Kommunismus und Klassenkampf, Jg. 7, Nr. 9, September 1979

September 1979:
Die Nr. 9 von "Kommunismus und Klassenkampf" erscheint.
Artikel der Ausgabe sind:
- "Kohle als Basis, geschmälert, aber ausbaufähig"
- "Noch immer hat der Imperialismus die Kaffeeproduktion im Griff"
- "Tarif- und Effektivlohn in der Stahlindustrie seit 1954"
- "Wir müssen noch die Verbindungswege des Feindes zerstören und ihn in den Städten vernichten'. Interview der Kommunistischen Volkszeitung mit Genossen Robert Mugabe, Prasident der ZANU"
- "Kommunalverfassung seit 1945: Finanzhaushalt, Schulden, Steueraufkommen - Stadt Mannheim"
- "200 Jahre Gemeinde. Einschränkung der Finanzhoheit, Verschuldung und Staatsaufsicht-Stadt Köln"
- "Programmatik der bürgerlichen Parteien in den Kommunalwahlen"
- "Ohne revolutionäres Programm verfällt die Kommunalpolitik in Reformismus"
- "Befreiung von der Arbeit als Programm. Herbert Marcuse, Ziehvater des politischen Opportunismus in der demokratischen Bewegung"
- "Zurück zu den 'ursprünglichen Errungenschaften' des liberalen Bürgertums. Die 'Osteuropa-Solidaritat' kann sich auf den Liberalismus der Charta '77 stützen"
- "Solange der Widerstand in der DDR liberal bleibt, wird er von der westdeutschen Bourgeoisie gehätschelt. Stefan Heym: Collin"
- "Angespannte Arbeit und Entfaltung der proletarischen Demokratie. Der Kurs der 2. Tagung des V. Nationalen Volkskongresses der VR China"
- " … dann werden unsere Partei und unser Staat die Farbe wechseln. Kampf gegen Bürokratismus und Kaderprivilegien"
- "Wirtschaftspolitische Debatte in der Volksrepublik China"
- "Theoretische Probleme der Koordinierung von Planwirtschaft und Marktwirtschaft im Sozialismus"
- "Über einige theoretische Fragen des Wertgesetzes"
- "Geschichte der Lohnabzüge VI. Arbeitslosenversicherung"

Eingangs wird u. a. zur allgemeinen Wehrpflicht Stellung bezogen, wozu es u. a. heißt: "Ohne allgemeine Wehrpflicht kommt die Bourgeoisie nicht aus und mit der allgemeinen Wehrpflicht wird sie nicht recht glücklich. Allgemeine Wehrpflicht heißt immerhin, dass die unterdrückten Volksmassen Unterricht an den Waffen erhalten, mit denen sie in Schach gehalten werden sollen. Allgemeine Wehrpflicht ist für die Bourgeoisie, mit gewisser idyllischer Ausnahme der Schweiz, deshalb nur akzeptabel als Zwangseinzug zum stehenden, kasernierten Heer, durch das die Wehrpflichtigen auf Jahre von den Volksmassen getrennt werden und den Schikanen des bürgerlichen Offiziersapparates ausgeliefert sind. Obwohl die Wehrpflichtigen durch die Einziehung zum stehenden Heer aller wesentlichen gewerkschaftlichen und politischen Freiheiten beraubt sind, ist sich die Bourgeoisie des Wehrpflichtigenheeres doch nie ganz sicher. Einerseits behalt sie sich den Zugriff auf die Wehrpflichtigen allgemein vor, andererseits haben diese Wehrpflichtigen noch nicht mal das unveräußerliche Recht, tatsächlich an der Waffe ausgebildet zu werden.

Schon öfters sind widerspenstige Soldaten, die den Kampf der revolutionären Arbeiterklasse in den Kasernen fortsetzen, aus der Armee geworfen worden und konnten ihre Wiederaufnahme auch nicht durch Gerichtsurteil erzwingen. So allgemein die Wehrpflicht ist, so geschlossen soll das stehende Heer gegen die Interessen der Volksmassen gehalten werden. Wenn die Bourgeoisie die Möglichkeit sieht, versucht sie das Wehrpflichtigenheer durch ein freiwilliges Berufsheer zu ersetzen, das sie schon von der Zusammensetzung her besser unter Kontrolle halten und beliebiger einsetzen kann als ein Wehrpflichtigenheer.

