Duisburg: Der Tod von Günter Routhier

Materialien zur Analyse von Opposition

Von Jürgen Schröder, Berlin, 4.6.2020

Zunächst nur um einen Arbeitsgerichtsprozess in Duisburg (vgl. 5.6.1974), den auch ein an der Bluterkrankheit Leidender, Günter Routhier besucht. Nachdem er dort offenbar polizeilichen Maßnahmen unterliegt, verstirbt Günter Routhier wenig später (vgl. 12.6.1974, 13.6.1974, 14.6.1974, 18.6.1974), nicht ohne zuvor noch in die KPD/ML aufgenommen zu werden (vgl. 17.6.1974).

Was wirklich geschah, kann hier nicht geklärt werden, obwohl wesentliche Dokumente des linken Untersuchungsausschusses, der wiederum eine polizeiliche Erklärung zitiert, vorlagen (vgl. 25.7.1974). Verschiedene linke Gruppen, wie der - allerdings von der KPD für seine Passivität gescholtene (vgl. 3.7.1973) KBW, die KPD und die KPD/ML aber bezeichnen das Vorgehen der Polizisten als 'Mord', die KPD/ML ist insofern als erste der K-Gruppen von der Tötung eines Mitglieds durch die Staatsgewalt betroffen. Sowohl die KPD/ML (vgl. 19.6.1974, 21.6.1974) als auch die KPD (vgl. 19.6.1974, 24.6.1974) widmen sich teilweise gemeinsam (vgl. 24.6.1974) dem Protest, der sich nicht zuletzt in einem Trauermarsch äußert (vgl. 24.6.1974), bei dem es bereits zu zahlreichen Festnahmen kommt.

Roter Morgen vom 22. Juni 1974 zum Tod von Günter Routhier

Da die linken Gruppen in den ersten Jahren nicht davon ablassen wollen, den Tod Routhiers als 'Ermordung' zu bezeichnen, kommt es in der Folge zu Razzien (vgl. 4.7.1974) und einer ganzen Reihe von Prozessen, die hier nur zum Teil angeführt werden können. Betroffen von diesen Prozessen sind nicht nur zahlreiche presserechtlich Verantwortliche sowie meist der KPD-nahestehende Professoren, sondern auch Rechtsanwälte, was sich bereits frühzeitig andeutet (vgl. 29.6.1974). Es bildet sich eine neue Gattung politischer Prozesse, die sog. Routhier-Prozesse heraus.

Juli 1974: Demonstration in Köln mit Bildnissen von Neset Danis und Günter Routhier
Juli 1974: Demo in Köln mit Bildnissen von Neset Danis und Günter Routhier

Der Tod Routhiers wird von den Linken in eine Reihe gestellt mit zahlreichen weiteren Todesfällen, wie u.a. von Holger Meins (vgl. 10.11.1974, 13.11.1974), dem Tod des Schülers Thomas Hytrek in Frankfurt/M. (vgl. RM, 22.6.1974), dem des Taxifahrers Günther Jendrian in München (vgl. RM, 22.6.1974), dem des Schotten Ian McLeod in Stuttgart, dem von Neset Danis in Norderstedt (vgl. 13.7.1973), Erich Dobhardt in Dortmund und Hans-Jürgen Remiszko in Mannheim (vgl. 22.7.1974), aber auch des Kaufmanns Caspari in Bonn (vgl. 16.9.1974, 18.10.1974, 22.10.1974) sowie mit dem polizeilichen Eingreifen bei zahlreichen gesetzeswidrigen Streiks (vgl. 23.10.1974).

