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Ruhr-Universität Bochum

Aktivitäten politischer Gruppen an der RUB 1970

Materialien zur Analyse von Opposition

Von Dietmar Kesten, Gelsenkirchen

Teil 1 (1970)

Mit zu den ereignisreichsten Jahren an der RUB gehörten die Jahre 1970 bis 1973. In dieser Zeit dürfte sich der politische Standort der meisten Gruppen in gewisser Weise herauskristallisiert haben. In der Regel standen die sich herausbildenden linken und maoistischen Gruppen in der Tradition des Protestes der Jugend- und Studentenbewegung, was sich vor allem in deren übernommenen Methoden und Aktionen niederschlug. Der SDS in Bochum, der sich aus dem kollektiven Massenprotest herausgelöst hatte, mit seiner Umbenennung zum SDS/ML den bekennenden Schritt zum Marxismus-Leninismus gewagt hatte, und der den Studenten als KSB/ML die Politik der KPD/ML-ZK näher bringen wollte, versuchte, wie alle anderen Gruppen auch, aus dem stattfindenden Niedergang der Studentenbewegung Profit zu schlagen. In der Debatte über die „kulturrevolutionäre 2.-Juni-Bewegung“, die vornämlich mit dem Unikollektiv des KJVD geführt wurde, ging es um eine neue Standortbestimmung, die das revolutionäre Subjekt in den Vordergrund stellen sollte.

Die Hinwendung zur Arbeiterklasse, die in Bochum ein besonderen Stellenwert hatte, die sich zunächst in der politischen Arbeit bei Opel Bochum (vgl. Jürgen Schröder: Opel Bochum 1970-1972) niederschlagen sollte, und an der mehr oder weniger alle aktiven Uni-Gruppen beteiligt waren, sollte dem beginnenden Führungsanspruch Rechnung tragen. Als erste ml-Gruppe überhaupt zog es die APO mit der „Bochumer Arbeiterzeitung“ vor die Tore, die wohl schnell in Personalunion von der „Roten Opel Betriebsgruppe“ (der KPD/ML-ZK) mit der ersten „Zündkerze“, die wahrscheinlich erstmalig am 13.4.1970 erschien, abgelöst wurde. „Die Presse“, Betriebszeitung der der KPD/ML-ZB, deren Mitglieder ebenfalls zu einem erheblichen Teil aus der Studentenbewegung an der RUB stammten und von denen später einige an der Bildung der „Gruppe Oppositioneller Gewerkschafter“ (GOG) beteiligt waren, war ebenfalls exemplarisches Beispiel dafür, dem Protest auf dem Campus den Rücken zu kehren und sich von ihm abzunabeln.

Natürlich blieb die RUB immer politisches Agitationsfeld, das mit allen möglichen linken Ideologien verknüpft werden sollte. Die Studentenbewegung an der Uni, sofern man über sie nach dem Prozess der Spaltung in die bekannten Lager Revisionismus/Marxismus-Leninismus Ende 1969/Anfang 1970 überhaupt noch sprechen konnte, sollte jedoch nicht nur reine Unterstützungsfunktionen für den Kampf der Arbeiterklasse haben, wie sie in den kommenden Unterstützungsgruppen (UG) zum Ausdruck kommen sollte, sie vertrat auch das Anliegen der Studenten mit moralischen, ideologischen und sozialen Betrachtungen. Die „Wohnungsnot“, das „Clearing“ (zur Studienplatzverteilung), aber auch der „Numerus Clausus“ (NC) an der RUB waren einige Konflikte von vielen, die mit der Unibürokratie ausgefochten wurden; denn der Protest gegen den „handfesten Skandal“, der, einmal aufgedeckt, die materielle Interessenverschiebung im Kapitalismus zeigte, war von der Überzeugung getragen, dass ökonomische Konflikte schnell zu politischen werden können.

Die Organisationsfrage, die im engsten Zusammenhang mit der Auflösung des SDS (formal am 21. März 1970 in Frankfurt/M.) stand, wurde zugunsten des Leninismus an den Universitäten entschieden. An der RUB wollten der SDS/ML bzw. KSB/ML die Zerrissenheit überwinden und Einbrüche in den traditionellen Studentenvertretungen erzielen. Die „Revolutionierung“ der Studenten sollte mit dem Agitationsfeld Universität auf den nächsten qualitativen Level gehoben werden. Diese Position wurde vom Unikollektiv des KJVD kritisiert; denn es würde nun um die Arbeit im „proletarischen Bereich“ gehen. Die Gewinnung der studierenden Jugend als „Bündnispartner“ sei nur im Zusammenhang mit dem „revolutionären Kampf des Proletariats“ zu sehen. An der Uni sei es notwendig, „die Ideologie der bürgerlichen Wissenschaft (zu) bekämpfen“ und bis in „ihre letzten Schlupfwinkel“ zu verfolgen.

Neben dem SDS in Bochum war der AStA in Bochum der organisatorische Ausgangspunkt der kommenden Entwicklung. Die Besetzung des AStA mit ML-Vertretern war nicht nur eine Informationsplattform (über die „BSZ“), sondern auch Rekrutierungsfeld. Es zeigte sich, dass es schwer fiel, an eine Reorganisierung der Studentenbewegung zu glauben, zumal die Perspektive des Klassenkampfes nun die Organisationsform (der Betrieb, d. Vf.) des Proletariats war.

Dem Unikollektiv des KJVD fehlte an der RUB vor allem der „Kampf gegen die Sozialdemokratie“. Und schon sehr früh ging es ihm darum, die Sozialdemokraten zu „entlarven“. Die Gründung bzw. Neugründung des SHB wurde als systemkritische „Bindung“ an die Sozialdemokratie bezeichnet. Sie würde keineswegs eine Abkehr von dieser bedeuten. Als Beispiel wurden die „Verrätereien der Sozialdemokratie“ in der Metalltarifrunde 1970 genannt. Das Unikollektiv Bochum würde praktische Solidarität üben, indem es Unterstützungsarbeit leiste (was sich damals primär in Flugblattverteilungsaktionen niederschlug, d. Vf.). Aufgabe des Unikollektivs sei es jedoch, „die fortschrittlichen Studenten an der RUB als Bündnispartner der Arbeiterklasse zur Unterstützung ihres Kampfes zu organisieren“.

Der KSB/ML beharrte auf dem Standpunkt, dass die „2.-Juni-Bewegung“ eine „vorbereitende kulturrevolutionäre Bewegung“ gewesen sei, die das Ziel verfolgte, „die öffentliche Meinung auf die sozialistische Revolution vorzubereiten“. Diejenigen, die diesen Kampf führten, waren die Studenten. Die Weiterführung dieser Bewegung würde in ein Bündnis „der Bewegung mit dem revolutionären Kampf der Arbeiterklasse unter Führung der Arbeiterklasse“ einmünden. Aus diesem Grunde sei die Umbenennung in KSB/ML erfolgt. Die Aufgabe der Studentenmassenorganisation der KPD/ML sei es, „die Analyse der gegenwärtigen Etappe der Revolution (zu) bestimmen“ (Westeuropäischer und Osteuropäischer Weg des Kapitalismus, d. Vf.). Und: „Die Hauptaufgabe der gegenwärtigen Etappe ist die Heranbildung der Avantgarde des Proletariats“.

Eine Reihe von Aktivitäten an der RUB rufen in Erinnerung, dass die „Organisierung des Klassenkampfes“ vielfältig war. Ging es zunächst noch um den Streit, ob die Basisgruppen und Roten Zellen am ehesten dazu fähig waren, diesen Kampf über den Campus hinaus zu führen (1), oder ob der Aufbau der Kommunistischen Partei das zentrale Kettenglied dafür sei, so entschieden die Marxisten-Leninisten an der RUB diesen Streit sehr schnell durch die Tatsache, dass ein Teil von ihnen „Arbeit im Proletariat“ leistete, um damit nahe am „Klassenkampf“ zu sein. In der Frage, wie der „Klassenkampf“ zu organisieren sei, setzte sich die Einsicht durch, dass dies nur durch eine straffe (zentralistische) Kaderpartei möglich sei, die überregional nach dem Prinzipien des Demokratischen Zentralismus aufgebaut sei, die mit der Theorie der berühmten „fünf Köpfe“ gewappnet sei und so am besten Arbeit im Proletariat leisten und es zur Revolution führen könne. Zu diesem Zwecke, und um die marxistisch-leninistische Theorie des „Parteiaufbaus“ zu vermitteln, fanden an der RUB eigentlich regelmäßig pro Semester Schulungen und Kongresse statt, die von den verschiedenen Gruppen zu den verschiedensten Themen durchgeführt wurden.

Außerhalb der Universität fielen verschiedene Gruppen (u. a. der KSB/ML) durch die Organisierung von Demonstrationen zur Unterstützung der weltweiten revolutionären Bewegung auf. Aber auch die direkte Anteilnahme der von der Willkür und diktatorisch-politischen Machthabern bedrohten Genossen in der Welt war Anlass, die Stimme zu erheben („Burgos-Prozess“, „Black-Panther“, gegen Franco). Die Berichte des KSB/ML (etwa über Kanada, Jugoslawien oder Spanien) verdeutlichen, dass die politische Entwicklung in diesen Ländern mehr als kritisch hinterfragt wurde. Hinsichtlich des KSB/ML und der Zeitung „Rote Zelle“ verdichtet sich die Annahme, dass sie insgesamt zur Analyse des „westeuropäischen bzw. osteuropäischen Wegs“ beitragen sollten.

Interessant war für 1970, dass sich der AStA gegen die Fahrpreiserhöhungen der Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahn (Bogestra) aussprach und zu Kampaktionen aufrief (vgl. Dietmar Kesten: Gelsenkirchen. Der Rote Punkt 1971; ders.: Dortmund. Der Rote Punkt 1971) und damit an die Fahrpreisaktionen aus dem März 1968 in Bochum anknüpfte.



