Kommunistischer Nachrichtendienst der KPD/ML und des KJVD, Jg. 1, Nr. 41, 14. Okt. 1970 [fehlt]
14.10.1970:
Die Nr. 41 des 'KND' (vgl. 10.10.1970, 17.10.1970) der KPD/ML-ZB behandelt auf der ersten ihrer 12 Seiten ausnahmsweise einmal nicht die Metalltarifrunde (MTR) sondern bringt einen Artikel "NLA - Krise der bürgerlichen Parteien", der zu dem Schluß kommt, daß NLA, NPD und CSU eine Zusammenarbeit vorbereiten.
"Jetzt benutzten die FDP-Funktionäre den Mißbilligungsantrag gegen Möller, um sich einen demonstrativen Abgang zu verschaffen aus einer Partei, die ihre soziale Basis weitgehend verloren hat und von der Bourgeoisie nur noch kurzfristig gestützt wird, solange sie ihre Funktion als Vorreiter der arbeiterfeindlichen Politik der SPD erfüllen kann." Jetzt "bleiben in der FDP im wesentlichen noch die Leute, die gegenwärtig einen guten Posten haben und diesen nicht verlieren wollen (…) und Kulturpolitiker ohne ökonomische Basis wie Hamm-Brücher (…). Mit der Auflösung der FDP zeigt sich die Verschärfung des politischen Drucks der Monopolbourgeoisie: Die mittlere und Kleinbourgeoisie ist jetzt weitgehend ohne politische Vertretung. Diese soziale Basis versuchen CDU und SPD für sich zu gewinnen: Von der CDU wurde Mende der Wahlkreis Marburg angeboten: Im Raum Marburg-Kassel-Gießen hatte die FDP bisher eine starke Anhängerschaft unter den Landwirten auf mittleren und größeren Höfen, unter den Gewerbetreibenden und höheren Angestellten: Diesen 'rechten Flügel der FDP' soll Mende jetzt für die Monopolistenpartei CDU anwerben. … Durch den Austritt von Zoglmann, Mende und Starke hat jetzt die CDU/CSU die Mehrheit in allen wichtigen Bundestagsausschüssen, insgesamt in 10 von 19 Ausschüssen".
Berichtet wird von der letzten Sitzung der 'Konzertierten Aktion' (vgl. 9.10.1970), sowie von der Metallrunde (MTR), wo in NRW ein Schiedsspruch über 10% gefällt wurde, dem allerdings die Vertreter der IGM in der Schiedsstelle nicht zustimmten (vgl. 13.10.1970). Für die Stahlwerke Peine-Salzgitter hätten die 'IGM-Verräter' einer Anhebung des Ecklohns um 49 Pf. (gleich 10%) und einer Erhöhung der Leistungszulage für Zeitlöhner auf 12% zugestimmt. Im nordwestlichen Niedersachsen stimmt die IGM in einer Teileinigung einer Anhebung der Ecklöhne um 31 Pf. zu, nachdem sie zuvor 68 Pf. und eine Gehälteranhebung um 100 DM in Cuxhaven und 122 DM in Wilhelmshaven gefordert hatte. Für die Bremer Metall-Lehrlinge sei die Regelung des IGM-Bezirks Hamburg (vgl. 28.8.1970) übernommen worden. Für die Eisen- und Stahlindustrie in NRW wurde folgende Regelung angenommen. Die Lehrlinge des 1. Lehrjahres, die unter dem 18. Lebensjahr mit der Ausbildung begannen erhalten 190 DM (über 18: 230), des zweiten 220 (260), des dritten 260 (300) und des vierten 310 (350). Berichtet wird auch aus den Tarifgebieten Saarland (vgl. 9.10.1970), Südwürttemberg-Hohenzollern (vgl. 16.10.1970) und Bayern (vgl. 9.10.1970).
