27.09.1971:
Der 'Rote Morgen' Nr. 10 (vgl. 13.9.1971, 11.10.1971) berichtet u.a. aus Rheinland-Pfalz über das Erscheinen der Ludwigshafener Betriebszeitung der Roten Betriebsgruppe (RBG) BASF, 'Roter Funke' Nr. 3 und zwei Flugblättern der Ortsgruppe Worms gegen die Shellansiedlung.
Aus Bayern wird berichtet von Flugblattverteilungen vor Würzburger Betrieben (vgl. 17.8.1971).
Zur Metalltarifrunde (MTR) heißt es in "TARIFRUNDE 71" u.a.:"
BÜRGERLICHE PRESSE SOLL LOHNRAUB IN DER PROPAGANDA VORBEREITEN
Die gesamte bürgerliche Presse wurde in einer seit dem 2.Weltkrieg noch nicht dagewesenen Weise zur Vorbereitung eines Lohnkampfes eingesetzt. Mit Verdrehungen, Lügen und Unterschlagungen versucht die Bourgeoisie die Kampfkraft der Metallarbeiter zu schwächen. …. Wirtschaftsführer, Bankbosse und führende Politiker kamen täglich in der Presse zu Wort. Ihr Klagen und Jammern diente dem einen Zweck, die wahre Wirtschaftssituation der Großkonzerne vor den Arbeitern zu verschleiern. Die Bankrotte der Kleinen werden in aller Ausführlichkeit breitgetreten. Der Riesenwirbel um Olympia und Voigtländer (in Braunschweig, d.Vf.) soll den Eindruck erwecken, als ginge es den Kapitalisten insgesamt höchst dreckig. Natürlich wird verschwiegen, von wem die Kleinen geschluckt werden bzw. wer an den Bankrotten verdient. Ebenso wie alles getan wird, um Unruhe über bevorstehende Massenentlassungen bei Rheinstahl, Mannesmann, Krupp und Hoesch zu vermeiden. …
Auch in diesem Metallkampf wurden trotz aller Versuche der Bonzen, Forderungen der Kollegen zu unterdrücken, klare Forderungen erhoben: Bei Klöckner/Bremen waren es 16%, bei Maschinenfabrik Deutschland (Hoesch - MFD, d.Vf.) und einigen kleineren metallverarbeitenden Betrieben in Dortmund 15%, bei Opel/Bochum forderte eine Belegschaftsversammlung 15% - 1 DM. Die KPD/ML hat ihre Forderung 15% - 1 DM, Absicherung der Effektivlöhne, 1 000 DM Mindestnettolohn, gegen Arbeitsplatzbewertung und Punktsystem, gleichen Lohn bei gleicher Arbeit in vielen Flugschriften propagiert und begründet. …
DAS WAHRE GESICHT DER IGM-BONZEN
Bei der Festlegung der IG-Metall-Forderung in den einzelnen Tarifgebieten zeigten die Gewerkschaftsbonzen dann wieder ihr gesicht. Was sie auf den Versammlungen in den Betrieben nicht wagen konnten, geschah. In den Kommissionen wurden 9 - 11% auf den Tariflohn festgesetzt. Von linearer Anwendung wollte man auch nichts mehr hören, da dann ja 'die Facharbeiter auch den Besen nehmen könnten' (Gewerkschaftsbonze Tuchmann in Dortmund)."
Im Artikel "Richtigstellung. Bündnis mit der DKP?" wird ausgeführt:"
In dem Artikel 'Antifaschistischer Kampf und Parteiaufbau' im letzten ROTEN MORGEN ist ein Fehler in der Frage von Bündnissen mit der DKP unterlaufen. Wir nehmen dies zum Anlaß, erstens diesen Fehler zu korrigieren und zweitens, den Beschluß des Zentralkomitees der in Nr. 2/1971 des ROTEN MORGEN (vgl. Feb. 1971, d.Vf.) falsch und dogmatisch interpretiert wurde, korrekt zu erläutern. 1.) In dem Artikel 'Antifaschistischer Kampf und Parteiaufbau' heißt es: 'In der Praxis sieht es nämlich so aus, daß die DKP selten allein antifaschistische Aktionen durchführt. In der Regel beteiligen sich an solchen Aktionen verschiedene antifaschistische Gruppen in Form eines taktischen Bündnisses. Allein diese Tatsache stellt bereits einen Grund dar, in ein Bündnis mit der DKP einzutreten.' Das ist falsch. Allein 'diese Tatsache' stellt überhaupt noch keinen Grund dar, ein Bündnis mit der DKP (gemeint ist die Führung) einzugehen. 'Denn dann können wir sowohl vor den anderen Gruppen unsere Linie im antifaschistischen Kampf propagieren und durchsetzen, als auch den Opportunismus der DKP entlarven'. Dazu: Unsere Linie propagieren und den Opportunismus der DKP entlarven können wir auch, oder besser noch, ohne mit der DKP ein Bündnis einzugehen. 'Diese Möglichkeit würden wir uns restlos verbauen, wenn wir mit der Forderung, antirevisionistische Losungen propagieren zu dürfen, der DKP einen Anlaß böten, entweder das Bündnis unter Protest zu verlassen oder uns zu isolieren.' Dazu: Wir bieten zur Zeit der DKP überhaupt kein Bündnis an. Folglich kann die Frage auch nicht lauten 'antirevisionistische Losungen propagieren zu dürfen'. Hier zeigt sich die Tendenz zum prinzipienlosen Zurückweichen. Keinesfalls werden wir uns auf einen Prinzipienschacher mit den DKP-Revisionisten einlassen, weil sie drohen könnten, bei einer Demonstration nicht mitzumachen.