1970:

Der KSB/ML und die Zündkerze, die Septemberstreiks 1969

An der RUB selbst protestierte zunächst der KSB/ML gegen, wie Jürgen Schröder schrieb, „die Repressionen gegen die Zündkerze“ (vgl. Jürgen Schröder: Opel Bochum 1970-1972). Die „Ruhrnachrichten“ heizten die Stimmung noch an, indem sie nach dem „Druckort“ der „Zündkerze“ fragte, die dem Opel-Werk „laufend Ärger“ einbringen würde. Die „Westfälische Rundschau“ sollte den „Verdacht“ der IG-Metall-Verwaltungsstelle bestätigen und meinte, dass die „linksradikale Zeitung“ auf Druckmaschinen des „Studentenwerkes der Ruhr-Uni“ gedruckt werden würde. Der 1. Bevollmächtigte der IG Metall in Bochum, Fritz Wirtz, sei mit Wissenschaftsminister Rau (NRW) in den Kontakt getreten, um über die „linksgerichtete“ Zeitschrift zu beraten. Man sei erstaunt darüber, dass die „Zündkerze“ an der RUB gedruckt würde. Auch der Rektor und der Kanzler würden den Vorfall untersuchen. Die RBG sollte diesen Vorfall entlarven und sprach davon, dass der Betriebsrat bei Opel nun sein „ramponiertes Ansehen“ durch „Schlägertrupps und Staatsgewalt“ zurückgewinnen müsse. Warum die Ortsgruppe der KPD/ML-ZK die „Zündkerze“ herausgebe, wurde mit einigen kernigen Sätzen begründet. Die „Septemberstreiks“ 1969 (vgl. etwa Jürgen Schröder: Der Septemberstreik bei Hoesch 1969) und deren Apologeten, die in ihnen die politische Veränderung der kollektiven Wahrnehmung vermuteten, durften in der Agitation natürlich auch nicht fehlen. Sie fungierten hier schon längst als eine symbolische Prothese und bekamen noch einen Kick durch eine zusätzliche Dramatisierung, die mit allgemeinen Sorgen über die aktuelle Konjunktur nebst Euphorie verknüpft wurde (vgl. 1. Oktober bis 23. November).

1. Oktober 1970: In Bochum fand bei Opel eine Betriebsversammlung (BV) statt, auf der die Kollegen, laut KPD/ML-ZB, ein minutenlanges Pfeifkonzert gegen den BR-Vorsitzenden Perschke veranstalten, als dieser das Ergebnis der Verhandlungen mit der Geschäftsleitung bekanntgibt. Dieser habe behauptet, dass die erreichten 70% des 13.Monatslohnes plus des 30% Urlaubsgeldes doch 100% ausmachten. Aber nur die Kollegen, die bereits seit 1930 oder länger im Werk seien bekämen einen vollen 13. Monatslohn. Das seien gerade mal 850 der insgesamt 56 000 Opelkollegen. Außerdem werden die 70% vom alten Lohn berechnet. Der Betriebsrat sei noch nie zuvor so scharf angegriffen worden.“

Darüber berichtete auch die „BSZ“ 1972:

„Die Rote Betriebsgruppe der KPD/ML (Roter Morgen), deren Betriebszeitung 'Zündkerze' (einen) Lohnkampf unterstützt hatte, ließ durch einen Werkstudenten, der AStA-Mitglied war, eine Erklärung in Deutsch und Spanisch verlesen. Sie fand den nahezu ungeteilten Beifall der Kollegen. Versuche des SPD-Betriebsratsvorsitzenden Perschke, die Rote Betriebsgruppe und den Werkstudenten zu diffamieren, werden von über 5 000 Arbeitern fast einhellig durch ein minutenlanges Pfeifkonzert zurückgewiesen… Kollege Starostik aus Abteilung 3371 ('Zündkerze') wies nach, wie der BR versucht hatte, den Streik abzuwiegeln mit dem Hinweis auf das Betriebsverfassungsgesetz (BVG, d. Vf.). Er konnte in seiner Rede Perschke der Lüge überführen, denn das, was dieser Betriebsrat im BVG gelesen haben wollte, steht eindeutig nicht drin. Starostik brachte in seiner Rede den Geschäftsordnungsantrag vor, hier in der BV über das Verhandlungsergebnis zwischen BR und Werksleitung abzustimmen. Der BR, der aber bei Streiks das BVG 'sehr gut' kennt, hatte hier plötzlich alles 'vergessen'. Der Versammlungsleiter hätte nämlich auf jeden Fall eine Abstimmung durchführen müssen. So steht's nachzulesen in den Kommentaren zum Paragraphen 44 des BVG! Warum nicht abgestimmt wurde, kann sich jeder Kollege genau denken ... Peter Jaszcyk ('Rosa Kadett') (DKP, d. Vf.), der bei uns einen ziemlich guten Ruf hatte, weil er in früheren BVs gute Vorschläge gemacht hatte, ging hier voll und ganz auf D'K'P-Linie ein: auf den Antrag der ZK ging er mit keiner Silbe ein, dafür unterstützte er offen den BR…

Als seine Schussansprache nicht ganz zog, riskierte er den Sprung ins kalte Wasser und griff den Sprecher der 'Zündkerze' an: 'Noch ein Wort zu dem Werkstudenten, der da eben geredet hat. Er hat selbst gesagt, ihm könne nicht all zu viel passieren, wenn er hier redet ... Solche Studenten machen nur, was ihnen Spaß macht. Genau diese Leute sind es, die nachher die Direktorensessel einnehmen und dann den Arbeitern in den Hintern treten.' Dazu von uns folgendes:

ERSTENS war es nicht Kollege Starostik, der die Kollegen während des Streiks in den Hintern trat, sondern jemand anders ...

ZWEITENS gibt es eine Reihe von Betriebsräten, die das Treten noch besser können. Bei VW werden diese inzwischen 'nach getaner Arbeit' mindestens Meister, oder zu Betriebsleitern wie in einem Bochumer Betriebe (gemacht).

UND DRITTENS: Warum wohl haben die Kollegen der 'Zündkerze' einen Studenten gebeten, für sie zu sprechen?

Da Sie, Herr 'Kollege' Perschke, schon in der BV nicht zugehört haben, müssen wir dies für Sie wiederholen: Weil sich Betriebsleitung und Betriebsrat ganz nett gefreut hätten, diesen 'Rädelsführern' einmal 'persönlich' zu begegnen. Darauf legen wir aber vorerst keinen gesteigerten Wert, denn immerhin haben wir Familie. Da aber die Kollegen immer wieder forderten, es sollte endlich einmal jemand von uns reden, haben wir diesen Weg vorgezogen. Der Sinn Ihrer Springer-Propaganda, Herr 'Kollege', die 'Zündkerze' zu diffamieren, zog aber nicht. Ein Kollege hat keine Angst vor Papiertigerchen. Die haben wir schnell gefressen.“ (2)

9. November 1970: Laut Roter Opel-Betriebsgruppe der KPD/ML-ZK (RBG) in Bochum, erschienen folgende Presseartikel:

In den „Ruhr-Nachrichten“ (RN) hieß es:

KRACH UM DRUCKORT. ZÜNDKERZE ZÜNDETE IN RUHR-UNI (RUB, d. Vf.)

Der Funke zündete: Die 'Zündkerze' - eine linksgerichtete Werkszeitschrift der Bochumer Opel-Werke - brachte Ärger. Einmal mit Angriffen gegen Bochumer IG-Metall-Funktionäre, zum zweiten mit ihrem Druckort. Zur Verblüffung fast aller Beteiligten - stellte man gestern fest: Das Organ wird an der Ruhr-Universität gedruckt. Das rief Gewerkschaft und Ruhr-Universität auf den Plan. Fritz Wirtz, 1. Bevollmächtigter der IG Metall in Bochum/Wattenscheid: 'Ich habe wegen dieser Geschichte sofort ein Gespräch mit Wissenschaftsminister Johannes Rau geführt. Auch die Universität mit Rektor und Kanzler griff ein. Sie untersuchten den Druckauftrag, der zur Herstellung der 'Zündkerze' geführt hatte. Dabei ergab sich: am 6. November 1970 hatte das Studentenwerk - das leihweise die Druckmaschinen für Publikationen erhalten hatte - auch den Druckauftrag angenommen. Gestern erschien eine der billigsten Ausgaben mit 22 Seiten und in 3 000 Auflage und beschäftigte sich mit dem Streik bei Opel. Im 'Links-Jargon' wurden Funktionäre aufs Korn genommen und die Zeitung vor dem Opel-Werk verteilt. Fazit des konzentrierten Eingriffes von Universität und Gewerkschaft: 'Der Druck von Werkszeitschriften widerspricht der Zielsetzung, mit der die Druckerei eingerichtet wurde.'

In der „Westfälischen Rundschau“ (WR) hieß es:

„UNI DRUCKORT DER ZÜNDKERZE. Ein Verdacht der IG-Metall-Verwaltungsstelle Bochum/Wattenscheid bestätigte sich gestern. Die linksradikale Opel-Werkzeitschrift 'Zündkerze' der KPD/ML wurde auf Maschinen des Studentenwerkes der Ruhr-Uni gedruckt. Ein Vertrag, genehmigt am 6. November, der sich im Besitz der Gewerkschaft befindet, machte das deutlich. Der Vertrag sieht 34 000 Blatt vor, in Schwarz und Rot, zu günstigen Preisen. Als die Nummer 5 der 'Zündkerze' vor den Opel-Werkstoren verteilt wurde - durch Studenten, wie 1. Bevollmächtigter Fritz Wirtz erklärte - griffen Gewerkschaftler ein. Von Gewalt könne keine Rede sein, so Fritz Wirtz. 'Die Arbeitnehmer wehren sich eben.' In der neuen Nummer des Blattes werden die IG Metall und vor allem Opel-Betriebsratsvorsitzender Günter Perschke brutal attackiert.

Der Druck des Organs widerspricht einem Vertrag vom Studentenwerk mit der Uni. In einem Brief machen Rektor und Kanzler darauf aufmerksam und betonen, dass bei Wiederholungen die Universität die ihr gehörenden Maschinen zurückverlangen werde."

Die RBG Opel berichtet selbst:

„SCHLÄGER VOM DIENST. Ganze 5 Nummern der 'Zündkerze' waren nötig, um den Betriebsrat der Firma Opel und die hinter ihm stehende IGM zu einer Fehlzündung zu veranlassen, die diesen Apparat entlarvte als das, was er wirklich ist: eine Kampforganisation gegen die Arbeiter.

WAS WAR GESCHEHEN? Betriebsrat und IGM-Ortsverwaltung hatten Wind davon bekommen, dass eine 'ZK'-Nummer im Anmarsch war, die ihre Praktiken beim Opel-Streik gebührend unter die Lupe nehmen würde. Dies musste verhindert werden. Da die 'ZK' durch den Streik an Popularität gewonnen hatte, da sie bei der Urabstimmung eine entscheidende Niederlage hatten einstecken müssen, kam es nun darauf an, ihr ramponiertes Ansehen wieder aufzubügeln. Also mussten sie einen 'Schuldigen' finden, an dem sie ihr Mütchen kühlen konnten. Die Mittel, derer sie sich dabei bedienen, sind ebenso alt wie auf die Dauer zwecklos: Schlägertrupps und Staatsgewalt.

