Kommunistischer Nachrichtendienst der KPD/ML und des KJVD, Jg. 1, Nr. 46, 31. Okt. 1970 [fehlt]

31.10.1970:
Die Nr. 46 des 'KND' (vgl. 26.10.1970, 4.11.1970) der KPD/ML-ZB erscheint mit 12 Seiten und der Überschrift "Die Arbeiterklasse ist kampfbereit!", was auf die Metalltarifrunde (MTR) und hierbei wieder besonders auf Nordbaden/Nordwürttemberg (NB/NW), Bremen und NRW bezogen wird.

Bezüglich NB/NW (vgl. 27.10.1970, 29.10.1970) wird auch auf die Landes-SPD und deren Parteitag eingegangen (vgl. 26.10.1970):"
Das Angebot von Filbinger, als 'politischer Schlichter' zu fungieren, wurde von Bleicher abgelehnt. Wenn überhaupt, dann solle der Arbeitsminister des Landes, der Sozialdemokrat Hirrlinger eingeschaltet werden." Diesen aber wollten die Kapitalisten nicht wegen dem SPD-Parteitag.

Bezüglich der Lage in Bremen (vgl. 28.10.1970, 29.10.1970) schreibt die KPD/ML-ZB:"
In Bremen hat es die SPD-Regierung mit Hilfe ihrer rechten Gewerkschaftsführer geschafft, die Arbeiterklasse zu hintergehen".

Über die MTR in NRW wird festgestellt:"
In NRW versuchten die rechten Gewerkschaftsführer, mit allen Mitteln die Zustimmung der Metallarbeiter zu ihrem Verrat zu erzwingen. So hat Brenner demagogisch erklärt, mit dem Vermittlungsergebnis von Figgen sei die Forderung der IGM 'nahezu erfüllt'. … Diese Täuschungsmanöver konnten es aber nicht verhindern, daß sich die Widersprüche innerhalb der Gewerkschaft weiter zuspitzten. Die Betriebsräte und Vertrauensleute von Unna und Mülheim haben gegen das Einigungsergebnis protestiert. … Die Kapitalisten haben inzwischen versucht die Arbeiterklasse zu spalten. Sie haben Firmentarifverträge abgeschlossen, um die geschlossene Kampfbereitschaft aufzubrechen. In Herne und Unna haben sich mehrere Betriebe verpflichtet, mehr Lohn zu zahlen, als der Einigungsvorschlag vorsieht. In Unna wurden 'Hausverträge' abgeschlossen, die eine 15%-ige Lohn- und Gehaltserhöhung und eine 15%-ige Erhöhung der 'Ausbildungsvergütungen' ohne jegliche vorherige Anhebung des Ecklohns enthalten. Diese Firmentarifverträge müssen von der Arbeiterklasse entschieden bekämpft werden."

Berichtet wird auch von der Tarifrunde im öffentlichen Dienst (vgl. 10.11.1970):"
In diesen Tarifverhandlungen muß die SPD-Regierung der Monopolbourgeoisie beweisen, daß sie in der Lage ist, die Arbeiterklasse zu knebeln und die rechten Gewerkschaftsführer an sich zu ketten. schafft sie das nicht, wird sie für das Monopolkapital immer unbrauchbarer. Brandt hat deshalb bereits versucht, die Arbeiter und Angestellten im Öff. Dienst einzuschüchtern. Er erklärte: 'Eine zweistellige Prozentziffer als Lohnerhöhung ist nicht drin.' Und Finanzminister Möller hat die Gefahr für die SPD-Regierung deutlich erkannt: 'Bei mehr als 10% kommt die Regierung in Gefahr.' Schiller kündigte für die Tarifverhandlungen einen 'harten Maßstab' an. Die Gewerkschaftsführer Kluncker, ÖTV und Groteguth, DAG, haben erklärt, daß die Forderung auf jeden Fall zweistellig werde. Die Orientierungsdaten von Schiller, die die Lohnerhöhungen auf 7 - 8% drücken wollen, bezeichneten beide als 'nicht akzeptabel'."