So gingen die USA, nachdem im Aggressionskrieg gegen Vietnam, Laos und Kampuchea nicht nur die Desertionsrate laufend gestiegen war, sondern gar nicht so selten besonders üble Leuteschinder von Gls erschossen worden waren, zum Freiwilligenheer über. Die englische Bourgeoisie hat sowieso nur in Ausnahmefällen zur allgemeinen Wehrpflicht gegriffen. Ihre Kolonialkriege hat sie immer mit der Berufsarmee geschlagen. Sofort aber taucht bei bürgerlichen Freiwilligenheeren das Problem auf, dass Freiwillige nur schwer anzulocken sind. Um das Reservoir zu erweitern, greifen die englischen und amerikanischen Bourgeois auf die Frauen zurück. Damit schlagen sie zwei Fliegen mit einer Klappe. Sie kommen eher mit einem Berufsheer von Freiwilligen aus, ohne auf die allgemeine Wehrpflicht zurückgreifen zu müssen. Halten sie letzteres aber für notwendig, dann können sie die-Wehrpflicht um so leichter auf die gesamte Bevölkerung ausdehnen, Männer und Frauen ihr unterwerfen, nachdem erst mal der Dienst von Frauen in der imperialistischen Armee gang und gäbe geworden ist. Es ist nur logisch, daß in den Köpfen der westdeutschen Bourgeois immer wieder entsprechende Gedanken auftauchen.

Es wird über die Umwandlung der Bundeswehr in ein Freiwilligenberufsheer nachgedacht, wie umgekehrt mit der Ausdehnung der Wehrpflicht auf die gesamte Bevölkerung geliebäugelt wird. Für's erste besonders elegant könnte sein, den Charakter der Bun deswehr als Wehrpflichtigenheer zu untergraben und den Anteil der freiwilligen Berufssoldaten durch Rückgriff auf das Reservoir von Frauen aufzustocken. Schlecht genug sind die Ausbildungsmöglichkeiten der Frauen aus dem Volk und die Arbeitslosigkeit trifft die lohnabhängigen Frauen besonders hart. Da müßte doch was zu machen sein. Aber das Thema ist brisant. Wie in anderen Fällen auch, stellt sich die Zahlenspielerei mit starken und schwachen Jahrgängen als nützliche ideologische Waffe heraus …

Jedenfalls taten die Bourgeoispolitiker alles, um die Debatte auf den Freiwilligendienst für Frauen einzuschränken, was ihnen passen könnte: das Freiwilligenreservoir wäre erweitert und der Charakter des Wehrpflichtheers wäre untergraben. Der Gedanke ist natürlich naheliegend, und der Spiegel schlägt sich verschämt für ihn in die Bresche. Lösungsmöglichkeiten, um die Lücke durch die geburtenschwachen Jahrgänge zu schließen, gäbe es mannigfach, z.B. die Verlängerung der Dienstzeit von 15 auf 18 Monate …

Blamiert hat sich in der ganzen Angelegenheit bloß die 'Linke' und vorneweg der 'Arbeiterkampf'. Zusammen mit anderen 'Hamburger Frauen' will er zum Antikriegstag das Thema 'Frauen zur Bundeswehr? Nein danke!' diskutieren. Es ist ziemlich einfältig, den bürgerlichen Politikern dorthin zu folgen, wohin sie einen mit ihrer Schnitzeljagd locken wollen, und eine neue Seite in der Debatte der 'Frauenfrage' aufzuschlagen. Was es zu verteidigen gilt für die Arbeiterbewegung, ja was es in Wahrheit erst zu erobern gilt, ist das Recht auf Ausbildung an der Waffe …

Die lohnabhängigen Frauen sind eine gewaltige Reserve in diesem Kampf. Strauß weiß, warum er von 'grobem Unfug' spricht. Die bürgerlichen Politiker versuchen, mit ihren Freiwilligenmodellen umgekehrt aus den Frauen Reserven für ihren Kampf gegen die Arbeiterbewegung zu gewinnen. Was die Arbeiterbewegung an der Bundeswehr interessiert, ist die allgemeine Wehrpflicht. Will sie die Bourgeoisie verallgemeinern, dann muss man das zum Kampf gegen die Bourgeoisie nutzen. Will sie die allgemeine Wehrpflicht einschränken und Schritte zu einem freiwilligen Berufsheer hin machen, muss man das verhindern …"

Geworben wird für den Buchvertrieb Hager, u. a. für: "Marx: "Kritik des Gothaer Programms", W. I. Lenin: "Die große initiative", Mao: "Ausgewählte Werke, Bd. V", Wolfgangs Langhoff: "Die Moorsoldaten".
Q: KBW: Kommunismus und Klassenkampf, Jg. 7, Nr. 9, Frankfurt/M., September 1979.

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