ERSTES MITTEL:

Am Montag, den 9.11., erschien die Nr.5 der 'ZK" über den Opel-Streik. Wie schon die vorigen Nummern wurde auch diese von der Studentenorganisation der KPD/ML am Ort, dem KSB/ML (Kommunistischer Studentenbund/Marxisten-Leninisten, ehemals SDS/ML). Dass es diesmal jedoch zu einem von der 'ZK' nicht gewollten Modus der Verteilung kam, merkten unsere Studenten bald: Gegen 5 Uhr 15 machte ein Schlägertrupp in einem weißen Opel Rundfahrt um den Betrieb. Er war gut vorbereitet, schon Tage vorher, wie wir später von V-Leuten erfuhren. Vermummt, ausgerüstet mit Regenschirmen, brachte er mit Gewalt ca. 300 Exemplare der 'ZK' in seinen Besitz. Bei seiner körperlichen Überlegenheit ein leichtes Spiel. Wer sich lautstark weigerte, wurde kurzerhand festgehalten, während ein anderer 'Kollege' zugriff. Dass dabei auch noch ein Personalausweis und ein Notizbuch in anderen Besitz übergingen, sei nur am Rande erwähnt. Nach getaner 'Arbeit' brausten diese 'Kollegen' eilig davon - um Rapport zu machen.

An der Wittener Straße wurde dieses muntere Treiben vom Betriebsrat El Mundi (Harry Black) beobachtet, der sich verschämt in einem Kneipeneingang versteckt hielt. Kollegen machten unsere Verteiler extra darauf aufmerksam, als er aber zur Rede gestellt werden sollte, war er verduftet. Er, der sonst immer erst um 8 erscheint, war diesmal sehr früh aufgestanden. Preisfrage: Was mag ihn wohl zu solch einem Frühaufsteher gemacht haben?! Mittags in Langendreer: Wieder war ein weißer Opel im Spiel (Nummer ist der Redaktion bekannt). Doch diesmal waren es fünf 'Kollegen', drei in Zivil, zwei im Blaumann. Einer von ihnen stellte sich als 'stellvertretender Vertrauensleutevorsitzender' vor. Einen der Verteiler konnten sie noch erwischen. Er hatte die 'ZK' unterm Mantel. Also ran an die Bouletten, Mantel aufgerissen und kurz einen Schwinger unters Kinn, damit er nicht mehr so frech gegen die 'Besitznahme' protestieren konnte.

Zwei der Kollegen verließ aber in Anbetracht der immer noch vorhandenen Freundlichkeit des Verteilers und des Protestes einiger Kollegen der Mut: Die 'ZK' wollten sie zwar, aber dass geschlagen wurde, das wollten sie nun wiederum nicht. Das hätten sie sich früher überlegen müssen, hatten sie doch von morgens bis mittags genügend Bedenkzeit. Doch warum wollten sie gerade diese 'ZK'? Weil sie Unruhe in den Betrieb bringe, weil sie das Vertrauen der Kollegen in Betriebsrat und IGM untergrabe (Wo ist denn dieses Vertrauen? Sprechen die 83,9% nicht Bände…). Die D'K'P (DKP, d. Vf.) sei da viel humaner. Deren Kritik halte sich in Grenzen, wirklich böse Worte seien von der nicht zu hören. So die Mini-Schläger vom Dienst. Wir waren allerdings sehr erfreut, aus diesem berufenen Munde etwas über die Qualität einer 'ZK' und eines 'Rosa Kadett' zu erfahren. Letzterer schweig sich bisher aus. Solidarität kennen diese nicht, obwohl wir vor kurzem einen ihrer Verteiler vor einem Nazi in Langendreer halfen.

ZWEITES MITTEL:

GRUNDGESETZ (GG, d. Vf.)

Artikel 5, Absatz 1

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt. Die zweite Methode, mit der diese Herren versuchen, die 'ZK' kalt zu stellen, steht der ersten in nichts nach, sie ist wirklich würdig für Gummilöwen (Perschke, d. Vf.). Was ein echter Bürokrat ist, der handelt auch entsprechend, anstatt sich in die Arena der offenen politischen Auseinandersetzung zu wagen. Schon vor einiger Zeit hatte der erste IGM-Bevollmächtigte für Bochum/Wattenscheid, Wirtz, sich bei 'einflussreicher' Stelle beschwert, wie uns aus gut informierten Kreisen bekannt wurde, dass die 'ZK' im Druckverlag des Studentenwerkes an der Ruhr-Uni gedruckt würde. Diesmal erhielt seine Beschwerde von 'einflussreicher Stelle' Nachdruck. Wirtz rief seinen 'Genossen' von der SPD, den Wissenschaftsminister Rau in Düsseldorf an, um das Problem 'wissenschaftlich' auf dem Amtswege bereinigen zu lassen. Den Argumenten des Ministers Rau konnten sowohl Rektor als auch Kanzler der Ruhr-Uni (CDU-Mitglied) nicht widerstehen und forderten nun ihrerseits in einem Brief an das Studentenwerk Druckverbot für die 'ZK'. Der Druck solcher Zeitungen 'widerspreche der wissenschaftlichen Zielsetzung dieses Verlages'.

Aber nicht nur die Amtsbrüder wurden in Bewegung gesetzt. Auch die bürgerliche Lokalpresse musste ihr Scherflein beitragen (siehe Zeitungsausschnitte). Diese druckte natürlich auch prompt die Lügen der IGM ab. Angeblich bestünde ein Vertrag zwischen 'ZK' und Studentenwerk, der sich in 'Besitz der Gewerkschaft befinde'. (Interessant ist, dass zur Zeit dieser 'Verblüffung fast aller Beteiligten' jemand mit Nach- oder Originalschlüsseln ins Studentenwerk eindrang und verzweifelt versuchte, etwas zu fotokopieren, wobei das Gerät kaputt ging.) Solch ein Vertrag hat nie existiert. Nur ein Druckauftrag, wie er bei jeder Druckerei üblich ist. Auch bestehen keine günstigen Preise. Wir zahlten genau so viel wie jeder andere Kunde auch. UNSERE Rechnungen können wir jederzeit veröffentlichen. In den Ruhr-Nachrichten stand gar, dass diese 'ZK' eine der billigsten war. Richtig dagegen ist, dass es die teuerste war, deshalb auch ihr spätes Erscheinen!

AMMENMÄRCHEN

Doch wie wird nun von Seiten des Betriebsrates und der V-Leutebonzen die ganze Angelegenheit geschildert? Nehmen wir als Beispiel 'Kollege' Sonak, BR und V-Leute-Vorsitzender. Am Montag, dem 9.11., wurde er von Kollegen gefragt, wie er eigentlich dazu komme, die 'Jungens von der 'ZK' zu verprügeln'. Unseres Wissens war Sonak nicht dabei, aber diese Kollegen hatten schon den richtigen Riecher. Sonaks Antwort: 'Mein Name ist Hase, ich weiß von nichts.' Doch die Kollegen ließen nicht locker. Sie fragten ihn später noch einmal. Diesmal wusste er Bescheid. Gewaltanwendung hätte es nicht gegeben. Vielmehr hätten 'einige Kollegen sich freundlich und vernünftig mit den Verteilern unterhalten und sie von ihrer falschen Meinung zu überzeugen versucht. Sie wären ja Studenten, würden auf Steuergeldern studieren und die ZK würde ja auch von Steuergeldern bezahlt.' Nach diesem 'Meinungsaustausch' hätten die Verteiler die 'ZK' so quasi freiwillig hergegeben und seien reumütig von dannen gezogen. Die Kollegen aber glaubten Sonak kein Wort, solche Ammenmärchen solle er sonstwem erzählen. Ein Kollege sagte sofort, dass er seine Unterschrift gebe für das, was Sonak gesagt hätte. Denn wenn die Verteiler sich im BR-Büro beschweren würden, könnte er ihnen ja sonstwas erzählen. Wir von der 'ZK' erklären deshalb, um solchen BR-Erklärungen in Zukunft vorzubeugen: Niemals werden wir die 'ZK' freiwillig irgendwelchen Bonzen und Schlägern überlassen. Kollegen, wer auch immer etwas anderes sagt, ist ein Lügner!" Später wird als einer der Schläger Willi Schneider von der SPD-BG Arso angegeben.“ (3)

9. November 1970: Bei Opel Bochum gab die KPD/ML-ZK die Nr.5 ihrer „Zündkerze“ heraus. Nach dem Hick-Hack um den „Druckort“ und der Verächtlichmachung der RBG, wurde deutlich gemacht, dass hinter ihr die KP/ML-ZK steht. Dazu hieß es u.a.:

DIE KPD/ML UND DIE 'ZÜNDKERZE' . Wirkliche Kommunisten wissen heute, dass es keinen Sinn hat, die Kapitalisten hier und die neue Bourgeoisie in der DDR nur mit Worten zu bekämpfen. So wie einst Lenin und Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht gründeten sie neue Parteien, die mit dem Marxismus-Leninismus (ML) UNSERER Zeit gewappnet sind: mit der Lehre Mao Tse-tungs und Enver Hoxhas (Albanien). In allen Ländern der Welt sind diese Parteien an dem Zeichen ML zu erkennen, so in Frankreich, Italien, Belgien, Schweden usw. Die KPD/ML wurde am 50sten Jahrestag der Gründung der KPD am 31.12.1968 gegründet. Damit zogen auch die westdeutschen Marxisten-Leninisten einen Schlussstrich unter den Verrat von Breschnew und Ulbricht. Die Bochumer Ortsgruppe besteht seit über einem Jahr. Einige ihrer Mitglieder und Opel-Kollegen, die diese Partei richtig finden, geben die 'Zündkerze' heraus. Um dies gut und organisiert machen zu können, haben sie sich zu einer Gruppe zusammengeschlossen, die sie Rote Opel Betriebsgruppe nennen (RBG).