In "Rückzahlung des 'Steuerzuschlages'" heißt es:"
Die SPD-Regierung, wirtschaftlich und politisch in der Klemme, versucht mit faulen Versprechungen, das Vertrauen der Arbeiter zurückzugewinnen, das sie endgültig zu verlieren verurteilt ist.
Weil sich angeblich eine Konjunkturdämpfung abzeichne, soll der 10% Lohnraub ('Steuerzuschlag' genannt) zwar noch nicht 1971, sicher 'aber vor 1973' rückgängig gemacht werden (Brandt auf einem Wahlkongreß in Hessen!). Aber selbst wenn die Rückzahlung erfolgen sollte (was bei der gegenwärtigen Entwicklung und der ständig wachsenden Verschuldung des Staates sehr unwahrscheinlich ist); der Arbeiter wird nicht zurückbekommen, was man ihm vor ein paar Monaten geraubt hat. Denn die DM-Entwertung und die fortschreitenden Preiserhöhungen werden bei einer eventuellen Rückzahlung nicht berücksichtigt werden. Es ist nichts als eine leere Versprechung vor den anstehenden Landtagswahlen in Hessen."

Ebenfalls in Hessen äußerte sich "Leber zur Vermögensbildung" u.a. so:"
Auf einer Veranstaltung der 'Arbeitsgemeinschaft der Selbstständigen in der SPD-Hessen' erläuterte Bundesverkehrsminister Leber, was die SPD mit ihrer 'Vermögensbildungspolitik' bezwecke: im Volk darf es keine 'ungeschützten Teile' geben, die für revolutionäre Ideen anfällig sein könnten. Mit diesen Worten entschuldigte sich SPD-Leber vor den Selbstständigen dafür, daß die SPD den Arbeitern zur Bildung von Vermögen verhelfen wolle. Vor diesen Leuten gibt die SPD zu, daß sie die Arbeiterinteressen nur vertritt, um die Arbeiterklasse von ihren wirklichen Interessen fernzuhalten. Und er fügt schnell hinzu, daß dabei die 'Selbstständigen mit geringem Einkommen' nicht zu kurz kommen sollen. Auch ihnen soll bei der Vermögensbildung geholfen werden. Auch sei deren Existenz keinesfalls durch Verstaatlichungen bedroht. Es geht ihm darum, Spannungen zu verhindern, 'die aus einer fortdauernden ungleichen Verteilung von Vermögen und Besitz' entstehen könnten. Von Vermögensbildung in der Arbeiterklasse kann bei der SPD-Konzeption ohnehin keine Rede sein. Auf der einen Seite sind die wirtschaftlichen Vorteile für den Arbeiter sehr gering, auf der anderen wird das Monopolkapital und das Kleinkapital bei einem noch weiter gehenden Plan des Staates sowieso nicht mitspielen. Die 'Vermögensbildung' ist eine politische Augenwischerei, die nur solange wirksam ist, solange die wirtschaftliche und politische Krise in Grenzen gehalten werden kann. Und das kann sie langfristig nicht. Auch nicht durch die Sozialfaschisten."

Zur nationalen Konjunktur der Stahlbranche bzw. dem BDI heißt es:"
Nach der letzten Konjunktureinschätzung des BDI ist bald der Punkt gekommen, an dem die Nachfragezurückhaltung (die schon länger zu beobachten ist) in Produktionsrückgang umschlägt. In der Stahlindustrie ist diese Entwicklung schon in vollem Gange" (vgl. Sept. 1970):"
Verschiedene Stahlherren haben deshalb schon Produktionseinschränkungen angekündigt, so z.B. Thyssen um 10% und Mannesmann, das mit seinem Röhrengeschäft mit den Sowjetrevisionisten noch abgesichert ist. Für den Stahlbereich haben die Mannesmann-Herren jedoch angekündigt, daß sie bis Jahresende 2 von 4 Öfen in Huckingen (Duisburg, d.Vf.) stillegen und ihr bisher an Thyssen verpachtetes Siemens-Martin Werk Mülheim ganz schließen. Diese ersten Produktionseinschränkungen bedeuten für die Arbeiter erst einmal 'nur' Lohneinbußen, doch mit den Schließungen kommen Entlassungen und Arbeitslosigkeit wieder in Sicht. Diese sind ja auch schon während der Metallverhandlungen in NRW von den Ruhrbaronen angedroht worden. … Die Stahlkapitalisten hoffen, daß Anfang des nächsten Jahres die Stahlverbraucher wieder mehr Stahl nachfragen werden und damit der Rückgang aufgehalten werden kann. Doch bis dahin (das Weihnachtsgeschäft ist dann vorbei) wird auch die Verbrauchsgüterindustrie auf ihren Produkten sitzenbleiben und keine weiteren Produktionsgüter mehr bestellen. Die Kapitalisten benutzen alle Mittel, um angesichts der bedrohlichen Lage ihre Profite zu sichern: So wollen sie die Preise für Stahlrohre erhöhen, da die Nachfrage hier noch nicht so stark nachgelassen hat und damit 'der Markt noch eine Erhöhung der Preise verkraften kann'.
Gleichzeitig müssen sich die Stahlherren gegen die internationale Konkurrenz zur Wehr setzen: so haben sie vorsorglich die Preise für Betonstahl gesenkt, damit ihnen nicht ein Teil des Marktes von den belgischen Stahlkapitalisten weggeschnappt wird. Sobald die lästigen Konkurrenten wieder vom Markt verdrängt sind, wollen sie die Preise wieder rapide raufsetzen. Da die Verträge für die Walzstahlkontore nächstes Jahr auslaufen, bereiten sich die Kapitalisten der Stahlkonzerne in der BRD auf weitere Konzentrationsmaßnahmen vor. Dabei werden sie versuchen, den Ausbau der Kapazitäten mit der Wegrationalisierung der Arbeitsplätze zu verbinden, um den Lohnkostenanteil vor allem im Vergleich mit den japanischen Stahlkonzernen weiter zu drücken. Darunter fallen auch ihre Pläne, die Produktion in immer stärkeren Maße an die Küste zu verlagern. Damit geht die Stahlindustrie den Weg der Verschärfung der Krise, indem sie jetzt Lohnabbau betreibt, morgen die Arbeitsplätze wegrationalisiert, gleichzeitig die Kapazitäten ausbaut und die Konkurrenz mit Japan und den USA auf dem Weltmarkt verschärft."

