Kommunistischer Nachrichtendienst der KPD/ML und des KJVD, Jg. 1, Nr. 42, 17. Okt. 1970 [fehlt]

17.10.1970:
Die Nr. 42 des 'KND' (vgl. 14.10.1970, 21.10.1970) der KPD/ML-ZB, die nur 8 Seiten, dafür aber das Inhaltsverzeichnis der Nummern 1 bis 40 enthält, widmet sich unter der Schlagzeile "Kampf der Zusammenarbeit von rechten Gewerkschaftsführern und SPD!" der Metalltarifrunde (MTR), die in NRW noch in vollem Gange ist (vgl. 13.10.1970, 20.10.1970) während es in Nordwürttemberg-Nordbaden dem Schlichter, dem SPD-Landtagsvizepräsidenten Veith, gelungen sei einen Einigungsvorschlag von 12% Lohnerhöhung und Erhöhung der Leistungszulagen um 16% durchzubringen.

In Unterweser habe die IG Metall stattdessen erklärt die Verhandlungen seien gescheitert. Zum Schlichter wurde der ehemalige Bürgermeister von Hamburg Nevermann (SPD) bestimmt.

In Bayern kam es in den letzten Tagen (vgl. 9.10.1970, 12.10.1970) zu Streiks und einer Unterbrechung der Verhandlungen (vgl. 13.10.1970).

Die DKP habe ihre Position vom 3.10., daß der 10%-Abschluß in Hessen (vgl. 27.9.1970) ein Erfolg gewesen sei nun korrigieren müssen und versuche sich mit Übermittlungsfehlern rauszureden, wonach sie nicht hätten schreiben wollen, daß die Unternehmerfront dadurch aufgebrochen wäre, sondern die Arbeitnehmerfront. Dieser Argumentation aber schenkt zumindest die KPD/ML-ZB keinen Glauben, sie vermutet eher, das der Druck der Basis die DKP-Führung zu einer Linienkorrektur bewogen hat.

Für die Tarifrunde im ÖD würden schon jetzt alle Vorbereitungen getroffen, um die Lohnerhöhung niedrig zu halten. Der Vorsitzende des Verkehrsausschusses des Bundestages, Apel (SPD), habe bereits erklärt, daß die künftigen Lohnerhöhungen bei der Bahn auch eine Anhebung der Preise nötig machten. Weiterhin habe er auf die Notwendigkeit einer Autobahngebühr zur Finanzierung des Straßenbaus hingewiesen. "Mit solchen Steuererhöhungen auf Teilgebieten statt genereller Steuererhöhungen bereiten die SPD-Verräter die Angriffe auf die Arbeiterklasse weiter vor und behaupten doch weiter, 'bis 1973 die Steuerlastquote von 24% nicht zu erhöhen' (Apel)."

Die SPD veranstaltete ihre erste Bundesarbeitnehmerkonferenz (vgl. 10.10.1970), bei VW wurde eine Betriebsvereinbarung abgeschlossen über die Freistellung aller Betriebsräte, die Höhe des Gehalts des 1. Betriebsratsvorsitzenden (2 395 DM) und die Gewährung eines Arbeitsplatzes als Meister für abgewählte Betriebsräte. Auch der von Arbeitsminister Anfang Oktober vorgelegte BVG-Entwurf befaßt sich u.a. mit den Betriebsräten, deren Amtszeit bis 1972 verlängert werden solle, um die Wahl von Betriebsräten, "die sich wirklich für die Kollegen einsetzen" hinauszuschieben. Der DGB habe dem inzwischen zugestimmt.

In "FDP - Vorreiter der SPD-Politik" heißt es:"
Auch nach dem Austritt der reaktionärsten Vertreter der FDP (bzw. der ersten drei von ihnen) behält die Rest-FDP weiter die Funktion, die arbeiterfeindliche Politik der SPD zu verbergen. Dies bekräftigten jetzt noch einmal FDP-Fraktionsvorsitzender Mischnick und FDP-Abgeordneter Ollesch nach dem demagogischen Hinweis von DGB-Vetter, jetzt könnten ja alle gesellschaftspolitischen Themen angepackt werden, bei denen die FDP bisher nicht mitgemacht habe. Mischnick erklärte, die FDP habe nicht die Koalition mit der SPD geschlossen, um irgendeine Gruppe, oder Organisation, auch nicht den DGB, zu privilegieren. Wesentlich sei, daß gegenüber den Anliegen von einzelnen Gruppen der Gesellschaft die 'Gesamtheit berücksichtigt' werde, und Ollesch ergänzte, daß sich die Koalition mit der SPD gerade deshalb bewährt habe, weil 'Sonderinteressen den allgemeinen Anliegen untergeordnet wurden" - das heißt, die Forderungen Arbeiterklasse den Interessen des Monopolkapitals. Auch Landwirtschaftsminister Ertl hat noch einmal seine Zugehörigkeit zu den Reaktionären bekräftigt: Auf einer Wahlreise in Bayern bezeichnete er sich als 'Nationalliberalen außerhalb der NLA' und bekräftigte, diesen Kurs auch in der FDP beizubehalten."