Wir von der RBG haben zu zeigen versucht, dass wir - ERSTENS keine 'Hetzer' sind, sondern nach Kräften alles unterstützen werden, was den Arbeitern wirklich hilft. Wer das dann immer noch für 'Hetze' hält, dem können wir nur eine Reise nach Albanien oder China empfehlen, allerdings nicht in die DDR. ZWEITENS von Ulbricht genauso viel halten wie fast alle Kollegen, nämlich gar nichts! Wir fordern daher alle Kollegen auf, zu diesem Artikel Stellung nehmen und wenn es geht, uns zu schreiben. (Übrigens: wir haben Exemplare dieser Nummer an die 'WAZ' geschickt. Wenn sie uns noch einmal mit dem 'Rosa Kadett' in einen Topf werfen, ist ihr bÖser Wille endgültig bewiesen!) Außerdem fordern wir alle Kollegen, die diesen Artikel für richtig befinden, auf uns nach Kräften zu unterstützen. denn: Nur verdient und mit der richtigen Idee sind wir stark!" (4)

9. November 1970: Die „Zündkerze“ der Roten Opel-Betriebsgruppe (RBG) der KPD/ML-ZK in Bochum berichtete:

„Der Kommunistische Studentenbund/Marxisten-Leninisten (KSB/ML) in Bochum verteilte sofort an der Universität Flugblätter, als er beim Verteilen der 'ZK' mit Gewalt gehindert worden war. Er solidarisierte sich mit den Kollegen von der 'ZK' und forderte alle Studenten auf, dem Komplott zwischen Universitätsleitung und Unibürokratie, Kultusministerium und IGM den Kampf anzusagen, da nicht nur die Kollegen bei Opel betroffen wären, sondern letztlich auch die Studenten." (5)

11. November 1970: Der AStA der RUB lud zu seiner heutigen Veranstaltung zu den Septemberstreiks, laut KPD/ML-ZK, u.a. auch den Opel-Betriebsrat Perschke und ein Mitglied der DKP-Betriebsgruppe ein. Die KPD/ML-ZK berichtet bei Opel (IGM-Bereich): „Perschke allerdings zog es vor, in Abwesenheit zu glänzen. Er zog es derweil vor, in trauter Runde im Lokal Weininghaus mit seinen 'Kollegen' Sonak, Schulz usw. zu sitzen. Höchstwahrscheinlich hatte er aus 'gut unterrichteten Kreisen' erfahren, dass die Studenten, die die ‚Zündkerze' verteilt hatten, anwesend waren."

Eine Veranstaltung zum selben Thema hatte das Unikollektiv des KJVD der KPD/ML-ZB angekündigt, ob es sich dabei um die heutige oder eine weitere eigene handelt entzieht sich derzeit unserer Kenntnis. (6)

23. November 1970: Bei Opel Bochum gab die KPD/ML-ZK vermutlich heute eine Sondernummer ihrer „Zündkerze“ zu den Schlägereien bei der Verteilung der Nr.5 und den gleichzeitigen Anfeindungen in der Presse wegen der Benutzung der Druckerei des Studentenwerkes Bochum für die „Zündkerze“ heraus

Dazu wurde gefordert:

„KOLLEGEN! Wir fordern alle Vertrauensleute und IGM-Mitglieder auf, sich von diesem Vorgehen ihrer 'Führer' zu distanzieren!

Wir fordern Euch alle auf, uns in folgendem zu unterstützen:

1. Fordern wir, dass ein Kollege, der Mitarbeiter bei der 'ZK' ist, auf der nächsten Vertrauensleutevollkonferenz zu den Prügelszenen Stellung nehmen kann. Ebenso ein Student vom KSB/ML, der verteilt hat und der Student, der für die 'ZK' presserechtlich verantwortlich ist. 2. Fordern wir, dass diese Versammlung allen Kollegen zugänglich sein muss. 3. Fordern wir eine Gegenüberstellung der Schläger und unserer Verteiler. Wir werden dazu eine eigene Versammlung einberufen zu der Ihr alle ganz herzlich eingeladen seid (Ort und Zeit werden wir noch bekanntgeben.)

Auf dieser Versammlung werden wir euch den Kurzfilm zeigen, den wir über den Streik gemacht haben!" Berichtet wird auch von einer Veranstaltung des AStA der RUB zu den Septemberstreiks und dem Protest des KSB/ML an der RUB gegen die Schlägereien. (7)

Der Burgos-Prozess

Über den „Burgos-Prozess“ in Spanien hatte seinerzeit nicht nur die „Zündkerze“ berichtet, sondern auch die „Rote Zelle“, die Zeitung des KSB/ML Bochum (vgl. 11. und 19. Dezember 1970). Die Solidarität war für die damalige Zeit enorm. Immer wieder kam es in der Republik zu Solidaritätsaktionen, denen sich eine Reihe von Gruppen anschlossen hatten. Über Burgos hinaus, waren es die antifaschistischen Aktionen, die sich gegen das Franco-Regime richteten und Solidarität mit dem spanischen Volk und den Opfern der Diktatur einforderten. Der Burgos-Prozess war auch Anlass, am 19.12.1970 in Bochum auf dem Husemannplatz eine Demonstration durchzuführen. Dafür betrieben die Ortsgruppen Bochum der KPD/ML-ZK, der Roten Garde, die RBG und der KSB/ML, aber auch der Landesverband der Gruppe Propaganda. Der Landesverband der KPD/ML-ZK verfasste dazu vermutlich auch ein Flugblatt, das während der Demonstration zur Verteilung gebracht wurde (vgl. 11. Dezember bis 19. Dezember).

11.12.1970:
Es erscheint ein Extrablatt der 'Roten Zelle' - Zeitung des KSB/ML Bochum der KPD/ML-ZK (vgl. 2.12.1970, 14.12.1970) mit 2 Seiten DIN A 4 ohne presserechtlich Verantwortlichen:"
FREIHEIT FÜR DIE OPFER VON FRANCOS TERRORJUSTIZ!
FREIHEIT FÜR DIE 16 ANGEKLAGTEN VON BURGOS!
NIEDER MIT DEM FRANCO-FASCHISMUS!

Der Generalissimus von Gottes Gnaden, der Führer Franco ist ergaut, seit er vor mehr als 30 Jahren seinen Dienst im Auftrag der Großbourgeoisie und der Großgrundbesitzer mit Hilfe des Hitler- und Mussolini-Faschismus antrat. Das spanische Volk, obwohl es diese Jahre faschistischer Herrschaft unter unmenschlichen Opfern gelitten hat, wird von Tag zu Tag jünger, seine Kampfbereitschaft ist ungebrochen.

DIE FASCHISTEN ZITTERN

Die herrschende Klasse Spaniens ist nervös geworden: Die Ersetzung des Gefängnisdirektors durch einen Gefängnismanager und der Wechsel im Wachpersonal soll möglichst geräuschlos über die Bühne gehen (wie in Portugal); aber das spanische Volk sieht nicht länger zu, weil es weiß, dass sich am Wesen des Gefängnisses nichts ändern wird:
Im vergangenen Sommer begann es mit dem Bauarbeiterstreik in Granada (vgl. 21.7.1970,d.Vf.). Francos Kettenhunde ermordeten mehrere Arbeiter! Sofort kam es im ganzen Land zu Streiks und Demonstrationen. Das Baskenland, schon im Bürgerkrieg auf Seiten der Republikaner und zusammen mit Barcelona (Katalonien) schon immer das Zentrum des Kampfes gegen den Franco-Faschismus, bildet die Spitze des Widerstands.
16 Basken sind des Banditentums und des Terrorismus angeklagt; ohne auch nur die Spur eines Beweises wurden sie verhaftet und gefoltert. Mit diesem größtem politischen Prozeß seit dem Bürgerkrieg versucht das Franco-Regime, den baskischen Widerstand und damit die gesamte Opposition niederzuwerfen.

DIESER PROZESS IST EIN FANAL FÜR DEN KAMPF GEGEN DIE BLUTSAUGER DES VOLKES

Zwar marschierten Tausende von Soldaten im Baskenlande ein, zwar wurden der Ausnahmezustand verhängt, wahllos Verhaftungen, Folterungen und Hausdurchsuchungen vorgenommen, aber Zehntausende baskische Arbeiter streiken, die Studenten an fast allen Universitäten traten in den Vorlesungsstreik, mehrere Universitäten und Fachhochschulen wurden geschlossen. Bei einer Demonstration (vgl. 4.12.1970,d.Vf.) schoß die Polizei brutal in die Menge:
Francos Schlächter ermordeten dabei den 21-jährigen Roberto P. Jauregi!

Doch das spanische Volk läßt sich nicht länger durch die faschistischen Mörder einschüchtern!
Das Franco-Regime wird keine ruhige Minute mehr erleben!

Die baskischen Genossen verzichteten darauf, vor dem Militärtribunal in Burgos Entlastungszeugen zu benennen; sie haben es nicht nötig, sich vor Francos Folterknechten zu rechtfertigen! Ihr Zeuge ist das spanische Volk!
Ihnen gehört unsere volle Solidarität!"
Abgedruckt wird ein Artikel aus der spanischen 'ABC' vom 3.12.1970 und zum Schluß wird gefordert:"
FÜR DEN FREIHEITSKAMPF DER ARBEITER, BAUERN UND STUDENTEN!
FÜR EINE SOZIALISTISCHE VOLKSREPUBLIK SPANIEN!
NIEDER MIT DEM FRANCO-FASCHISMUS!"
Q: Rote Zelle Extrablatt,Bochum 11.12.1970

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17.12.1970:
An der Ruhruniversität Bochum (RUB) rief für heute der KSB/ML (vgl. 14.12.1970) zum Spanien Teach-In auf.
Q: Rote Zelle Nr.3,Bochum Dez. 1970,S.8

19.12.1970:
Vermutlich auf der heutigen Spaniendemonstration bzw. in ihrem Umfeld erscheint eine Ausgabe der 'Roten Zelle' - Zeitung des KSB/ML Bochum der KPD/ML-ZK (vgl. 14.12.1970, 21.12.1970) mit 4 Seiten DIN A 4 mit der Schlagzeile "KPD/ML ruft auf: Spanien-Demonstration". Unterstützt wird dieser Aufruf durch den AStA der RUB, die ESG, die Fachschaft Mathematik, die Projektgruppe Internationalismus, die Rote Zelle Mathematik und die Rote Zelle Theologie.
Q: Rote Zelle KPD/ML ruft auf: Spanien-Demonstration,Bochum o. J. (1970)

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19. Dezember 1970: In Bochum führte der Landesverband NRW der KPD/ML-ZK, nach eigenen Angaben, gemeinsam mit der Roten Garde, dem KSB/ML und den Roten Betriebsgruppen (RBG) eine Demonstration ab Husemannplatz gegen die spanischen Burgosprozesse durch. Während der Demonstration wurde das Flugblatt

„Solidarität mit dem revolutionären Kampf der Arbeiter, Bauern und Studenten in Spanien und Polen" verteilt. Aufgerufen wird u.a. mit einem gemeinsamen Flugblatt von KPD/ML-ZK, RG und KSB/ML „Nieder mit Franco". Dieses Aufrufflugblatt wurde in deutscher und spanischer Sprache verbreitet. Als Hauptparole wurde „Nieder mit Franco, Gomulka und Brandt, alle Macht in Arbeiterhand" genannt.