Aus Berlin berichtet der KJVD über Lehrlingsversammlungen bei AEG und bei Bosch, die die Lehrlingstarifrunde zum Thema hatten. Dort fordert die IGM u.a. 20 bis 85% des Facharbeiterecklohnes, gestaffelt nach Lehrhalbjahren und ein 13. Monatsgehalt. Auch auf der zentralen Jugendversammlung für Berlin habe sich eine große Kampfbereitschaft gezeigt:"
Die Lehrlinge und Jungarbeiter ließen sich von den beschwichtigenden Worten des Jugendsekretärs der IGM nicht täuschen und wiesen seine Äußerung, daß er sich auch mit einem Angebot der Kapitalisten von 15% im 1.Lehrjahr zufrieden geben würde, scharf zurück. Den Lehrlingen war klar, daß die Forderungen der Gewerkschaft nur Minimalforderungen sind, hinter die man nicht zurückgehen dürfte. Eine Resolution wurde angenommen, in der noch einmal gefordert wird, die gewerkschaftlichen Forderungen voll durchzusetzen."
Zu den Arbeitslosen wird bemerkt:"
Die Verlagerung der industriellen Reservearmee zu den weiblichen Beschäftigten ist deutlich." und "Die Zahl der in der BRD arbeitenden ausländischen Arbeiter nahm in den letzten drei Monaten noch einmal um 6% zu und erreichte fast 2 Millionen. Damit ist die höchste Zahl an ausländischen Arbeitern erreicht, die die Kapitalisten je in der BRD zur Verfügung hatten um sie nach Belieben als Reservearmee in der Krise wieder schnell nach Hause schicken zu können."
Berichtet wird auch vom Tarifabschluß (13, 5%) bei der deutschen Shell und den Benzin- und Heizölpreiserhöhungen.
In "Versteckter Lohnraub" wird auf die Preiserhöhungen eingegangen:"
Der 'Bund der Steuerzahler' ist in einer Untersuchung zu entlarvenden Ergebnissen gekommen. Über die sogenannte Verbrauchersteuer treibt der Staat jährlich zig-Milliarden DM ein, mit denen er den Monopolkapitalisten Investitionshilfen finanziert, die Infrastrukturinvestitionen nach den Bedürfnissen der Monopole vornimmt, seinen Gewaltapparat perfektioniert und einen Ausweg aus seiner ständigen Verschuldung sucht. … Auch von diesem raffinierten Diebstahl muß die Arbeiterklasse unterrichtet werden."
Zur "Altersversorgung in Kleinbetrieben" wird festgestellt:"
Die Klein- und Mittelbetriebe versuchen, ihren Konkurrenzkampf mit der Großindustrie auf dem Rücken der Arbeiter auszutragen. So hat der Zentralverband des Deutschen Handwerks jetzt seinen Mitglieder empfohlen, verstärkt die innerbetriebliche Altersversorgung auszubauen. Die Kleinkapitalisten sollen für die Arbeiter Direktversicherungen abschließen. Hierdurch können sie ihre Kosten drücken. Bei der nächsten Lohnerhöhung werden sie nämlich mit dem Abschluß der Versicherung argumentieren. … Für die Kapitalisten ist der Abschluß von Rentenversicherungen billiger als eine gleichartige Lohnerhöhung: Sowohl die Sozialabgaben für den höheren Lohn entfallen; auch können die Kapitalisten mit dieser 'sozialen' Leistung weitere Steuern einsparen. Außerdem wollen die Kapitalisten mit dem Geld, was sich in der innerbetrieblichen Rentenkasse ansammelt, wirtschaften, um die fehlende Kapitalbasis der Klein- und Mittelbetriebe etwas auszugleichen."
Zum Kapitalmarkt der 'BRD' wird bemerkt:"
Um die Geldmittel des westdeutschen Finanzmarktes tobt ein scharfer Konkurrenzkampf. Ein weiteres Mal hat für dieses Jahr die Privatindustrie die Mittel bis zum 9. Nov. an sich gerafft und kein Geld für die 'Bildungsanleihe' der SPD-Regierung übergelassen."
Zur Konjunkturdebatte im Bundestag heißt es u.a.:"
Die bevorstehende Krise wird von der SPD-Regierung verharmlost und die Umschwungbewegung als Übergang zur Stabilität und zum Gleichgewicht bezeichnet. Die 'Beruhigungstendenzen' weist die Bundesregierung auf die 'große Anfrage' der CDU/CSU bei den Auftragseingängen und bei dem Zurückgang des Anstiegs des Preisindexes nach. So sei der Lebenshaltungskostenindex 'nur noch' um 3, 6% gesteigen. Die SPD-Regierung weist in ihrer Antwort auf die CDU/CSU auf zwei Bereiche hin, die für die Zukunft der Konjunktur von Bedeutung sein werden: die Lohnpolitik und die Finanzierung der Reformvorhaben. Sie erwartet 'stabilitätskonforme' Maßnahmen der 'autonomen Gruppen'. Das heißt aber nichts anderes, als daß die Löhne nur noch geringfügig steigen sollen, da Produktivität und Profiterwartungen der Kapitalisten sowieso zurückgehen."
