Teilen des Landes.
Weiter wird eingegangen auf Demonstrationen in Niedersachsen in Hannover (vgl. 31.11.1970), in Hamburg (vgl. 17.12.1970), in NRW in Bochum (vgl. 19.12.1970) und in Baden-Württemberg in Freiburg (vgl. 15. und 29.12.1970) sowie auf die PCE/ML Spanien (vgl. 4.10.1964, Sept. 1970) und berichtet in "Der Prozeß von Burgos - Ein hervorragendes Tribunal gegen das faschistische Franco-Regime und seine imperialistischen Hintermänner".
Enthalten ist auch ein Artikel "Völker der ganzen Welt, vereinigt Euch, besiegt die USA-Aggressoren und alle ihre Lakaien".
Im Leitartikel "SPD/FDP Regierung - Wegbereiter des Faschismus" vertritt in Anlehnung an die 'Sozialfaschismustheorie' der KPD/ML-ZB nun auch die KPD/ML-ZK die Auffassung, "daß es ausgerechnet die sozialdemokratisch regierten Länder sind, in denen unter massivem Polizeischutz mit Wasserwerfern, Tränengas und Sperrgittern gegen Gegendemonstranten, die reaktionären, revanchistischen Gruppen der Aktion Widerstand (AW, d.Vf.) ihre Demonstrationen abhalten können; daß es ausgerechnet die sozialdemokratisch regierten Länder waren, in denen antifaschistische Demonstrationen von Studenten und Arbeitern gegen den reaktionären Springer-Konzern, gegen den Besuch ausländischer Faschisten blutig von der Polizei zusammengeknüppelt wurden, in denen die meisten politischen Urteile gegen linke Demonstranten gefällt wurden; daß es ausgerechnet die Brandt/Scheel-Regierung ist, die wärmste, freundlichste Beziehungen zu faschistischen Staaten wie Portugal, Spanien, Indonesien und anderen und Staatsoberhäuptern wie den Massenmördern Hussein (Jordanien, d.Vf.), Suharto oder auch Nixon (USA, d.Vf.) unterhält; dass es ausgerechnet die Brandt/Scheel-Regierung ist, die denen, die zu bekämpfen sie vorgibt, höhere finanzielle Zuschüsse gewährt als ihre Vorgängerin, die CDU/CSU-Regierung unter Kiesinger. … Dies alles zeigt die abgrundtiefe Heuchelei der SPD/FDP-Regierung, die eine Fraktion des westdeutschen Monopolkapitals vertritt, in ihrem angeblichen Kampf gegen den Rechtsradikalismus."
Grundsätzlich solle man propagieren "nicht die Rettung der bürgerlich-parlamentarischen Demokratie, sondern die Zerschlagung des bürgerlichen Staatsapparates durch die Herstellung der revolutionären Einheitsfront der Arbeiterklasse."
Von der Ende Dezember stattfindenden Redaktionssitzung für diese Nummer berichtet der Landespresseverantwortliche NRW (vgl. Feb. 1971, 6.12.1971):
Anwesend waren: E (Ernst Aust), Eg. (ZK), D (Wasserkante), H (Niedersachen), W (Südwest), K (NRW).
Abwesend: Bayern (By), Westberlin (Wb), möglicherweise H (By). K nahm als Ersatzmann für W, LPV NRW teil.
"Status der LPV bei RM-Red noch ungeklärt. Globale Fassung ihrer Aufgabe: Bericht aus LV, Sammeln von Artikeln aus LV, Übernahme von Artikeln für RM. Von vornherein ungeklärt: wem sind sie für ihre Tätigkeit hauptseitig verantwortlich, der jeweiligen LL oder dem RM-Verantwortlichen? Eine diesbezügliche Frage von mir wurde vertagt.
Kritik an RM 11/70 (vgl. Dez. 1970, d.Vf.): mangelnde Aktualität, besonders des Aufmachers (Geldner-Artikel). Mein Hinweis auf größere Aktualität der RF/Bo ('Rote Fahne' der KPD/ML-ZB, d.Vf.) wurde von E und Eg zurückgewiesen. E: zur Zeit nur monatliches Erscheinen möglich, ab Februar 14tägig (was lange Debatte über Möglichkeit zum gegenwärtigen Zeitpunkt auslöste).