Die KPD/ML-ZK rief auch mit einem Extra „Nieder mit Franco!" ihrer Opel Betriebszeitung 'Zündkerze' auf. Aufgerufen wurde, nach eigenen Angaben, auch durch die RG Dortmund. Vermutlich nahmen auch andere Uni-Gruppen an der Demo teil, sicherlich das Unikollektiv des KJVD.

Die KPD/ML-ZB berichtete:

„Auch auf der Spanien-Kundgebung der Ezristen in Bochum (die Bezeichnung „Ezristen“ ist als Diskreditierung der KPD/ML in deren Geschichte eingegangen. Sie macht sich fest an Ezra Gerhard, der einst die Berliner RoteGarde in die Theoriearbeit geführt haben soll, d. Vf.) am 19.12. erschienen mehrere Aktion Widerstand-Mitglieder (AW, d. Vf.) mit einem Megaphon, hielten Hetzreden und verteilten Flugblätter der Aktion W/NRW zum Warschauer Vertrag.“

Der Text des Flugblatts der AW lautet, laut KPD/ML-ZB:

„Dokument der Schande Ernst Reuter (SPD), Reg. Bürgermeister von Berlin 1953: 'Welcher deutsche wird sich wohl bereiterklären, die Oder-Neiße-Grenze anzuerkennen? Es wird sich keiner zu dieser schändlichen Tat finden'.

EINER FAND SICH: WILLY BRANDT.

Herbert Wehner (SPD) in der Sitzung des Bundestages vom 14.9.1950: 'Das deutsche Volk sieht in der Anerkennung der Oder-Neiße-Linie, in der Verteidigung der unmenschlichen Behandlung deutscher Kriegsgefangener und Verschleppter, in der Missachtung des Schicksals und des Heimatsrechts der Vertriebenen Verbrechen an Deutschland und gegen die Menschlichkeit'.

EINER BEGING DAS VERBRECHEN: WILLY BRANDT.

SPD-Grußbotschaft zum Schlesiertreffen in Köln 1963: 'Breslau-Oppeln, Gleiwitz, Hirschberg, Glogau und Grünberg, das sind nicht nur Namen, das sind lebendige Erinnerungen, die in den Seelen von Generationen verwurzelt sind und unaufhörlich an unser Gewissen klopfen. Verzicht ist Verrat, wer wollte das bestreiten.'

EINER BEGING DEN VERRAT: WILLY BRANDT!

Deutsche! Reißt den Marxisten und Volksverrätern die Maske der Heuchelei vom Gesicht Leistet Widerstand gegen Verrat und Verzicht Stürzt die SPD/FDP-Regierung Macht den Volksverrätern Dampf - Nationaler Freiheitskampf!“

Der „Rote Morgen“ (RM) der KPD/ML-ZK führt aus:

„Der Aufruf, der von den Massenorganisationen, Rote Betriebsgruppen, Rote Garde und Kommunistischer Studentenbund/Marxisten-Leninisten mitunterzeichnet war, wurde in deutscher und spanischer Sprache vor den Betrieben und Berufsschulen NRW verteilt. Die Demonstrationsroute führte durch die Bochumer Innenstadt, wo zum Abschluss eine Kundgebung stattfand. In der Kundgebungsrede wurde die Entwicklung in Spanien seit dem Beginn der Machtübernahme durch Franco 1939 aufgezeigt. Dabei wurde vor allem darauf hingewiesen, dass die faschistische Machtübernahme in Spanien nur durch die Hilfe von Mussolini und Hitler möglich war, deren Nachfolge nach Beendigung des zweiten Weltkrieges der US-Imperialismus antrat. Weiterhin wurde anhand mehrerer Beispiele auf die wachsende Bedeutung des westdeutschen Imperialismus in Spanien und die Unterstützung des Franco-Regimes durch die Brandt-Scheel-Regierung eingegangen.

Die Partei sah sich durch die einige Tage vor der Demonstration in Polen erfolgten revolutionären Unruhen veranlasst, in der Rede wie auch in den Parolen kurz auf die Situation in Polen einzugehen. Hierbei wurde darauf hingewiesen, dass die westdeutsche Monopolbourgeoisie sowohl den Faschismus in Spanien, wie auch die sozialfaschistische Diktatur der neuen Bourgeoisie in Polen unterstützt. Die Demonstration fand deshalb unter den Hauptparolen statt:

NIEDER MIT FRANCO, GOMULKA UND BRANDT, ALLE MACHT IN ARBEITERHAND!

Es zeigte sich, dass sowohl die Demonstration als auch die Kundgebung auf die Sympathie und das Interesse der Bevölkerung stießen. Eine Tatsache, der sich die bürgerliche Presse nicht verschließen konnte, mit Ausnahme der SPD-Zeitung, die in einem Achtzeilenbericht in der Lokalseite nicht begreifen wollte, dass die Demonstranten gleichzeitig gegen Franco, Gomulka und Brandt auftraten." (9)

Wohnungsnot an der RUB

Zunächst war es die DKP, die über die „Kellerkinder“ berichtete. Der KSB/ML bezog zu diesem „idyllischen Camping-Happening " eine kritische Position. Und machte in Satire. Das Unikollektiv des KJVD der KPDML-ZB schaltete sich ebenfalls mit der Zeitung „Rot Front“ in die „Mietkampagne“ ein. Mit der Gründung einer „Arbeitsgemeinschaft Wohnkampagne“, die auf den AStA zurückging, sollte ein Aktionsbündnis ins Leben gerufen werden. Am 9. November 1970 kam es zu einer gemeinsamen Aktion des Asta mit dem Unikollektiv des KJVD (Go-in beim Kanzler) „gegen die unzumutbaren Wohnverhältnisse“. Allerdings wehrte diese gemeinsame Aktionseinheit nicht lange. Denn nach der „BSZ“ würde der KJVD an der Uni seine „wütenden Angriffe gegen den AStA fortsetzen“. Der KJVD vertrat die Auffassung, dass seine Kampagne darauf abziele, den Studenten klar zu machen, dass „die Wohnungsfrage unter kapitalistischen Verhältnissen unlösbar“ sei. Und der „Kampf um die Verbesserung der allgemeinen Wohnungssituation… nicht von Studenten angeführt werden“ könne. Deshalb sei nun die KPD/ML als Partei des Proletariats derjenige Teil des Volkes, der „am Besten die Kämpfe der verschiedenen Teile des Volkes zusammen führen könne“, um das Volk „zur Verbesserung ihrer sozialen Lage anzuleiten“ (vgl. 12. Oktober bis 30. November).

12. Oktober 1970: Für die DKP berichtet Hannelore Nowak vermutlich aus dieser Woche von der RUB:

„KELLERKINDER HUNDERTE STUDENTEN IN BOCHUM SUCHEN WOHNUNG

Die Wohnungsnot der Studenten der Bochumer Ruhruniversität breitet sich zu einem handfesten Skandal aus. In fünf Jahren schuf das Land Nordrhein-Westfalen 12 000 Studienplätze, aber die Kapazität der Studentenwohnheime wuchs in dieser Zeit nicht kontinuierlich mit. Sie beträgt nach wie vor 1 200 Plätze. In diesem Staat wird nach kapitalistischer Art geplant. Man schafft den Betrieb, damit die Produktion läuft, und an soziale Einrichtungen für diejenigen, die in diesem Betrieb arbeiten, denkt man zuletzt. Und genau so entstand der wissenschaftliche Betrieb, die Ruhr-Universität. Jedes Jahr wird darum gerungen, die neu immatrikulierten Studenten unterzubringen, damit sie nicht auf Wiesen und unter Brückenbögen schlafen müssen. Und in diesem Jahr sind es 2 500 Studenten mehr als im vergangenen Jahr. Täglich stehen bis zu 500 Anfragen nur 5 - 10 Wohnungsangeboten gegenüber.

Das Reservoir an Wohnungen in Bochum und näherer Umgebung ist mittlerweile erschöpft. Da nutzen auch Appelle an Bochums Hauswirte nicht viel. Familien mit Luxuswohnungen möchten sich nicht gerne mit Studenten 'belasten'. Und die Arbeiter und Angestellten, die in kleinen 'hellhörigen' Wohnungen des sozialen Wohnungsbaues wohnen, können kaum jemanden aufnehmen. Denn jeder möchte schließlich, ob die Familie, der Student oder die Studentin, sein eigenes Leben führen. Und manches Zimmer wird nicht hergegeben, weil die Verketzerung der Studenten in der Öffentlichkeit bei manchen Vermietern ihre Wirkung nicht verfehlt hat. Scheinheilig wird jetzt dieser Zustand von offiziellen Stellen bejammert. Dazu gehört auch die Stadt Bochum. Denn erst im vergangenen Jahr beschloss der Hauptausschuss der Stadt, dass kein Haus, das dem Liegenschaftsamt untersteht, an Studenten vermietet werden darf, aus welchen Gründen auch immer es leerstehen mag. Es ist entweder sofort abzureißen, oder es muss unbewohnt bleiben. Und es gibt in Bochum einige Häuser, in denen niemand wohnt, obwohl die Wohnungsnot groß ist. Man braucht sich darum nicht zu wundern, wenn Studenten oder auch andere Bürger, wie zum Beispiel in Frankfurt, zur Selbsthilfe greifen, die Häuser besetzen und sie bewohnbar machen.