Eingegangen wird auch auf die Haltung der DKP zum Rechtskartell (vgl. 17.10.1970), den Vertrag zwischen Ungarn und der 'BRD' (vgl. 27.10.1970), den Außenhandel zwischen 'BRD' und EWG (vgl. Sept. 1970), NATO-Manöver in der Türkei und in Griechenland (vgl. 12.10.1970) und die Lage in Malta.

Ausführlich eingegangen wird noch auf die Lage in den USA, wobei besonders die Streikwelle Anfang und Mitte des Jahres (vgl. Okt. 1969 bis 18.6.1970) dargestellt und auf die Wahlen (vgl. 6.11.1970) eingegangen wird. Die Situation wird von der KPD/ML-ZB so geschildert:"
Die Widersprüche zwischen den Kapitalisten und der Arbeiterklasse in den USA zeigen sich immer deutlicher. Immer größere Teile der US-Arbeiterklasse erkennen, daß die imperialistische Politik der Kapitalisten ihre soziale Lage verschlechtert. In den Gewerkschaften zeigt sich die scharfe Opposition zwischen Arbeitermassen und korrupten Funktionären. Die Massenkämpfe in den USA, die beinahe schon seit zwei Jahren herrschen, haben eine Schärfe erreicht, die die europäische bürgerliche Presse weitgehend verschweigt. Die kurze Zusammenstellung wichtiger Kämpfe der US-Arbeiter in der letzten Zeit soll zeigen, daß auch im Zentrum des westlichen Imperialismus die Arbeiterklasse begonnen hat, den Klassenkampf offensiv zu führen."
Nun folgen eine fast 3 Seiten lange Streikliste und ein Artikel zum Wahlkampf (vgl. 6.11.1970), der auch auf die Terrorgesetze (vgl. 19.10.1970) eingeht.

In "Geheimvertrag USA-Äthiopien" heißt es:"
Die Unterkommission des Senats für Auswärtige Angelegenheiten hat bekanntgegeben, daß die US-Imperialisten seit 1960 mit der äthiopischen Kompradorenklasse einen Geheimvertrag über Militärhilfe abgeschlossen haben. Die USA rüsteten im Rahmen des Abkommens 400 000 äthiopische Soldaten mit Waffen im Wert von 147 Mio. Dollar aus. Als Gegenleistung erhielten die USA das Recht, ihre Militärbasis in Kagnew zu erweitern. Kagnew, das 1953 eröffnet wurde, ist die wichtigste Nachrichtenverbindungsstelle der US-Armee in Mittelafrika. Die Basis ist mit 3 200 Soldaten besetzt. Offiziell wurde die Militärhilfe als Waffenhilfe gegen das Nachbarland Somalia bezeichnet, das von der SU ausgerüstet wird. Der Chef des Senatsausschusses, Fulbright, zeigte sich erstaunt über die 'Entdeckungen'. Er meinte, durch ein solches Vorgehen würden die USA den Eindruck erwecken, sie sein nur daran interessiert, den Status-quo zu erhalten, und würden jede Veränderung in anderen Ländern vermeiden. Zur Zeit der Veröffentlichung des Berichts reiste Ex-Kriegsminister McNamara, derzeitiger Weltbankchef, nach Addis Abeba."