Aus Münster wird über das Erscheinen der Nr. 1 des 'Roten Basalan Arbeiters' in dem Steinwollebetrieb Basalan berichtet:"
Der 'Rote Basalanarbeiter' jagte den rechten Gewerkschaftsbossen einen gewaltigen Schrecken ein. Sie starteten sofort wütende Angriffe: Ein SPD-Betriebsratsmitglied schimpfte die Verteiler als Paviane und verlangte von den Kapitalisten die Entlassung der Kollegen, die seiner Meinung nach an der Betriebszeitung mitarbeiteten. Er hatte es besonders nötig, gegen die Zeitung der KPD/ML zu hetzen, weil darin seine Machenschaften entlarvt wurden, sich in Worten einzusetzen für die Kollegen, in Taten aber Aufpasser und Antreiber der Kollegen zu sein."
In einem Bericht über die Aktionen von Offenbacher Betriebsräten, die zur Entfernung der BILD-Verkaufskästen an fast allen metallverarbeitenden Betrieben geführt haben sollen, wird ausgeführt:"
Die Aktion der SPD-Betriebsräte ist allerdings erst einmal nichts anderes als ein Stützungsversuch für die SPD gegen die faschistischen Angriffe von BILD und damit letzten Endes ein Betrug an der Arbeiterklasse. Gleichzeitig zeigt die Aktion aber den wachsenden Zorn der Arbeiter auf die Kapitalistenklasse und ihre Presse."
Die EWG-Agrarordnung wird als "Politik des Landwirtschaftskapitals" bezeichnet. Durch die Anpassung des westdeutschen Weingesetzes an die EWG-Weinmarktordnung werden im wesentlichen die großen Gutsbesitzer begünstigt:"
Kriterium für Qualitätsweine, für die ein höherer Preis verlangt werden darf, soll nicht mehr die individuelle Geschmacksrichtung sein, sondern die Süße; süße Weine wachsen aber vor allem in den Gebieten der BRD, wo es größere Gutsbetriebe gibt - so am Mittelrhein (Weingut E. Pieroth, CDU-MdB), am Kaiserstuhl (Großkellerei Breisach); an der Mosel und in Franken, wo der saure Wein wächst, gibt es dagegen vorwiegend Kleinbetriebe: Sie sollen nach der neuen Weinmarktordnung weitgehend durch die Gutsherren verdrängt werden." Ähnliche Entwicklungen gäbe es auch beim Hopfen (vgl. 29.9.1970).
Aus Spanien wird über den Streik aller Hafenarbeiter Barcelonas gegen die Entlassung von 12 Teilnehmern eines Bummelstreiks berichtet. Im Hafen von Sevilla werde nur langsam gearbeitet.
Über Streiks wird auch berichtet aus Italien (vgl. 6.10.1970, 8.10.1970, 9.10.1970).
In einem Artikel über die Waffenhilfe der VR China an die Palästinenser in Jordanien, die immer noch im Kampf stehen, wird neben der FPLP auch die FDPLP erwähnt, die, im Gegensatz zur FPLP, als 'marxistisch-leninistische' Organisation bezeichnet wird.
Aus Großbritannien wird über die Arbeitslosigkeit, die noch nie seit dem Zweiten Weltkrieg so hoch gewesen sei und über die Pläne für ein neues Gewerkschaftsgesetz, welches eine Entmachtung der Gewerkschaften herbeiführen solle, berichtet.