Was die Studenten brauchen, sind nicht schlechthin Zimmer, sondern 'Studentenbuden' in der Nähe der Ruhr-Universität zu erschwinglichen Preisen, wo sie arbeiten können und ihr eigener Herr sind. Und was Gruppen von Studenten brauchen, sind Wohnungen, in denen sie sich ihr Leben so einrichten können, wie sie es möchten. In einem Flugblatt des AStA fordert die Bochumer Studentenschaft von der Landesregierung mehr Studentenheime und von der Stadtverwaltung Bochums die Freigabe des toten Mietraums. Um diesen Forderungen Nachdruck zu verleihen und die Solidarisierung der Bochumer Öffentlichkeit zu erreichen, kampierten des nachts Studentinnen und Studenten in Zelten auf dem Husemannplatz mitten in der Stadt. Am Tage verteilten sie Flugblätter, um auf die Misere der Wohnungsnot aufmerksam zu machen. Die Studentinnen und Studenten brauchen die Unterstützung aller.“ (10)

26. Oktober 1970: Der KSB/ML der KPD/ML-ZK an der RUB berichtete vermutlich aus dieser Woche:

„ASTA A GOGO. Man mag gerührt sein über soviel Sympathie, und das aus unserem linkssektiererischen Winkel, aber, man kommt nicht umhin, dem AStA zu bescheinigen: Rührig isser. Z.B. Baracke 8: da ist ein Kommen und Gehen; Spartakus (AMS der DKP, d. Vf.) lässt einen erst gar nicht zu Wort kommen, wenn man auf Riesenbeck kommt, und der DJK Junge Garde (JG der IAK, d. Vf.) ging zum x-ten Male das Verslein von der SPD-Wirtin, die's so gern allein täte, ab. Ach ja richtig, die Politik ... Wie man hört, gedenkt der AStA aus seinem Fraktionsprogramm ein Poster anfertigen zu lassen, - wenn schon die viele Arbeit, die man in das Papier steckte, nicht mehr rauskommt, so will man sich doch wenigstens das ganze Zeitungspapierstück Politik noch ab und zu mal ansehen, z.B. wenn man müde und ermattet vom Aktionstagwerk nach Hause kommt:

Da hat man nun endlich den Husemannplatz zum Campingplatz umfunktioniert, und die WAZ war da und die WR war da und RN war da und die UZ (der DKP, d. Vf.) war da, aber die Studenten ... In solchen Situationen sollte man sich hüten, Zeitungsartikel zu schreiben, sonst kommen Sachen raus wie in der letzten BSZ: gibt Zustandsbeschreibungen, idyllische, als politische Aktionsanalyse aus, kaut Fingernägel ab, um, Dialektiker der man ist, sich ne Selbstkritik auf den Bauch zu pinseln, die in der wahrhaft 'marxistischen' Schlussfolgerung mündet, dass es wohl doch nicht so schlimm um die studentische Wohnungsnot bestellt sei, wie man angenommen hatte; - denn sonst hätten mehr an dem Camping-Happening teilnehmen müssen.

So einfach ist das: Flugblätter verteilen, DKP-Schöttler kommt, erklärt, dass er sich mit den obdachlosen Kommilitoninnen und Kommilitonen solidarisiere, aber - da ist kein Obdachloser, der sich mit IHM solidarisiert. Naja, denkt Schöttler, wenn er sich nicht mit mir solidarisiert, kann er nicht obdachlos sein. Und Genosse Jugendkraftler Molderings (von der JG, d. Vf.) meditiert: Mit einer SPD-Alleinregierung wäre das bestimmt nicht so passiert; der Genosse Verteidigungsminister Schmidt hätte uns bestimmt einen Seitenflügel der Fernmeldekompaniekaserne in Essen-Kupferdreh zur Verfügung gestellt, für die ersten drei Wochen, um die gröbste Misere zu beseitigen, vorübergehend. Währenddes sitzt AStA-Renate Nimmerzahn am Herd und lauscht dem Gesang der Eintagsfliegen." (11)

27. Oktober 1970: Vom Unikollektiv des KJVD Bochum der KPD/ML-ZB wurde, nach eigenen Angaben, ein Extrablatt der „Rot Front“ herausgebracht. Es beschäftigt sich mit der Mietaktion des ASTA. Angekündigt wurde, dass das Unikoll eine Mietkampagne anfangen wird, die die Forderungen enthalten wird: „Räumung des zukünftigen Schwesternheims und des Sammelgebäudes an der Overbergstraße.“ (12)

3. November 1970: Laut „BSZ“ Nr. 1969/1970, rief der AStA der Ruhr-Universität Bochum „zur Gründung einer Arbeitsgemeinschaft Wohnkampagne“ auf. „Der AStA glaubte, mit dem KJVD (der KPD/ML-ZB, d. Vf.) trotz grundsätzlicher ideologischer Differenzen ein fruchtbringendes Aktionsbündnis eingehen zu können; denn es gab ein konkretes gemeinsames Ziel, nämlich dafür zu sorgen, dass das Sammelbecken an der Overbergstraße und das Schwesternheim nicht länger von privaten Unternehmen und universitären Instituten zweckentfremdet werden.“ (13)

9. November 1970: Laut „BSZ“' kam es „zwischen dem AStA der Ruhr-Universität Bochum und dem KJVD der KPD/ML-ZB zu einer ersten gemeinsamen Aktion gegen „unzumutbare Wohnverhältnisse" Nach einem Go-in beim Kanzler der Universität, werden Studenten 14 Zimmer zur Verfügung gestellt. (14)

11. November 1970: Laut „BSZ“ setzte der „KJVD in seiner Hauspostille „Rotfront“ seine wütenden Angriffe gegen den AStA und seine Wohnungspolitik fort, mit dem man eine Woche zuvor ein Aktionsbündnis eingegangen war". In einem „Rundbriefentwurf des KJVD" der KPD/ML-ZB hie0 es dazu:

„Die Wohnkampagne erklärt, dass die Einbeziehung des AStA in ihre Arbeit deshalb erfolgt ist, weil der technische Apparat des AStA eine große Erleichterung bei der Durchführung ihrer Aufgaben ist, dass sie aber die Täuschungsmanöver des AStA gegenüber den Studenten und seinem Drang nach Öffentlichkeit (Zeitungen, Fernsehen) verurteilt und feststellt, dass sie weder mit den AStA Flugblättern an der Uni noch mit seinen Presseverlautbarungen das Geringste zu tun hat." Diesen Rundbrief nimmt der AStA zum Anlass, die begonnene Aktionseinheit mit dem KJVD abzubrechen.

In der Nr.3 der 'Rot Front' erschien der Leitartikel: „Die Wohnkampagne kompromisslos weiterführen". Danach vertritt das Unikollektiv des KJVD "kompromisslos berechtigte soziale Interessen eines Großteils der Studenten, ohne sozialreformistische Illusionspolitik zu betreiben. Prinzipiell müsste das Recht jedes Studenten auf Wohnraum verwirklicht werden, aber nicht nur das Recht von Studenten, sondern das Recht aller Werktätigen und des ganzen Volkes. Eine grundsätzliche Lösung der Wohnungsmisere ist unter kapitalistischen Verhältnissen nicht möglich. Umso mehr muss aber mit allen Mitteln der unverschämte Übergriff zurückgewiesen werden, dass nämlich den Studenten staatlich, das heißt durch Steuergelder finanzierter Wohnraum durch privatwirtschaftliche Benutzung vorenthalten wird. Politisches Ziel dieser Kampagne für das KJVD-Unikollektiv ist es, durch das Aufzeigen der ökonomischen Gründe der Wohnungsmisere den Studenten klarzumachen, dass die Wohnungsfrage unter kapitalistischen Verhältnissen unlösbar ist ... Der Kampf um die Verbesserung der allgemeinen Wohnungssituation kann aber nicht von Studenten angeführt werden. Die KPD/ML als Partei des Proletariats, desjenigen Teils des Volkes, der auch am schwersten unter der Wohnungsmisere leidet, ist deshalb die Organisation, die die Kämpfe der verschiedenen Teile des Volkes zur Verbesserung ihrer sozialen Lage anleitet, vereinheitlicht und die revolutionäre Perspektive klarmacht. Die Rolle, die Studenten bei einem solchen Kampf spielen, kann allerdings die eines Bündnispartners für das Proletariat sein." (15)

30. November 1970: Laut „BSZ“ wurde von der Wohnkampagne des AStA an der Ruhr-Universität-Bochum "eine Versammlung aller betroffenen Studenten einberufen". Auf ihr soll die Wohnkampagne des AStA erläutert werden. Es wird Übereinkunft darin erzielt, dass ein Zentralkomitee der Wohnungskampagne eingerichtet werden soll, an dem auch Vertreter des KJ VD der KPD/ML-ZB beteiligt sein sollen. (16)

Organisationsfrage, Kampf gegen die Sozialdemokratie, 2.-Juni-Bewegung

Mit der Organisationsfrage, die von einer langen Debatte bestimmt war (die etwa Ende 1969/Anfang 1970 einsetzte, die Zentralisationsphase umfasste (etwa die Umbenennung der KPD/AO in KPD (Juni 1971) und eigentlich auch die Gründung des KBW (12. Juni 1973) überdauerte, war auch eine Strategiedebatte auf die Tagesordnung gesetzt worden, die sich an Klassenkämpfe, Ausbeutung und Regression zu orientieren hatte. Mit ihr war eine explizit politische Stoßrichtung verbunden, die sich vom Schema nach an der Überwindung der kapitalistischen Verhältnisse orientiere, und die in den staatstragenden Parteien nur „Instrumente der Kapitalistenklasse“ sah. Mit dem „Kampf gegen die Sozialdemokratie“ legte das Zentralbüro der KPD/ML seine frühen politischen Grundlagen (vgl. Dietmar Kesten: Zur Geschichte der KPD/ML, Kapitel 8-14) fest, die nahezu von den meisten politisch arbeitenden linken Gruppen in der BRD mit Abwandlungen übernommen worden waren. An der RUB verbreitete das Organ des KJVD „Rot Front“ die Auffassungen und Ideen des Zentralbüros zu dieser spezifischen „Linie“. Der SHB kam dort wie gerufen. In der Agitation gegen ihn, bezeichnete das Unikollektiv ihn als „den verlängerten Arm der eher sozialfaschistischen als sozialdemokratischen SPD in der Arbeiterklasse“. Das Unikollektiv berichtete auch vom Eingreifen der KPD/ML-ZB in die „Klassenkämpfe“ und wie die Sozialdemokratie (z. B. bei Krupp Widia) „entlarvt“ wurde. Insgesamt war der „Kampf gegen die Sozialdemokratie“ auch zu einer Neutralisierungsfrage hochstilisiert worden; denn mit der Schlagung der Sozialdemokratie und deren Ende würden sich auch die Mittelschichten mehr und mehr der „revolutionären Bewegung“ zuwenden.