Eg: Hauptseite Propaganda, daher nicht so wichtig, ob aktuell oder nicht.
Mein Einwand, daß der RM schließlich verkauft sein will, zurückgewiesen mit dem Verdacht, daß ich der spontanen Bewegung hinterherlaufen wolle.
Hauptseite sei nicht Massengewinnung, sondern Vorhut. Analoge Diskussion über den Preis: Ich hatte Einwände gegen 1 DM geltend gemacht, mir wurde entgegengenhalten, daß der RM sich selbst tragen müsse. Man versprach, bis zum nächsten Mal Rechnungen vorzulegen.
Weiterer Vorschlag von mir: Verbesserung des Layouts: als Beispiel hatte ich mitgebracht: RF/Bo Extrablatt September 70 und BSZ ('Bochumer Studenten Zeitung', d.Vf.) Nr. Solidarität mit SDS Heidelberg. Ablehnung von E und Eg. E bezeichnete das als unseriös. Eg sinngemäß: 'Wir sind doch kein Boulevardblatt. Wir weisen uns durch niveauvollen Inhalt aus, daher entsprechende Form.' Mein Einwand, daß auch BILD nicht zuletzt wegen ansprechenden Layouts gut verkauft wird, wurde als bürgerlich 'entlarvt. Ich argumentierte wie ein bürgerlicher Werbungsindustrieller. Auf meinen Einwand, daß wir schließlich den RM vor den Werkstoren verkaufen müßten, entgegnete E (und Eg unterstützte ihn): 'Die fortschrittlichen Arbeiter kaufen ihn sowieso. Knallige Aufmachung schreckt sie nur ab. Der Preis spielt keine besondere Rolle. Wer begriffen hat, worum es geht, zahlt auch 1 DM.' Mir wurde ein KJVD-Tick unterstellt, aber die Sache selbst auf die leichte Schulter genommen. Die übrigen Redkoll-Mitglieder nahmen keine Stellung, ich hatte den Eindruck, sie riskierten es nicht, etwas gegen die 'Autoritäten' zu sagen. Nur W (SW) erhob ebenfalls Einwände gegen den Preis, weshalb zugesichert wurde, daß zum nächsten Mal die Kalkulation vorgelegt würde (vorher fand noch eine Debatte darüber statt, ob wir hier überhaupt das Recht hätten, Einblick zu verlangen, sie wurde aber zu unseren Gunsten entschieden, da wir schließlich die Sache vertreten müßten).
Auf dieser Sitzung wurde von Eg ein Plan vorgelegt, nach dem künftig der RM gestaltet werden sollte, damit er 'Gesicht bekommt'. Es handelte sich dabei um eine Aufteilung der Seiten: 1. Seite: politische Enthüllungen / 2. Seite: Fortsetzung von S.1 / 3 und 4. Seite: aus dem Parteileben / 5. und 6. Seite: aus Betrieb und Gewerkschaft (diese Seiten wurden vom ZBGK beansprucht), 7. Seite; marxistisch-leninistische Weltbewegung. 8. Seite: Enthüllungen aus dem kulturellen Bereich ('linkes Feuilleton).
Dieser Plan wurde mit Mehrheit angenommen und nach ihm wurden im Wesentlichen die kommenden Nummern gestaltet. Statt 'aus dem Parteileben' konnten auch Artikel zur Programmdiskussion erscheinen, jedoch um diese gab es unterschiedliche Auffassungen. E war der Ansicht, daß dafür ein theoretisches Organ geschaffen werden müsse, ich war der Ansicht, daß das auch die RM-Leser interessiere, die nicht alle das theoretische Organ kaufen würden. Im theoretischen Organ hätten zudem die Ergebnisse der Diskussion zu erscheinen. E wandte ein: der RM-Leser nimmt das, was im RM steht, als Parteilinie an, wogegen ich einwandte, daß er den RM kritisch lesen lernen müsse. Ich wurde von Eg unterstützt. Die Frage erhielt aktuelle Brisanz durch den bereits erschienenen 2-Wege-Artikel und eine dazu vorliegende Selbstkritik."
Zu den Artikeln der Nr. 1 heißt es im selben Bericht:"
SPD/FDP-REGIERUNG - WEGBEREITER DES FASCHISMUS. Von E vorgelegt, in Redaktion besprochen, Korrekturen in Richtung auf 2-Wege-Theorie mit Zustimmung der Redaktion von K vorgenommen.