2.) Es ist klar, daß es die KPD/ML nicht von vornherein 'prinzipiell' und für immer ablehnen kann, 'Bündnisse mit Revisionisten auf organisatorischer Ebene einzugehen'. In der Praxis des Klassenkampfes kann es vorkommen, daß wir mit allen möglichen bürgerlichen Kräften Zweckbündnisse eingehen müssen … Der Parteibeschluß, nicht so, wie im ROTEN MORGEN ausgeführt, besagt folgendes: Wir lehnen es zur Zeit, wo der Kampf gegen den Revisionismus wichtigste Bedingung und Voraussetzung zur Gewinnung der fortschrittlichsten Arbeiter ist und die KPD/ML politisch und organisatorisch noch schwach ist, ab, Bündnisangebote an die DKP-Führung zu machen. Es gibt zur Zeit auch nichts, was uns dazu zwingt."
Der Artikel "Kritik und Selbstkritik. - Die KPD/ML muß das Klassenbewußtsein der westdeutschen Arbeiterklasse entwickeln" erklärt u.a.:"
Vom April bis Juni hat die KPD/ML in die Tarifkämpfe der Chemie eingegriffen. Dabei hat sie in den meisten Fällen eine bürgerliche Politik durchgeführt. Diese Politik konnte sich um so leichter durchsetzen, als zentral eine klare Linie fehlte und auch durch den ROTEN MORGEN keine Anleitung erfolgte … Gerade der Kampf gegen den Rechtsopportunismus ist besonders wichtig, da allgemein der Rechtsopportunismus die Hauptgefahr für die Partei ist, und da auch im Zentralorgan sich eine rechtsopportunistische Tendenz zeigte. Somit ist die Untersuchung im LV Südwest ein Dokument im Kampf gegen den Rechtsopportunismus in der ganzen Partei … Der Hauptfehler war, wir haben unsere Agitation hauptsächlich auf der Grundlage des ökonomischen Kampfes entfaltet. Wir haben keine allseitigen politischen Enthüllungen gebracht, damit letztlich nur den ökonomischen Kampf unterstützt und sind so in die Gefahr geraten, zu einer besseren bürgerlichen Gewerkschaft zu werden … Die konterrevolutionären Aufgaben der Gewerkschaften haben wir nicht entlarvt: Daß die Gewerkschaften den Staat als etwas Neuatrales hinstellen und somit verschleiern, daß der Staat ein Herrschaftsinstrument der Kapitalisten ist … Die Roten Betriebsgruppen haben wir als Gewerkschaften propagiert. Wenn wir in der nächsten Tarifrunde nicht wieder in den Sack gehauen werden wollen, dann brauchen wir zum Kampf gegen Konzernherren im Betrieb eine Führung. Ohne Führung verläuft dieser Kampf im Sand. Diese Führung muß die Rote Betriebsgruppe der KPD/ML werden … Zu Beginn der Tarifrunde haben wir uns die Aufgabe gestellt, den politischen mit dem ökonomischen Kampf zu verbinden. Der Dreibund wurde entlarvt und der Kampf für den Sozialismus propagiert. Aber schon in diesem Monat hatten wir den entscheidenden Fehler gemacht. Die Verbindung von politischen und ökonomischem Kampf wurde zur Hauptseite gemacht, nicht aber, wie es richtig ist, die allseitige politische Enthüllung … So wird dann auch der ökonomische Kampf nicht mehr richtig unterstützt. In der Agitation und Propaganda wird man dann bis in den Reformismus abgleiten … Dabei wird man dann auch den Reformismus propagieren, weil man ja nur ein Ziel vor Augen hat, mit jedem Mittel einen Streik herbeizuführen … Wie entwickelt die Partei das revolutionäre Bewußtsein der Arbeiter und wie unterstützt sie den ökonomischen Kampf? Dazu muß die Partei den wissenschaftlichen Sozialismus in die Arbeiterklasse hineintragen … Dazu muß die Partei eben die allseitigen politischen Enthüllungen organisieren … Bei der Unterstützung des ökonomischen Kampfes dürfen wir uns nicht auf das Aufstellen und Propagieren von Forderungen beschränken. Sondern wir müssen die unversöhnlichen Gegensätze im ökonomischen Kampf zeigen … Wie die Beschränkung auf den ökonomischen Kampf zum Reformismus