Die „2. Juni-Bewegung“, die der KSB/ML aus „Ausdruck der (verschärften) Klassengegensätze“ in der BRD verstand, musste über die Organisationsstruktur überwunden werden. Der KSB/ML wurde als „konsequente Weiterführung“ dieser Bewegung verstanden, und sie sollte, was natürlich ein Unding war, „gebieterisch (in) das Bündnis der Bewegung mit dem revolutionären Kampf der Arbeiterklasse unter Führung der Arbeiterklasse“ überführt werden. Diese neue Studentenmassenorganisation stieß auf die Kritik des Unikollektivs des KJVD; denn es würde nun um die „Phase der Verankerung der Partei und ihres Jugendverbandes in den Arbeitermassen“ gehen. Eine eigene studentische Organisation (so wurde die Auflösung des Kollektivs später begründet), sei deshalb Kritik würdig. Die fortgeschrittensten Studenten, die sich bei uns im Universitätskollektiv des KJVD organisiert haben“ und „der Partei verstärkt praktische Unterstützung erweisen“ wollen, könnten nur Unterstützungsarbeit leisten. Diese bestehe „beispielsweise im Verteilen von Betriebszeitungen, aus technischer Hilfe bei der Anfertigung dieser Zeitungen oder der Unterstützung beim Aufbau des Parteiarchivs“ (vgl. 20. Oktober bis 11. November).

20. Oktober 1970: Die Nr.2 der „Rot Front - Zeitung des Unikollektivs Bochum des KJVD der KPD/ML-ZB“ erschien mit dem Leitartikel

„SPD -stumpfes Instrument der Bourgeoisie“. (der Artikel richtete sich u.a. gegen den SHB, d. Vf.). Ausgeführt wurde:

„Die kommunistische Politik im Dienste des Proletariats muss immer wieder die Zusammenhänge aufzeigen (hier, dass die SPD der größte Spalter der Arbeiterklasse sei, d. Vf.). Wir dürfen uns nicht irre machen lassen: Nach wie vor gilt es, - gerade auch wegen einer möglichen vorbeugenden Konterrevolution, die die Bourgeoisie zusammen mit den kleinbürgerlichen faschistischen Gruppierungen vorbereitet (siehe jüngster CSU-Parteitag) - die Sozial-Demokratie als größte Fessel zur Bildung der starken Arbeiterkampffront energisch zu bekämpfen. Den verlängerten Arm der eher sozialfaschistischen als sozialdemokratischen SPD in der Arbeiterklasse, die linken Gewerkschaftler, Vertrauensleute, aber auch die DKP-Arbeitergenossen hingegen gilt es, von der kommunistischen Alternative, der KPD/ML und ihrer kompromisslosen proletarischen Politik zu überzeugen ... Was geht das alles uns Studenten an, werden manche meinen: Wir haben den SHB gewählt - SHB ist nicht gleich SPD - es kommt ja gerade auf die Opposition innerhalb dieser 'autoritären Partei' an, und da ist der SHB, sind die Jusos etc. ja gerade das Salz in der Suppe. So ist es eben nicht ... Die Neugründung des ausgemergelten SHB kommt also nicht von ungefähr. Einerseits drückt sich darin die Unzufriedenheit der sozialdemokratischen Studenten mit ihrer Partei aus, zum anderen hat dieses Sammelbecken linker Leute ausgewiesener maßen die Funktion der kritischen Bindung an die Sozialdemokratie. Was der SPD selbst unter den Studenten nicht gelingen sollte, schafft die entsprechende Hochschulgruppe: In der Klassenauseinandersetzung wird das akademische Kleinbürgertum neutralisiert, damit es auch in kommenden Zeiten der Krise der Herrschaft der Bourgeoisie sich nicht auf die Seite der kämpfenden Arbeiter zu stellen vermag.“

Im Artikel „Zu den Tarifkämpfen" in der Metalltarifrunde (MTR) im September wurde ausgeführt:

„Zum ersten Mal konnte die KPD/ML mit einheitlicher Linie in die Kämpfe eingreifen. In einigen Betrieben konnte sie die politisch-ideologische Führung übernehmen, so z.B. bei WIDIA in Essen, beim BV (Fried. Krupp Hüttenwerke AG) in Bochum, bei Opel in Rüsselsheim, wo die Parole der KPD/ML 'Kampf dem Lohnraub', 'Gegen die Verrätereien der SPD-Regierung die geschlossene Front der Arbeiterklasse' den Demonstrationszug anführten. In vielen Betrieben konnten sich die Betriebsgruppen der KPD/ML verstärken, oder es wurden neue gegründet. Auch in vielen Städten, in denen die KPD/ML früher nicht vertreten war, konnte sie Fuß fassen.“

Zur Aufgabe des Unikollektivs des KJVD in den Tarifkämpfen hieß es:

„Das Unikollektiv Bochum des KJVD hat für die streikenden Arbeiter im Bochumer Raum praktische Unterstützungsarbeit geleistet. Es hat die Aufgabe, die fortschrittlichen Studenten an der RUB als Bündnispartner der Arbeiterklasse zur Unterstützung ihres Kampfes zu organisieren. Das Unikollektiv des KJVD wird deshalb in der ersten Novemberhälfte in Zusammenarbeit mit der KPD/ML eine offene Diskussion über die 'Septemberstreiks 70' veranstalten. Das wird die erste einer Reihe von Veranstaltungen sein, in der das Unikollektiv seine Stellung zu wichtigen Fragen darlegen wird.“ (17)

02.11.1970:
Vermutlich Anfang dieser Woche erscheint erstmals die 'Rote Zelle' (vgl. 16.11.1970) als Zeitung des Kommunistischen Studentenbundes/ML (KSB/ML) an der Ruhr-Universität Bochum (RUB) mit 22 Seiten DIN A 4 unter Verantwortung von Stefan Bock, Bochum. Der KSB/ML ist die Studentenorganisation der KPD/ML-ZK und ging in Bochum aus dem SDS/ML hervor.

In der Rubrik "Studentenschaft - international" wird berichtet aus Kanada (vgl. Okt. 1970) und Jugoslawien (vgl. 26.10.1970).

In "Parkplätze Noch 'n NC?" wird berichtet vom 30.6.1970 an der RUB sowie vermutlich aus dem Oktober.

Im nächsten Artikel spricht der:"
KSB/ML - IN EIGENER SACHE
Nach monatelangen Vorbereitungen gründeten am 2.Juni 1970 - drei Jahre nach der Ermordung des Studenten Benno Ohnesorg - Mitglieder des ehemaligen Bochumer SDS und andere revolutionäre Studenten unter Führung und Anleitung der KPD/ML auch in Bochum eine marxistisch-leninistische Studentenorganisation, den SDS/ML.

DIE ERFAHRUNGEN DER 2.JUNI-BEWEGUNG

Als wir uns entschlossen eine marxistisch-leninistische Studentenorganisation zu gründen, hatten wir zuvor den Charakter der revolutionären Studentenbewegung in Westberlin und Westdeutschland, die wir 2.Juni-Bewegung nennen, untersucht.

Alle möglichen sogenannten Theoretiker haben nun Phasen und Namen für diese Bewegung erfunden, aber weder mit dem Begriff antiautoritär, noch mit einer der vielen anderen Einschätzungen ist bisher der wirkliche Charakter dieser Protestbewegung wiedergegeben worden. Ihr wirklicher Charakter: die 2.-Juni-Bewegung war eine vorbereitend kulturrevolutionäre Bewegung, die das Ziel verfolgte, die öffentliche Meinung auf die sozialistische Revolution vorzubereiten.

Die diesen Kampf führten, waren im wesentlichen Studenten. Das erklärt zwei Dinge:

Erstens ist die 2.Juni-Bewegung Ausdruck der Klassengegensätze in Westdeutschland, deren Verschärfung die zunehmende Unterdrückung auch der kleinbürgerlichen Schichten zur Folge hat. Somit erkennen die Angehörigen dieser Schichten immer mehr, daß auch sie für die Verwirklichung des Sozialismus kämpfen müssen, wenn sie ihre Interessen wirklich durchsetzen wollen.

Zweitens war die 2.Juni-Bewegung, eben weil sie kleinbürgerlich war, nicht in der Lage, ihre eigene Situation wirklich zu erkennen, ihre Theorie war eklektizistisch und sie konnte natürlich nicht allein für den Sozialismus kämpfen.

Im Verlauf der Entwicklung erkannten die revolutionären Studenten immer klarer, daß z.B. die Universitätsbürokratie nur dann KONSEQUENT bekämpft werden kann, wenn man den Kampf gegen die gesamte imperialistische Staatsbürokratie führt.

Die konsequente Weiterführung der kulturrevolutionären 2.-Juni-Bewegung forderte von einem bestimmten Moment an gebieterisch das Bündnis der Bewegung mit dem revolutionären Kampf der Arbeiterklasse unter Führung der Arbeiterklasse.

'Während die Bourgeoisie die Bauernschaft und alle kleinbürgerlichen Schichten zersplittert und zerstäubt, schließt sie das Proletariat zusammen, einigt und organisiert es. Nur das Proletariat ist - kraft seiner ökonomischen Rolle in der Großproduktion - fähig, der Führer ALLER werktätigen und ausgebeuteten Massen zu sein, die… zu einem SELBSTÄNDIGEN Kampf um ihre Befreiung nicht fähig sind.' (Lenin, Staat und Revolution)

DIE ARBEITERKLASSE MUSS IN ALLEM DIE FÜHRUNG HABEN

Die Gründung der KPD/ML - der marxistisch-leninistischen Partei der Arbeiterklasse - im Zusammenschluß der Marxisten-Leninisten, die einen jahrelangen antirevisionistischen Kampf in der KPD geführt hatten, mit der Avantgarde der 2.-Juni-Bewegung, die sich bereits zum Marxismus-Leninismus hinentwickelt hatte, - das machte die Führung der Arbeiterklasse in der erweiterten 2. Juni-Bewegung möglich.

So gründeten wir den SDS/ML als Studentenorganisation der KPD/ML in Bochum.

Er ist vom Typ her eine Massenorganisation der Partei, untersteht ihrer politisch-ideologischen Leitung.

Da auch in anderen Städten Studentenmassenorganisationen der KPD/ML bestanden, wurden diese mit dem Namen Kommunistischer Studentenbund/Marxisten-Leninisten (KSB/ML) auf nationaler Ebene zusammengefaßt.

Die drei wesentlichen Elemente des Kampfes der 2.-Juni-Bewegung sind der antibürokratische Kampf gegen den monopolkapitalistischen Staatsapparat und seine Ausläufer an der Universität, der antiimperialistische Kampf gegen die Hauptfeinde der Völker der Welt, den US- und SU-Imperialismus und ihre Lakaien, und der antirevisionistische Kampf gegen die Agenten der Bourgeoisie in der 2.-Juni-Bewegung.

