März 1971:
Der 'Rote Morgen' der KPD/ML-ZK Nr. 3 (vgl. Feb. 1971, Apr. 1971) berichtet außer aus NRW von Opel Bochum, von Mannesmann Huckingen Duisburg über den Artikel "Arm in Arm mit den Faschisten" im 'Roten Punkt' der DKP (vgl. 1.2.1971) sowie in einer Arbeiterkorrespondenz:"Mannesmann-Arbeiter pfeifen DKP-Betriebsrat aus" und mit Hilfe des eigenen 'Röhrenkiekers' sowie von der Kupferhütte Duisburg auch über die Chinawochen die von den Ortsgruppen in Köln, sowie in Baden-Württemberg in Freiburg, Stuttgart und Mannheim, in Hessen in Marburg, in Rheinland-Pfalz in Worms und in Westberlin (vgl. 13.3.1971) durchgeführt wurden. Eine weitere Ortsgruppe der KPD/ML-ZK gibt es in Bayern in München.
Aus den USA wird in USA 1970 - Schauplatz revolutionärer Kräfte" über verschiedene Kämpfe von Studenten, nationalen Minderheiten und LKW-Fahrern (vgl. 29.4.1970) berichtet.
Laut dem Leitartikel "Nach der Niederlage in Laos plant Nixon Atomschlag?" verfolgen die amerikanischen Imperialisten einen "großen strategischen Plan". Weiter heißt es:"
In den USA selbst wird gleichzeitig die öffentliche Meinung auf die Anwendung von Kernwaffen im Indochinakrieg vorbereitet. Verschiedene Zeitungen starten Versuchsballons … um die Atmosphäre der öffentlichen Meinung zu erforschen. Zufällig wird zur gleichen Zeit versehentlich ein Atom-Alarm für die USA ausgelöst. … Jede weitere Eskalation des Indochinakrieges wird die Völker der Welt einschließlich des amerikanischen Volkes nur noch fester vereinigen unter der Losung: Hände weg von Nord-Vietnam! Hände weg von China!"
Weitere Artikel sind "Genscher auf den Spuren Görings" und "Imperialismus und Benzinpreise". Enthalten ist auch ein "Aufruf zur Einheit aller Marxisten-Leninisten".
In "Zwei Wege des westdeutschen Imperialismus. Eine Selbstkritik" (vgl. Dez. 1970) erklärt das ZK der KPD/ML-ZK u.a.:"
Der Artikel 'Zwei Wege des westdeutschen Imperialismus' aus der Dezember-Nummer 1970 des RM hat in der KPD/ML und darüber hinaus in der marxistisch-leninistischen Bewegung Westdeutschlands eine Diskussion in Gang gesetzt, die noch in mehreren Kritiken und Stellungnahmen ihren Niederschlag finden wird. Diese Diskussion ist sehr wichtig, und es war das Ziel des Artikels, sie in Gang zu bringen. Im Laufe dieser Diskussion werden die Marxisten-Leninisten der BRD die Widersprüche ihres Hauptfeindes wissenschschaftlich analysieren und so seine objektiven Entwicklungstendenzen feststellen. Die positive Seite des Artikels besteht darin, daß er den Ansatz zu einer konkreten Analyse der konkreten Situation des westdeutschen Imperialismus liefert. Der Artikel hat allerdings auch einige ernste Schwächen, die zu Mißverständnissen führen können. Die erste Schwäche besteht darin, daß bei der Anwendung der dialektischen Methode in dem Artikel nicht genügend klar zwischen zwei Ebenen unterschieden wird: Diese zwei Ebenen drücken sich darin aus, daß einerseits von 'zwei Wegen' des westdeutschen Imperialismus die Rede ist, andererseits aber von den 'beiden Fraktionen der Monopole'. Zunächst muß klargestellt werden, daß der Artikel von 'zwei