Kommentiert wird auch der Abschluß eines Vertrages zwischen der CSSR und der SU:"
Die CSSR-Führer haben jetzt endgültig einem Vertrag zur Mitfinanzierung und technischen Unterstützung bei der Ausbeutung sowjetischer Rohstoffquellen in Sibirien zugestimmt. … Mit diesem Vertrag soll auch eine weitere Integration der CSSR-Wirtschaft in das sozialimperialistische System erfolgen: Vorgesehen ist die 'Koordinierung' des neuen Prager Fünfjahrplans 1971-75 mit dem nächsten sowjetischen Fünfjahresplan. Der gegenseitige Warenaustausch soll bis 1975 um über 43% ausgeweitet werden und in den nächsten 5 Jahren insgesamt 13, 5 Mrd ausmachen. Dabei mußte sich die Husakclique vor allem verpflichten, die Maschinenausfuhr in die SU um 60% zu steigern. … Mit diesen Abmachungen wird die Arbeiterklasse der CSSR gezwungen, weitgehend für die Interessen der SU-Revisionistenclique zu arbeiten. Die SU-Führer erreichen so mit der Unterstützung der verräterischen Husak-Clique gleich mehrere Ziele: Sowohl billige Unterstützung bei ihren großen ökonomischen Projekten neben den teuren kapitalistischen Westfirmen, wie auch gleichzeitig das Monopol in den Wirtschaftsbeziehungen zum imperialistischen Lager: Durch die riesigen Verpflichtungen gegenüber der SU wird es der Husak-Clique unmöglich sein, selbst noch nennenswerte Verträge mit den imperialistischen Staaten abzuschließen."
Die US 'Friedensvorschläge' für Indochina werden als "billiges Wahlmanöver zur Täuschung des eigenen Volkes" entlarvt. Von der DRV seien sie als 'betrügerisches Manöver' zurückgewiesen worden. Eingegangen wird auch die Anfang Oktober abgehaltene Generalversammlung der United Steelworkers of America (USW):"
Schon bei den allgemeinen Wahlen für die Vorstände der lokalen Gewerkschaftsorganisationen hatte es sich gezeigt, daß die Stahlarbeiter mit dem verräterischen Kurs der Spitze nicht einverstanden sind: die Mehrzahl der alten Funktionäre, die den Kurs der Gewerkschaftsführung vertraten, wurden nicht wieder gewählt. Auf der Generalversammlung, die alle 2 Jahre stattfindet, äußerte sich die Kampfbereitschaft der Arbeiter noch deutlicher. Losungen wie: 'Wir wollen unsere Freiheit zurück, wir wollen wieder das Streikrecht ausüben dürfen' fanden den Beifall aller Delegierten. Die verräterische Gewerkschaftsführung hatte seit 1936 in allen abgeschlossenen Tarifverträgen eine 'non-strike-clause' - eine Streikverbotsklausel - eingeführt. Die Klausel besagt, daß während der Laufzeit der Verträge keine Streiks durchgeführt werden dürfen und Streitigkeiten zwischen Arbeitern und Kapitalisten durch Zwangsschlichtung geregelt werden. … Auf der Generalversammlung gelang es der verräterischen Führung durch Geschäftsordnungstricks die Abstimmung über die Aufhebung der Streikverbotsklausel zu verhindern. Die Arbeiter waren darüber derart verbittert, daß innerhalb von 14 Tagen 1 000 gewerkschaftliche Ortsorganisationen in Resolutionen an die Führung die Aufhebung der Klausel und der Zwangsschlichtung verlangten.
In "Befreiungskampf in Burma" heißt es:"
In allen Kolonien und Halbkolonien der US-Imperialisten entfaltet sich der Volkskrieg um die nationale Freiheit und Unabhängigkeit immer mächtiger. Auch in Burma, wo schon seit dem Ende des 2. Weltkrieges Partisanengruppen operieren, haben die Kämpfe in der letzten Zeit stark zugenommen. Besonders in den nördlichen Regionen des Landes, wo die Truppen der einheimischen Kompradorenklasse nur noch aus der Luft versorgt werden können, haben die Guerillakräfte weite Gebiete unter ihre Kontrolle gebracht. Es kam zu schweren Kämpfen, bei denen die Guerillatruppen in einer Stärke von bis zu 1 000 Mann auftraten. Der nationale Befreiungskampf in Burma wird hauptsächlich von der VR China unterstützt."
Q: Kommunistischer Nachrichtendienst Nr. 41, Bochum 14.10.1970