Ein Jahr später gibt es erste Überblicke über die bereits abgeschlossenen Sitzungen in Routhier-Prozessen (vgl. 7.3.1975, 31.3.1975, 3.6.1975, 9.6.1975, 16.6.1975), wozu auch die Ortsgruppe Duisburg der Roten Hilfe Deutschlands (RHD) eine separat dokumentierte Broschüre herausgibt (vgl. Nov. 1975), es finden aber kontinuierlich noch weitere statt (vgl. 8.9.1975, 9.9.1975, 3.4.1976), auch gegen den Sohn Günter Routhiers, Pit Routhier (vgl. 20.6.1975, 19.2.1976), sowie auch gegen die der KPD befreundeten Professoren (vgl. 8.11.1975) in Frankfurt (vgl. 25.8.1975, 20.9.1975, 26.4.1976), Westberlin (vgl. 24.10.1975, 29.10.1975), Münster (vgl. 17.2.1976), aber auch gegen die in der Sache aktiven Rechtsanwälte (vgl. 8.3.1976, 15.3.1976, 17.3.1976).

Der genaue Inhalt des medizinischen Gutachtens (vgl. 25.2.1976, 26.4.1976) kann hier bisher leider nicht dargestellt werden.

Mit Sammelanklagen wird nun, u.a. wegen der 'Mord'-Äußerungen zum Fall Routhier, gegen die Zentralorgane der KPD/ML (vgl. 1.5.1976, 4.5.1976) und der KPD vorgegangen (vgl. 28.6.1976). Es kommt zu einer ersten Verurteilung zu einer Haftstrafe ohne Bewährung (vgl. 2.7.1976, 17.7.1976), auch der Günter Routhier-Film unterliegt der Verfolgung (vgl. 5.7.1976), die KPD berichtet davon, dass der Routhier-Komplex gegen Thomas Luczak nun nicht mehr angeklagt werde (vgl. 15.7.1976), es kommt zu Verfahrenseinstellungen (vgl. 2.8.1976) und Freisprüchen (vgl. 24.8.1976), aber auch zu weiteren Sammelanklagen, bei denen Äußerungen zu Günther Routhier mit verhandelt werden (vgl. 9.9.1976, 20.9.1976) und auch zu Verurteilungen (vgl. 11.10.1976).

Mit Sammelanklagen wird nun, u.a. wegen der 'Mord'-Äußerungen zum Fall Routhier, gegen die Zentralorgane der KPD/ML (vgl. 1.5.1876, 4.5.1976) und der KPD vorgegangen (vgl. 28.6.1976). Es kommt zu einer ersten Verurteilung zu einer Haftstrafe ohne Bewährung (vgl. 2.7.1976, 17.7.1976), auch der Günter-Routhier-Film unterliegt der Verfolgung (vgl. 5.7.1976), die KPD berichtet davon, dass der Routhier-Komplex gegen Thomas Luczak nun nicht mehr angeklagt werde (vgl. 15.7.1976), es kommt zu Verfahrenseinstellungen (vgl. 2.8.1976) und Freisprüchen (vgl. 24.8.1976), aber auch zu weiteren Sammelanklagen, bei denen Äußerungen zu Günter Routhier mit verhandelt werden (vgl. 9.9.1976, 20.9.1976) und auch zu Verurteilungen (vgl. 11.10.1976).

Während die von der Ehefrau Routhiers eingereichte Klage offenbar abgewiesen wird (vgl. 11.10.1976), werden weitere Freiheitsstrafen gegen die Protestierenden gefordert (vgl. 23.10.1976) und auch verhangen (vgl. 3.11.1976). Die Verteidigung der angeklagten Rechtsanwälte übernimmt offenbar u.a. der damals bereits bundesweit bekannte Anwalt Otto Schily (vgl. 24.1.1977). Der Ausgang dieses Prozesses, ebenso wie des Verfahrens gegen die der KPD nahestehenden Professoren aus Bremen und Frankfurt (vgl. 24.1.1977, 31.1.1977) und gegen Prof. Sigrist in Münster (vgl. 9.3.1981) konnte bisher nicht erschlossen werden, in Duisburg aber bleibt der Fall Günter Routhier einer der wichtigsten Anlässe für Vorwürfe der linksradikalen Gruppen gegen die Polizei (vgl. März 1977).

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Letzte Änderung: 04.06.2020