Aus Schleswig-Holstein wird von den über 2 000 Protestbriefen von Bauern an die Bundesregierung gegen die sinkenden Erzeugerpreise berichtet. An der Westküste wurde eine Aktionsgemeinschaft Lastenausgleich gegründet, die sämtliche Aufforderungsschreiben zur Rückzahlung von fälligen oder rückständigen Lastenausgleichszahlungen an die Finanzämter zurückgeschickt habe. Eine bundesweite Bauerndemonstration ist für den 8.11.1970 in Bonn angesagt.

Aus NRW wird über Streiks in Oberhausen (vgl. 12.10.1970) und Essen (vgl. 13.10.1970) berichtet. Das Finanzministerium veröffentlichte eine Übersicht über die von Januar bis September gezahlten Steuern, die gegenüber dem Vorjahr um 9, 3% gestiegen sind. Davon habe die werktätige Bevölkerung 36, 9% mehr gezahlt, während die Einkommenssteuer um 7% und die Körperschaftssteuer gar um 13% gesunken sei.

Aus Frankfurt wird über den Kampf der Betriebsgruppe Hoechst der KPD/ML-ZB ('Der Rotwerker') gegen die fristlose Entlassung eines Kollegen berichtet, der "sich gegen die dauernden Schikanen seines Vorgesetzten wehrte und sich solidarisch für die Interessen der Kollegen einsetzte: Kollege Tischer forderte, daß die Lehrlinge nicht als Brot- und Zigarettenholer eingesetzt würden und machte den Lehrlingen ihre besondere Ausbeutungssituation klar. Er wehrte sich dagegen, daß die ausländischen Kolleginnen, die als Spülerinnen bei Hoechst arbeiten, von den 'Akademikern' wie der letzte Dreck behandelt wurden." Nach einem Artikel des 'Rotwerkers' gegen die Entlassung, der auch aufdeckte, wie der Betriebsrat dem Kollegen in den Rücken fiel, habe der Betriebsrat von dem Kollegen eine Distanzierung von der Betriebszeitung verlangt, da darin einer der 'besten Mitarbeiter', der Vorgesetzte Tischers, öffentlich angegriffen wurde. Auch die DKPler und der Funktionär der IG Chemie (CPK) Nebenstelle hätten dem Kollegen geraten ruhig zu sein und 'um gut Wetter zu bitten'. Über die betreffende Ausgabe des 'Rotwerkers' wird ausgeführt:"
Die Zeitung wurde von den Kollegen sehr gut aufgenommen. Die Kollegen diskutierten in mehreren Abteilungen fast den ganzen Morgen über diesen Fall und solidarisierten sich mit dem Kollegen".
Weitere Berichte aus Hessen widmen sich Betriebsstillegungen in Bad Hersfeld (vgl. 31.10.1970) und in Zwingenberg Kreis Bergstraße (vgl. 19.6.1969, Juni 1970).