führt, so ist es Sektierertum, den ökonomischen Kampfnicht zu unterstützen. Beides müssen wir bekämpfen. Bei vielen Genossen herrscht die Theorie vor, der Lohnkampf sei der beste Ansatzpunkt zur Erziehung der Arbeiterklasse. Diese Genossen beten die Spontaneität an, weil sie glauben, die Arbeiterklasse wird durch die Erfahrung der Lohnkämpfe klassenbewußt. Dahinter steckt die Unterschätzung des bewußten Elements. Die ideologische Ursache ist unser Hochmut und unsere Überheblichkeit … Wenn wir aber glauben, der Ökonomismus sei die einzige Form des Rechtsopportunismus in der Partei, stimmt das nicht. Sondern der fehlende ideologische Kampf um die politische Linie hat auch noch zu anderen Fragen zum Rechtsopportunismus geführt. So sind das Fehlen des ideologischen Kampfes und opportunistische Auffassungen auch das Hauptaugenmerk der Entwicklung des ROTEN MORGEN seit dem letzten Herbst … So wird in dem Artikel 'Über die Verbindung von ökonomischen und politischen Kampf' kein Kampf gegen den Rechtsopportunismus im Gewande des Ökonomismus geführt … Deshalb ist es unsere Aufgabe, die korrekte marxistisch-leninistische Linie für die Verbindung von ökonomischen und politischen Kampf aufzuzeigen … einmal, um in den künftigen Lohnkämpfen wirkungsvoller den Klassenkampf entfalten zu können und zum anderen, um die rechten und 'linken' Tendenzen in den eigenen Reihen bekämpfen zu können … In dem Artikel 'politischer und ideologischer Kampf' wird so getan, als ob innerhalb der Partei alles in Ordnung sei, und nur von außerhalb die Partei in Gefahr gebracht werden kann. In Wirklichkeit sind doch die objektiven Agenten der Bourgeoisie diejenigen, welche die bürgerliche Linie in die Partei tragen, die Hauptgefahr für die Partei … Opportunisten versuchen doch immer, ihre Linie durchzusetzen, indem sie den ideologischen Kampf abblocken … Die Folge davon ist die 'Koexistenz' zweier Linien … Im Kampf um diese wichtigen und für die Revolution entscheidenden Fragen muß sich das Zentrum innerhalb der Partei herausbilden. Nur wenn dieser Kern geschaffen wird und in der Partei in den wichtigen Fragen eine Einheit auf revolutionärer Grundlage geschaffen wird, können wir erfolgreich gegen den Opportunismus innerhalb der Arbeiterbewegung kämpfen und die Einheit der Marxisten-Leninisten erringen … Wie gefährlich der Opportunismus innerhalb der Partei ist, zeigt sich gerade in der Frage des Parteiaufbaus. Der ideologische Kampf wird nicht geführt. Das Zentrum nicht planmäßig herangebildet. So entwickelt sich die Partei auch nicht planmäßig und wird so auf das Niveau der anderen ML-Organisationen herabgezogen. Und das verschleiern gerade die Genossen, die den KJVD (der KPD/ML-ZB, d.Vf.) und andere Organisationen, welche auch schon in der Theorie opportunistisch geworden sind, kritisieren, ohne aber in unserer Partei die richtige Linie zu entwickeln und durchzusetzen."
Von der Redaktionssitzung für diese Nummer berichtet der Landespresseverantwortliche NRW (vgl. 13.9.1971, 11.10.1971):"
DOLLARKRISE: Von mir nach Redaktionsschluß verfaßt, da Eg es ablehnte, ihn mit mir zusammen zu schreiben (wegen unserer unterschiedlichen Auffassung zur 2-Wege-Theorie). Eg machte den Vorschlag, den im Mai abgelehnten Frankfurter Beitrag zu drucken, obgleich ich ihm darin enthaltene revisionistische Fehler gezeigt hatte. Die Frage der Aktualität störte ihn auch nicht. Der von mir verfaßte Artikel enthielt keine Stellungnahme zur DKP. Ich bat E daher telefonisch, sie einzuarbeiten und nannte ihm Details, wie ich mir das vorstellte. Er tat es nicht, sondern hängte lediglich ein Flugblatt der LL Hamburg an, das ökonomistisch war.
