Kommunistischer Bund Westdeutschland - Rundbrief des Zentralkomitees, Jg. 1, 24. Aug. 1973

24.08.1973:
Der Ständige Ausschuß (StA) des ZK des KBW richtet einen "Rundbrief an die Ortsgruppen (befreundeten Organisationen zur Kenntnis)" (vgl. 16.8.1973, 31.8.1973) mit einer Seite DIN A 4:"
Genossen,
über die Streikbewegung in NRW haben wir bis jetzt nur diejenigen Informationen, die aus der bürgerlichen Presse zu entnehmen waren. Unsere Dortmunder Genossen geben sich große Mühe, Material zusammentragen, sind aber durch die Urlaubszeit noch geschwächt und ertrinken in der Arbeit. Sie bitten darum, daß möglichst nicht jede Ortsgruppe dort anruft, was zusätzlich Zeit kostet. Die Genossen werden uns Bescheid geben, wenn sie mehr erfahren und wir geben es dann sofort weiter.

Unmittelbaren Einfluß haben wir wohl auf keinen der Streiks. Vom Ganng der Dinge bei Opel (IGM-Bereich in Bochum, d.Vf.) werden wir jedoch genaue Informationen bekommen.

Insgesamt bestätigt die Streikwelle unsere ZK-Thesen. Bemerkenswert ist, daß bei aller Unterschiedlichkeit der Forderungshöhe und obwohl nach wie vor häufig auch betriebsspezifische Forderungen eine Rolle spielen (z.B. die Lohngruppeneinstufung in Neuss (bei Pierburg - IGM-Bereich, d.Vf.)) sich als einheitliche Parole überall das Schlagwort vom Teuerungszuschlag (TZL, d.Vf.) durchsetzt. In unsere Agitation sollten wir es unbedingt aufnehmen.

Die Breite der Bewegung, die in einigen Betrieben erzielten Erfolge und die bei Unternehmern und Gewerkschaftsführern erkennbare Furcht, die Bewegung aus der Hand zu verlieren, lassen es wahrscheinlich erscheinen, daß sehr schnell schon Verhandlungen über außertarifliche Zuschläge stattfinden. Wir unterstützen grundsätzlich das Zustandekommen einer einheitlichen Regelung für die gesamte metallverarbeitende Industrie, dringen dabei aber umso entschiedener auf eine Vorweganhebung der Tarife, bzw. solange noch gar nichts offiziell läuft fordern wir die vorzeitige Kündigung der Tarifverträge.

Die Streikbewegung ist im Moment noch weitgehend beschränkt auf NRW und hat ihren Schwerpunkt in der Metallverarbeitung. Die Forderung nach einem Teuerungszuschlag erlaubt uns, auch in anderen Industrien aufzutreten und die Bewegung auszuweiten. Hauptaufgabe der einzelnen Ortsgruppen ist gegenwärtig eine möglichst breite Information über die Streikbewegung durch Flugblätter. Dabei ist es durchaus ausreichend, wenn man das Material zusammenträgt, das täglich in den Zeitungen zu finden ist. Daneben müssen die Flugblätter knapp die Argumentation für die Teuerungszuschlag führen und die Stabilitätsargumente von Bundesregierung und Unternehmern zurückweisen. Inwieweit es möglich ist, darüber hinauszugehen und besondere betriebliche Bewegungen aufzugreifen, das muß jeweils am Ort untersucht werden. Insgesamt ist wohl damit zu rechnen, daß diejenigen Betriebe, in denen es vor dem Urlaub gelungen ist, Zulagen zu erkämpfen oder auszuhandeln im Augenblick nicht in die Bewegung eingreifen werden. Das heißt aber nicht, daß breite Information über die Kämpfe dort unnötig wäre.

Bei Bewegungen an Euren Orten oder in der unmittelbaren Nähe bitten wir darum, sofort und ohne Nachfrage unsererseits benachrichtigt zu werden. Wir erinnern noch einmal daran, daß Redaktionsschluß für die KVZ am 5.9. ist."

Kritisiert wird dieser Rundbrief vom Sekretär des StA des ZK (vgl. 15.9.1973).
Q: KBW-N.N. (StA-Sekretär): Überprüfung der Beschlüsse, o.O. O. J. (Sept. 1973), S. 3ff; KBW-ZK-StA: Rundbrief, o.O. 24.8.1973

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