Wegen', nicht von 'zwei Fraktionen' handelt. Was bedeutet das? Marx hat festgestellt, daß die Bourgeoisie eines jeden Landes sich 'eine Nation, eine Regierung, ein Gesetz, ein nationales Klasseninteresse, eine Douanenlinie' schafft (Manifest). Diese Tatsache schließt zwar Fraktionierungen der Bourgeoisie auf nationaler Ebene keineswegs aus, legt aber auch ihre Grenze fest: Gegenüber der ausländischen Konkurrenz bildet die Bourgeoisie jedes Landes eine widersprüchliche Einheit, nach außen verhält sie sich notwendigerweise als geschlossener Block. Dieser Block läßt sich vertreten durch 'die moderne Staatsgewalt', die 'nur ein Ausschuß ist, der die gemeinschaftlichen Geschäfte der ganzen Bourgeoisieklasse verwaltet'. (Marx). Natürlich gibt es auf der Ebene des Staates und der Regierung eine Auseinandersetzung über Strategie und Taktik der Bourgeoisie. Sie spiegelt sich in verschiedenen politischen Fraktionen wider. Diese politischen Fraktionen liegen auf der Ebene des Überbaus, ihre verschiedenen strategischen und taktischen Vorschläge beziehen sich jeweils auf die gesamte Bourgeoisieklasse. Diese politischen Fraktionen dürfen deshalb auf keinen Fall verwechselt werden mit 'Fraktionen der Monopole'. Kann es 'Fraktionen der Monopole' geben? Selbstverständlich. Das liegt im Wesen des Kapitalismus, es entstehen fortwährend Widersprüche zwischen stagnierenden und schnell expandierenden Monopolen, zwischen Monopolen, die ihre Märkte mehr im Inland und solchen, die sie mehr im Ausland suchen usw. Bei ihrer Analyse des Faschismus nahm die Komintern z.B. seinerzeit an, daß es eine Fraktion des Finanzkapitals gab, die 'am meisten reaktionär, und am meisten aggressiv' war. Diese Bestimmung war zwar allgemein gehalten, nichtsdestoweniger aber richtig. Auch wir müssen den westdeutschen Imperialismus auf solche Fraktionen der Monopole hin untersuchen. Es muß aber klar sein, daß solche 'Fraktionen der Monopole' auf der Ebene der ökonomischen Basis liegen und daß sie nicht identisch sind mit den politischen Fraktionen, wie sie am deutlichsten in den Parteien hervortreten. Natürlich besteht zwischen den ökonomischen und den politischen Fraktionen der Bourgeoisie ein enger Zusammenhang: dieser Zusammenhang ist jedoch nicht mechanischer, sondern dialektischer Natur. Das Wesen der politischen Fraktionen ist es dabei, daß sie immer strategische und taktische Vorstellungen für die gesamte Klasse der Bourgeoisie entwickeln müssen. Jetzt zurück zu den 'zwei Wegen': Es handelt sich dabei um den Kampf zweier politischer Fraktionen der Bourgeoisie, der sich um zwei verschiedene taktische Vorstellungen dreht. Strategisch haben beide Fraktionen das gleiche Ziel: dem westdeutschen Imperialismus einen Platz an der Sonne zu sichern. Taktisch besteht jedoch ein entscheidender Widerspruch über die nächste zu realisierende Etappe. Dieser Widerspruch wird in dem Artikel richtig dargestellt. Inzwischen hat Strauß diesen Widerspruch noch einmal (in einem Interview mit der Wirtschaftswoche … das in dem Artikel nicht mehr einbezogen werden konnte) sehr klar formuliert" (vgl. 20.11.1970).