In der Rubrik "Kampf der Zusammenarbeit der US-Imperialisten und der japanischen Militaristen" wird gesagt:"
Im Rahmen der internationalen Arbeitsteilung der Monopole hat Ford 20% des Aktienkapitals von Toyo Koyko übernommen. Toyo ist der drittgrößte japanische Autohersteller. Der Grund des Abkommens liegt darin, daß es für die Monopole in zunehmenden Maße interessant wird, arbeitsintensive Produktionsabläufe auszulagern. So werden z.B. alle Ford-Autos mit japanischen Dynamos ausgerüstet, und Ford verhandelt gerade mit einem anderen japanischen Kapitalisten, über die Lieferung von 1 300 000 Klimaanlagen, die einen Wert von 70 Mio. Dollar haben sollen. Ähnliche Verträge haben andere US-Monopole abgeschlossen. Die Tendenz der Monopole, die billigeren Arbeitskräfte im Ausland auszubeuten, zeigen auch die immer stärker anwachsenden Lieferungen, die VW und Mercedes (Daimler-Benz, d.Vf.) aus ihren Zweigwerken in Lateinamerika beziehen."

Aus Baden-Württemberg wird berichtet von Bosch Reutlingen (vgl. 26.10.1970).

Aus Bayern heißt es über Grundig Augsburg:"
Im Augsburger Werk von Grundig sollen 30 - 40 Arbeiter entlassen werden, da die Auftragslage schlecht ist. Die Produktion soll von Holz auf Kunststoff umgestellt werden."

Aus Hessen wird berichtet von MAN Gustavsburg (vgl. 28.9.1970).

Aus NRW wird berichtet:"
Auch die Kalkwerke Fetter im Kreis Olpe werden stillgelegt; die Werke gehören zum größten Teil den Kapitalisten der Hoesch AG, die hier nicht mehr genug Profit machen kann. Hier werden 60 Arbeiter auf die Straße gesetzt."

Gleich zwei Berichte kommen aus Köln. Im ersten heißt es:"
Die Kölnische Gummifäden-Fabrik hat einen Vergleichsantrag gestellt beim Kölner Amtsgericht. 1 000 Arbeiter und Angestellte werden entlassen, wenn das Unternehmen nicht aufgekauft wird.
Die Kapitalisten geben als Grund für den Vergleich die Erhöhung der Lohnkosten und die Auswirkung der DM-Aufwertung an."

In der Rubrik "Klassenjustiz" heißt es in "Entlassung von Werkschutzleiter unzulässig" über F+G Köln:"
Das Arbeitsgericht Köln hat entschieden, daß die Kündigung des Werkschutzleiters bei Felten und Guillaume unrechtmäßig ist. Boljahn war früher Beamter bei der politischen Polizei. Nach seinem Dienstantritt bei Felten und Guillaume legte er eine geheime Kartei über alle 'strafrechtlichen Verfehlungen' der Arbeiter und Angestellten an. Als Quelle für seine Informationen benutzte er seine früheren Kollegen im Polizeipräsidium. Als das Vorhandensein der Kartei bekannt wurde, legten die Kollegen im Betrieb die Arbeit nieder und forderten die Entlassung des Werksschutzleiters. Die Kapitalisten mußten ihm kündigen. In dem Urteil des Amtsgerichts heißt es, der Werksschutzleiter könne nicht gekündigt werden, da er ja nur seine Aufgabe erfüllt habe. 'Wenn die von Boljahn im Interesse der Sicherheit des Werkes ergriffenen Maßnahmen nicht im Sinne des Unternehmens gewesen wären, hätte es die Befugnisse des Werksschutzleiters abgrenzen müssen. Eine Kündigung wäre erst gerechtfertigt gewesen, wenn er sich über die Befugnisse hinweggesetzt hätte.'"

Aus Rheinland-Pfalz heißt es über den "Konkurs der Schuhfabrik Abel":"
Die Kinderschuhfabrik Abel in Heltersberg (Kreis Pirmasens) macht pleite. Betroffen sind davon 140 Arbeiter, die jetzt wegen Zahlungsunfähigkeit 'vorläufig' beurlaubt wurden. Die Arbeiter haben auch für die letzten drei Wochen keinen Lohn mehr erhalten. Neue Arbeitsplätze werden sie in dem kleinen Dorf Heltersberg kaum finden."
Q: Kommunistischer Nachrichtendienst Nr. 46, Bochum 31.10.1970