Zu Jugoslawien wird festgestellt:"
Die Imperialisten der westlichen Länder bemühen sich in letzter Zeit verstärkt um gute Kontakte zu Jugoslawien. So begab sich Nixon während seiner Europa-Reise auch als erster US-Präsident persönlich zu Tito, um mit ihm längere Gespräche zu führen. Dem Chef des aggressiven US-Imperialismus ging es bei seinem Besuch hauptsächlich darum, ihren Konkurrenten, den SU-Sozialimperialisten gerade in der Zeit der heftigsten Kämpfe in Nahost zu demonstrieren, daß die USA Jugoslawien als nicht zum Einflußbereich der Revisionisten zugehörig zählen." (vgl. 11.10.1970). Nachdem Mitte September eine SPD-Delegation mit Herbert Wehner in Jugoslawien war, besuchte Tito Anfang dieser Woche den Bundeskanzler in Bonn:"
Dabei ging es Brandt vor allem um die Unterstützung Titos für die aggressive 'neue Ostpolitik' der Bundesregierung. Auch die Unterstützung der US-Imperialisten bei der Zerschlagung des palästinensischen Widerstands stand mit auf der Tagesordnung. … In dieser Woche sollen zwischen der Bundesregierung, der Bundesbank und der jugoslawischen Regierung Gespräche stattfinden. Der jugoslawische Präsident hat deutlich gemacht, daß es ihm vor allem darum geht, mehr Produktionsstätten der BRD-Monopole nach Jugoslawien zu locken, die dort das jugoslawische Volk ausbeuten sollen. Tito ist bereit, den BRD-Monopolen günstige Bedingungen zu bieten, damit diese in größerem Umfang als bisher Produktionsstätten in Jugoslawien errichten. Um diese Bedingungen auszukundschaften, begab sich vor einigen Tagen der Vorsitzende der Deutschen Bank Abs nach Jugoslawien. … Diese Aktivitäten können die Sowjet-Revisionisten nicht einfach geschehen lassen. So verstärken auch sie ihre Besuche in Jugoslawien, um den US- und BRD-Imperialisten ebenfalls ihren Anspruch auf Jugoslawien zu demonstrieren."
Hierbei handelt es sich um verschiedene Unternehmen. "Der wichtigste Besuch ist jedoch der von SU-Verteidigungsminister Gretschko. Gretschko mußte mit seinem Besuch in Jugoslawien warten, da Nixon von den Jugoslawen bevorzugt abgefertigt wurde."

Aus dem Nahen Osten wird über die US-Waffenlieferungen an die jordanische Feudalklasse berichtet. Dies scheint auch nötig, denn:"
Sowohl die zentristischen Gruppen der Organisationen um Arafat, als auch die marxistisch-leninistischen Gruppen der FDPLP sind auf neue Kämpfe vorbereitet. Arafat erklärte in einem Zeitungsinterview, die Guerillas würden den Kampf gegen die Feudalklasse sofort wieder aufnehmen, falls dies notwendig würde. Der Chef des ZK der FDPLP, Hawatmeh, erläuterte die Position der Marxisten-Leninisten. Er erklärte daß die Organisationen des palästinensisch-jordanischen Volkes einen Fehler begangen hätten, als sie sich in einen konventionellen Krieg mit der Armee der Feudalklasse eingelassen hätten. Die jordanischen und palästinensischen Marxisten-Leninisten würden das in Kairo zwischen der Feudalklasse und Arafat geschlossene Abkommen nur dann respektieren, wenn eine Volksregierung eingesetzt werden würde. Derzeit seien aber noch die Männer an der Macht, die die Verantwortung für die Massaker trügen. Die Guerillakämpfer werden die Städte verlassen, aber ihre Waffen den Milizen der Bauern und Arbeiter übergeben, die nur mit der Waffe in der Hand ihre Rechte verteidigen könnten. Hawatmeh erklärte weiter, daß es die Absicht der herrschenden Feudalklasse sei 'die Fedayin zwischen dem Hammer der israelischen Militärmacht und dem Amboß der feudalen Streitkräfte zu zerschmettern'."

Aus Großbritannien wird über den, sich seit 3 Wochen ständig ausdehnenden, Streik der Gemeindearbeiter berichtet. Anfang dieser Woche habe sich die Zahl der Streikenden auf 60 000 (von 770 000) erhöht. Verlangt werde eine Lohnerhöhung um ca. 20%, angeboten worden seien bisher 14%:"
Die Regierung Heath, die großmäulig den Einsatz von Truppen angekündigt hatte, wagt angesichts der entschlossenen Kampfbereitschaft der Streikenden und der Solidarität in den anderen Wirtschaftszweigen keinen Truppeneinsatz."

Für die nächste Woche wird das Erscheinen der ersten Nr. von 'Praxis' angekündigt, die den Titel 'Die Kapitalisten schlagen immer härter zu!' trägt. Die zweite Nummer soll über die SPD-Kampagne berichten. Allerdings soll Praxis nun nicht mehr, wie im 'KND' Nr. 11 vom 2.7.1970 angekündigt, sämtliche Flugblätter und Betriebszeitungen enthalten, da dies mittlerweile wohl die Herausgabe eines dickeren Buches bedeuten würde. Nun wird 'Praxis' zunächst nur vom LV NRW herausgegeben und enthält auch nur Beispiele aus diesem Landesverband.
Q: Kommunistischer Nachrichtendienst Nr. 42, Bochum 17.10.1970