VORBEUGEHAFT: Von E der Redaktion vorgelegt. Obwohl kritisiert wurde, daß die Partei zu sehr in den Mittelpunkt gerückt wird (wie bei den früheren Artikeln des Genres), blieb das auch hier erhalten.
DIE GRETCHENFRAGE. Von E.
CHINA GEGEN ATOMKOMPLOTT. Von E.
ZUR BERLIN-REGELUNG. Von E.
REVISIONISTISCHE SCHULMEISTEREI. Von E.
Der Hinweis darauf, daß der 4.Teil ZUM KAMPF ZWEIER LINIEN IN DER GEWERKSCHAFTSFRAGE aus technischen Gründen erst in der nächsten Nr. erscheinen könne, wurde von E nach Redaktionsschluß verfaßt.
WORMSER STADTVERWALTUNG - HANDLANGER DER KAPITALISTEN. Von BF verfaßt und von der Redaktion mit geringfügigen Änderungen verabschiedet.
KRITIK UND SELBSTKRITIK. Wurde von E in den RM gebracht. Der Artikel lag der Redaktion seit Juli vor. U und BF erhoben gegen diesen Artikel nach Erscheinen Einwände, da er längst zurückgezogen sei. Sie behaupteten, ihn schon während der Redaktionssitzung zurückgezogen zu haben. Diese Behauptung wurde von J (Wb) bestätigt. E dagegen bestritt sie. Ich selbst weiß nur folgendes: diskutiert worden war in meiner Gegenwart (ich war später erschienen) ein Artikel von BF über Ökonomismus. Dieser Artikel war nicht ausdiskutiert worden und wurde von mir nach Weggang der SW-Redakteure, als eine Entscheidung gefällt werden sollte, in Zweifel gezogen. Insbesondere Passagen, daß der RM keine politischen Enthüllungen gebracht habe, entsprach nicht den Tatsachen. Anwesend waren bei der erneuten Verlesung A und M (Layouter und Setzer, die beide heute zur Hamburger Opposition zählen), sie erhoben Einwände, daß der Artikel nicht vom Parteistandpunkt aus geschrieben sei. Ich hielt es für erforderlich, daß er mit den Genossen aus SW erneut diskutiert würde. Damit aber war der RM nicht gefüllt. E bewahrte in seinem Manuskriptberg den gedruckten Artikel, las ihn erfreut vor, wir entdeckten nichts Falsches, und damit war er beschlossen.
BÜNDNIS MIT DER DKP? Nach Redaktionsschluß, laut Auskunft von E vom ZK verfaßt.
TARIFRUNDE 71 - RUHE AN DER HEIMATFRONT. Von U (SW) verfaßt, von mir überarbeitet.
DAS BLUTBAD VON ATTICA: FRATZE DES USA-FASCHISMUS. Von E nach Redaktionsschluß.
POLIZEIAKTION NACH FEIERABEND. Arbeiterkorrespondenz, von mir überarbeitet.
WIEDER UNRUHEN IN POLEN? Von E.
Die KRITIK UND SELBSTKRITIK löste seitens der Redakteure aus SW erheblichen Protest aus, da sie längst nicht mehr dem Diskussionsstand entspräche. Einige Idealismen wie die Bezeichnung von Hochmut als Ursache für Abweichungen usw. waren insbesondere anstoßerregend. Ich unterstützte zunächst den Artikel, weil hier erstmals die Frage subjektiv/objektiv klar gelöst war, wurde jedoch durch den massiven Sturmlauf der Verfasser verunsichert. In NRW hieß es: 'Politik der harten Schläge', die in der Äußerung 'bürgerliche Politik' zum Ausdruck komme. Deswegen wurde hier der Artikel abgelehnt. Ich mußte Selbstkritik üben, weil ich das überlesen hatte. Der Theorie: hier werden Widersprüche im Volk antagonistisch hochstilisiert, konnte ich nichts entgegenhalten. Mein Verhältnis zu diesem Artikel blieb ambivalent."
Q: KPD/ML-ZK-LPV NRW: Bericht des LPV NRW (K) und RM-Redkoll-Mitglied über seine Tätigkeit im RM-Redkoll von Dezember 1970 bis November 1971, o.O. o.J., S. 10f; Roter Morgen Nr. 10, Hamburg 27.9.1971