BONN TREIBT PREISE. Von E vorgelegt, in Redaktion besprochen und angenommen.
ES LEBE DIE HELDENHAFTE ARBEITERKLASSE POLENS! Lag der Redaktion nicht vor. Sie war sich darüber einig, daß dazu etwas geschrieben werden müßte und hat einen Redakteur damit beauftragt (wen, weiß ich nicht mehr, ich vermute: D).
HANNOVER: SIEG IM VOLKSKRIEG - KLASSENKAMPF IM EIGENEN LAND! Bericht einer Demonstration, vorgelegt von H (NdS), der ihn vermutlich selbst verfaßt hat. Ein Artikel der LL (NdS) zu diesem Artikel, der für 2/1971 verfaßt war und den Inhalt dieses Artikels total in Frage stellte, wurde von der Redaktion mit Mehrheit abgelehnt. Ich unterstützte die Mehrheit, da der LL-Artikel sich speziell mit der Auswirkung der Demonstration auf die Parteigenossen befaßt und deren ideologische Auseinandersetzung zum Inhalt hatte. Ich war der Meinung, es sei sektiererisch, den RM mit Querelen dieser Art zu belasten. Zugleich damit verbunden war der Versuch der LL, ihren LPV aus der Redaktion zurückzuziehen. Eg wies E darauf hin, daß die Entscheidung darüber bei ihm als RM-Verantwortlichem liege und er hier nicht einfach nachgeben dürfe. Die Entscheidung fand meine Billigung, da auch ich durch die Doppelverantwortlichkeit zwischen Redaktion und LL in Legitimationsschwierigkeiten war.
HAMBURG: PROTESTDEMONSTRATION GEGEN HUSSEIN-BESUCH. Demonstrationsbericht, vermutlich von E, lag der Redaktion vor.
BOCHUM: ALLE MACHT IN ARBEITERHAND! Demonstrationsbericht der OG Bochum, lag der Redaktion vor.
FREIBURG: NIEDER MIT FRANCO! Demonstrationsbericht, lag der Redaktion vor.
DER PROZEß VON BURGOS - EIN HERVORRAGENDES TRIBUNAL GEGEN DAS FASCHISTISCHE FRANCO-REGIME UND SEINE IMPERIALISTISCHEN HINTERMÄNNER! Ob dieser Artikel der Redaktion vorlag, weiß ich nicht mehr, jedoch hatte sie die Notwendigkeit der Behandlung dieses Themas gesehen. Ich vermute als Verfasser D.
VÖLKER DER GANZEN WELT, VEREINIGT EUCH, BESIEGT DIE USA-AGGRESSOREN UND ALLE IHRE LAKAIEN! Lag der Redaktion vor, Verfasser H (NdS), wurde mit einigen Änderungen angenommen.
Für diese Nummer lag eine SELBSTKRITIK zur 2-Wege-Theorie vor, die von der Redaktion gebilligt wurde, jedoch erst in 3/1971 erschien.
Ferner lag die Fortsetzung der Rede Enver Hoxhas 'NEHMT EURE REVISIONISTISCHE BRILLE AB' vor, die aus Platzgründen vertagt wurde. Was an Leserbriefen vorlag, habe ich nicht zur Kenntnis genommen, ich hatte jedoch angefragt, wie sie zu behandeln seien, bekam zur Antwort, daß es sich um Zustimmungen handelt. die nichts weiter hergeben.
Als Notwendigkeit zur Verbesserung der Zeitung wurde die Einführung von kurzen Meldungen angesehen und alle Redaktionsmitglieder darauf verpflichtet, die Zeitungen danach durchzuforsten, insbesondere nach Daten über Kurzarbeit, Entlassungen, Preissteigerungen zur Belegung der These von der kommenden Wirtschaftskrise. Die Redaktion ging davon aus, daß richtige Vorhersagen dieser Art das Vertrauen der Leser in die Partei stärken."
Quellen: KPD/ML-ZK-LPV NRW: Bericht des LPV NRW (K) und RM-Redkoll-Mitglied über seine Tätigkeit im RM-Redkoll von Dezember 1970 bis November 1971, o.O. o.J., S. 1f; Roter Morgen Nr. 1, Hamburg Jan. 1971