Auf westeuropäische Integration als Wiederauflage des großdeutschen Reiches müsse, laut der SPD/FDP-Propaganda verzichtet werden:"
Diesen Verzicht möchte Strauß eben auf keinen Fall leisten. Er bestimmt als nächste Etappe der Expansion des westdeutschen Imperialismus sehr klar: Westdeutsche Integration. Brandt dagegen sieht ein anderes Etappenziel, das der paneuropäischen Zusammenarbeit. … Es handelt sich in der Tat um zwei taktische Konzepte, die sich ausschließen. Die nächste Frage, die wir als Marxisten-Leninisten stellen müssen, wenn wir nicht auf dem Niveau des Bewußtseins der Bourgeoisie stehen bleiben wollen, ist die nach den materialistisch zu begründenden Entwicklungstendenzen dieses Kampfes innerhalb der Bourgeoisie. Was diese Frage angeht, so stellt der Artikel Hypothesen auf, bei denen ebenfalls Unklarheiten in der Formulierung vorlagen: 'Aus dieser Lage ergibt sich ein fundamentaler Widerspruch für die westdeutschen Monopole: sollen sie die US-SU-Herrschaft über die Welt anerkennen und sich im Einverständnis mit USA und SU möglichst günstig einzurichten suchen? … Oder sollen sie sich dagegen zur Wehr setzen und zur unabhängigen dritten Weltmacht aufstreben?' In dieser Formulierung fehlen wesentliche Dinge: erstens kann Anerkennung hier nur bedeuten: vorübergehende, vertragliche Anerkennung. Selbstverständlich wird kein Imperialismus die Einflußsphären seiner Konkurrenten dauerhaft anerkennen. Zweitens ist auch die US-SU-Herrschaft keine stabile Sache, sondern nur das labile Gleichgewicht zweier Konkurrenten, deren Konkurrenz heftig weiterbesteht. Drittens ist das Anerkennen bzw. Aufstreben zur dritten Weltmacht selbstverständlich keine Sache des freien Willens der Bourgeoisie, sondern durch die ökonomischen Zwänge zur Expansion bestimmt. Die entscheidende Frage, die die weitere Diskussion also klären muß, ist folgende: welches ist der dialektische Zusammenhang zwischen objektiven, ökonomischen Expansionstendenzen verschiedener Monopolgruppen in West- und Osteuropa (sowie in Afrika, Asien, Lateinamerika) einerseits und den politischen Entwürfen über verschiedene Etappen der Expansion andererseits? Diese Frage ist keineswegs leicht zu beantworten, wie es z.B. die Tatsache der Rußlandreise deutscher Kapitalisten im Januar 1971 zeigt: an der Delegation beteiligten sich folgende Mitglieder: Wolff von Amerongen (Vorsitzender des Ostausschusses der deutschen Wirtschaft), Dax (Siemens), Hansen (Bayer), Menges (GHH), Overbeck (Mannesmann), Sammet (Hoechst); Timm (BASF), Ulrich (Deutsche Bank). Eine Fraktionierung ist hier schwer festzustellen, obwohl auf der anderen Seite aus der einfachen Tatsache der Besichtigungsreise auch nicht geschlossen werden kann, daß alle vertretenen Monopole in gleicher Weise an der Ostexpansion interessiert sind. Zum Schluß muß noch auf weitere Lücken des Artikels hingewiesen werden: Erstens wird bei der Frage 'Westeuropäischer' oder 'Osteuropäischer Weg' die Rolle des proletarischen Klassenkampfes nicht erwähnt. Es ist klar, daß der 'osteuropäische Weg' in mancher Hinsicht besser geeignet ist, das Proletariat zu beschwichtigen und zu betrügen. Diese Tatsache wird natürlich gerade in einer Phase sich verschärfender Klassenkämpfe für die Bourgeoisie sehr wichtig sein: Zweitens fehlen bei der taktischen Linie der KPD/ML gegenüber dem 'osteuropäischen Weg' einige notwendige Punkte: auch im Falle des Hauptschlages gegen die SPD ist es unsere Aufgabe, die Massen gegen die Verbrechen des Imperialismus und Militarismus zu mobilisieren und sie aufzuklären über die Vorbereitung des Sozialfaschismus sowie den Kampf dagegen. Wir sind keinesfalls der Meinung, daß die SPD friedliebender wäre. Das kann sie nicht sein, da sie die Interessen der Monopole vertritt."
Von der Redaktionssitzung für diese Nummer berichtet der Landespresseverantwortliche NRW (vgl. Feb. 1971, Apr. 1971):"
NACH DER NIEDERLAGE IN LAOS - PLANT NIXON ATOMSCHLAG? Dazu lagen zwei Beiträge vor, die jeweils einen richtigen Gedanken zum Inhalt hatten. H (NdS) erhielt den Auftrag, beide Artikel zu kombinieren! Besprochen wurde das Ergebnis nicht mehr.
GENSCHER AUF DEN SPUREN GÖRINGS. Vorgelegt von E. Der Artikel wurde von der Redaktion mit Mehrheit in der vorliegenden Fassung angenommen. Ich war mir nicht sicher, ob man die Baader-Meinhof-Gruppe (RAF, d.Vf.) einfach als Anarchisten abtun könne, war eher der Meinung, daß es sich um Putschisten handelt. Mein Einwand wurde jedoch zurückgewiesen und vermutet, daß ich für derartige Aktionen was über hätte (was auch zutraf).
ARBEITERKORRESPONDENZ. Der ZÜNDKERZE-Artikel lag seit Dezember vor und war längst von der Redaktion verabschiedet. Er wurde veröffentlicht, weil sonst für diese Seiten nichts vorlag. Die Gestaltung dieser Seiten (Betrieb und Gewerkschaft) hatte das ZBGK beansprucht, jedoch nichts geliefert. Diese Praxis des ZBGK sollte sich auch künftig fortsetzen, so daß die Redaktion auch hier (wie bei den Kommissionsartikeln) improvisieren durfte.
USA 1970 - SCHAUPLATZ REVOLUTIONÄRER KRÄFTE. Das Lob der Sprengungen usw. in den USA schien mir in Widerspruch zu der Verurteilung der Baader-Meinhof-Aktionen zu stehen. Dieser Widerspruch wurde damit von E gelöst, daß in den USA die Klassenkämpfe bereits weiterentwickelt sind. Ich war der Ansicht, daß die Baader-Meinhof-Gruppe im Grunde genommen die Aktionen der 2.-Juni-Bewegung nur fortsetzt, daß diese aber mittlerweile zersplittert sei und sie darum allein bleibe. Deshalb: Putschismus.
SELBSTKRITIK - 2-WEGE DES WESTDEUTSCHEN IMPERIALISMUS. War bereits für 1/1971 vorgesehen, jedoch vom RM-Verantwortlichen der Wichtigkeit nach gegenüber anderen Artikeln zurückgesetzt worden und aus Platzgründen erst jetzt veröffentlicht. Zum Zeitpunkt der Diskussion des Artikels war von mir eingewandt worden, daß es schlecht sei, ihn mit 'Selbstkritik' zu überschreiben, da damit der 2-Wege-Artikel als Parteilinie erscheinen könnte. Ich hielt ihn für richtig, E nicht. Was die übrigen Redakteure davon hielten, weiß ich nicht mehr (D hatte mehrmals Skepsis geäußert). Eg hatte sich mit der Überschrift schließlich durchgesetzt, denn er hielt es für wichtig, daß bekannt würde, daß er selbst diese Einwände gemacht habe.
IMPERIALISMUS UND BENZINPREISE. Von Eg vorgelegt. Der Artikel liegt voll auf der Linie der 2-Wege-Theorie und wurde von mir unterstützt. Er rief eine Kontroverse hervor, da die Einschätzung des Teheran-Kartells durch die VR China anders war. Unterstützt wurde die gegebene Einschätzung durch Toufan (Iran, d.Vf.), worauf der LPV By (H) hinwies. Die Mehrheit entschied sich schließlich für den Artikel.
WARNUNG. War das Ergebnis eines Berichts von H (By), der bei der Redaktion in vielerlei Hinsicht Skepsis auslöste. Insbesondere erschien fragwürdig, wieso ein Genosse, der sogar für's ZK vorgesehen war, so plötzlich als Agent entlarvt sein sollte. Zweifel an der Münchener Kaderpolitik wurden geäußert (diese Diskussion sollte sich zu einem späteren Zeitpunkt verstärkt fortsetzen, als es um den Neubauer-Artikel ging)."
Verkauft werden soll diese Ausgabe u.a. in:
- Rheinland-Pfalz bei BASF Ludwigshafen (CPK-Bereich - vgl. 8.3.1971).
Q: Der Rote Funken Nr. 1, Ludwigshafen März 1971, S. 12; KPD/ML-ZK-LPV NRW: Bericht des LPV NRW (K) und RM-Redkoll-Mitglied über seine Tätigkeit im RM-Redkoll von Dezember 1970 bis November 1971, o.O. o.J., S. 4;KPD/ML-ZB: Zwei Wege in den Sumpf des Opportunismus I. Die Theorien des Roten Morgen, Berlin 1971, S. 138f;KPD/ML: Die Hindernisse für eine prinzipienfeste Einheit der Marxisten-Leninisten müssen ausgeräumt werden. Zu den opportunistischen Positionen der GRF(KPD), Dortmund 1976, S. 111;Roter Morgen Nr. 3, Hamburg März 1971;KPD/ML-ZK-OGL Dortmund: Kritik der OGL Dortmund an der 'Theorie' von den Zwei-Wegen des westdeutschen Imperialismus und ihrer Auswirkungen auf die Praxis der Partei, Dortmund o.J. (1971)