Wie konnte der SDS/ML diesen Kampf im letzten Semester aufnehmen? Entsprechend den Bedingungen im letzten Semester, der SDS/ML war gerade erst gegründet worden und noch in den Abteilungen verankert, begannen wir mit der Propagandaarbeit auf Universitätsebene. Die Kambodschademonstration (vgl. 14.5.1970,d.Vf.) - die erste Demonstration in Bochum unter Führung der KPD/ML - der Uni-Wahlkampf (vgl. 30.6.1970,d.Vf.) und die Solidaritätsdemonstration (vgl. 26.6.1970,d.Vf.) für den verbotenen Heidelberger SDS waren die drei wichtigsten Aktivitäten im letzten Semester.

Der KSB/ML geht aus dem letzten Semester gestärkt hervor. Diejenigen Genossen, die den fortgeschrittensten revolutionären Gruppen an der Universität angehören, haben sich in der Mehrheit bereits dem KSB/ML angeschlossen.

Die ideologische Einheit ist durch gründliche Schulung und Diskussion der Parteilinie erreicht worden.

Wir können deshalb darangehen in den Abteilungen zu arbeiten und unsere Kampagnen auf breiter Grundlage zu entfalten.

DIE ZUKÜNFTIGEN AUFGABEN DES KSB/ML

Der KSB/ML ist die Studentenmassenorganisation der KPD/ML. Seine Aufgaben lassen sich nur aus der Analyse der gegenwärtigen Etappe der Revolution bestimmen.

Und das ist klar: die Hauptaufgabe der gegenwärtigen Etappe ist die Heranbildung der Avantgarde des Proletariats.

Wie kann der KSB/ML dabei helfen?

Durch zweierlei Dinge: Er hilft der Partei direkt, z.B. durch Mitarbeit bei der Klassenanalyse, oder durch Unterstützung der Betriebsgruppenarbeit; und zweitens dadurch, daß er innerhalb der Studentenschaft fest verankert wird.

Wir wollen uns hier der zweiten Aufgabe zuwenden, der Frage also, wie wir die Ideologie der Arbeiterklasse, den Marxismus-Leninismus und die Maotsetungideen in der Studentenschaft propagieren können, mit welchen Mitteln wir den antibürokratischen, antiimperialistischen und antirevisionistischen Kampf der 2.Juni-Bewegung weiterführen können. Die Methoden hierzu sind: Allgemeine Propagierung des Marxismus-Leninismus und der Maotsetungideen;

Schulung anhand ausgewählter Themen;

Entlarvung der feudal-bürgerlichen Ideologie an der Universität.

Das heißt, daß wir für das nächste Semester die Arbeit des KSB/ML mit: allgemeiner Aufklärung (Teach-ins, Filme), Verbreitung unseres Organs 'Rote Zelle', einem guten Schulungsprogramm und der Arbeit in den Abteilungen (z.B. Vorlesungs- und Übungskritik) beschreiben können.

FÜHRUNG STUDENTISCHER INTERESSENKÄMPFE

Wir wollen diesen Punkt gesondert abhandeln, weil gegenwärtig die Reformisten und Revisionisten mit großem demagogischen Aufwand versuchen, diese Kämpfe zu führen und auf das reformistische Gleis zu leiten. Die Reformisten und Revisionisten führen den Kampf für die studentischen Interessen und gegen die Verwirklichung der Ziele des monopolkapitalistischen Staates nur verbal. Tatsächlich geht es ihnen nur um ihre eigene 'Mitbestimmung' dabei; und die Trotzkisten weinen den guten alten bürgerlichen Qualifikationen nach (dies bezieht sich höchstwahrscheinlich auf die JG der IAK,d.Vf.).

Demgegenüber wird der KSB/ML vor allem gegen jeden Versuch der Spaltung der Studentenschaft kämpfen, d.h. er muß korporatistische Privilegien, wo sie gefordert werden, bekämpfen und für eine Nivellierung nach oben eintreten. Dabei wird er besonders die Studenten proletarischer Herkunft und die aus dem unteren Kleinbürgertum unterstützen. Er wird dort, wo die Staatsbürokratie der Monopole feudale Überreste liquidiert, nicht diese Überreste verteidigen, sondern für tendenziell sozialistische, nicht für bürgerliche Inhalte eintreten.

Da, wo die Unterdrückung durch die im Interesse der Monopole arbeitende Bürokratie am schärfsten und offenkundigsten ist, in den Prüfungen und den entsprechenden Massenveranstaltungen, da werden wir bereits in Kürze zu Aktionen aufrufen und im Rahmen unserer Strategie den Kampf aufnehmen.

DIE GRUNDORGANISATIONEN DES KSB/ML: ROTE ZELLEN

Wenn der KSB/ML die Studenten ansprechen will, dann muß er das an ihrem Arbeitsplatz tun, er muß es verstehen, seine Agitation und Propaganda auch auf die jeweilige Situation in den Abteilungen anzuwenden. Die Mitglieder des KSB/ML organisieren sich daher jeweils in ihren Abteilungen und zwar in den Roten Zellen des KSB/ML. Der KSB/ML wird diese Rote Zellen in allen Abteilungen gründen.

Er knüpft damit an eine politische Errungenschaft der 2.Juni-Bewegung, da die Roten Zellen zum ersten Mal in der 2.Juni-Bewegung auf der Grundlage der ideologischen Einheit das Bündnis mit der Arbeiterklasse propagiert haben.

Wir wissen aber auch, daß die Roten Zellen keine marxistisch-leninistischen Organisationen waren. Wer heute konsequent revolutionär sein will, kann nur auf der Grundlage des Marxismus-Leninismus und der Mao Tsetung-Ideen den politischen Kampf führen. Das machen die KPD/ML und ihre Massenorganisationen, also auch der KSB/ML.

Wir sagen mit der Gründung unserer Roten Zellen all denjenigen den Kampf an, die unter dem Nebel der 'Zusammenarbeit aller Linken' und 'Wir können uns noch nicht entscheiden-Phrasen' ihr eigenes Süppchen kochen, indem sie eigene Organisationen aufbauen und die marxistisch-leninistische Bewegung spalten und desorientieren."

Im nächsten Artikel heißt es:"
Die Marxisten-Leninisten in der BRD haben wichtige Fragen der deutschen Revolution noch nicht gelöst. Um die Etappen, die Strategie und Taktik der revolutionären Partei des Proletariats richtig festlegen zu können, müssen die Marxisten-Leninisten solche Probleme wie die internationalen Widersprüche des westdeutschen Imperialismus, Faschismus und Faschisierung, nationale Frage usw. ernsthaft studieren. Sie müssen es lernen, die Fragen vom grundlegenden Standpunkt und mit der Methode des Marxismus-Leninismus zu untersuchen; andernfalls werden sie scheitern. Wir werden deshalb in unserer Zeitung Untersuchungen der KPD/ML zu dieser Frage veröffentlichen.

ZUR ANALYSE DER INTERNATIONALEN WIDERSPRÜCHE DES WESTDEUTSCHEN IMPERIALISMUS

Das Hauptproblem für das möglichst 'reibungslose' Funktionieren eines kapitalistischen Systems ist das sogenannte 'gesicherte Wirtschaftswachstum'.

Das bedeutet: die kapitalistische Wirtschaft funktioniert nur bei der Aussicht auf STEIGENDE PROFITE.

Bei stagnierender Gesamtproduktion (einfacher Reproduktion) oder Rückgang der Produktion kann der Profitanteil jedoch nur dann steigen, wenn der Lohnanteil gleichzeitig absolut sinkt. Dieser Zustand tritt vorübergehend in Rezessionen (Krisen) ein. Er führt zwangsläufig zur Verschärfung des Klassenkampfes. Wenn die Gesamtproduktion dagegen ansteigt, so ist es möglich, daß der Profitanteil bei gleichzeitiger Stagnation oder sogar leichtem absolutem Anwachsen des Lohnanteils steigt.

Dies ist also für den Kapitalismus die ideale Situation, und er träumt davon, diese (vorübergehende) Phase des Zyklus zu 'verewigen': das wäre dann 'kontinuierliches Wirtschaftswachstum'.

Voraussetzung dafür wäre, daß die Märkte kontinuierlich schneller wüchsen als die Produktion, außerdem noch, daß die industrielle Reservearmee kontinuierlich anwüchse, damit die Löhne jederzeit auf einem Minimum gehalten würden.

Beides ist nicht der Fall. Besonders das Problem einer kontinuierlich wachsenden (und qualitativ immer 'richtig' zusammengesetzten) Reservearmee ist nicht im Sinne des Kapitalismus 'lösbar'. Deshalb sind zyklische Krisen ebenfalls unvermeidbar. In der Gefahr zyklischer Krisen liegt die Gefahr revolutionärer Krisen verborgen. Der Kapitalismus muß also mit allen Mitteln versuchen, die sogenannten 'Talsohlen' nicht zu tief sinken zu lassen. Er kann dagegen hauptsächlich mit zwei Mitteln zu kämpfen versuchen:

1) Steigerung der Exporte, um die Rezession im Inland auszugleichen;
2) Staatsaufträge, die allerdings Inflation schaffen.

Beide Mittel führen zu INTERNATIONALEN WIDERSPRÜCHEN. Für die Exporte müssen ausländische Märkte vorhanden sein, die expansionsfähig sind. Der westdeutsche Imperialismus besitzt folgende ausländische Märkte:

1) Westeuropa;
2) Nordamerika;
3) Osteuropa;
4) koloniale und halbkoloniale Länder.

Untersuchen wir nun, wie es mit der Expansionsfähigkeit dieser auswärtigen Märkte für den westdeutschen Imperialismus steht.

1. WESTEUROPA

Westeuropa, besonders der EWG-Bereich, war lange Zeit der wichtigste und am schnellsten wachsende Markt des westdeutschen Imperialismus. Er ist auch heute noch der wichtigste Markt, wenn seine Expansionsfähigkeit auch nachläßt.

Nordamerika kam an zweiter Stelle: hier ist mit dem größten Rückschlag zu rechnen. Die kolonialen und halbkolonialen Länder fallen nicht stark ins Gewicht. Es bleibt Osteuropa als Gebiet, in dem wahrscheinlich eine starke Steigerung möglich ist.

Aufgrund dieser Lage müssen für den westdeutschen Imperialismus verschiedene Wege denkbar sein, die zu Widersprüchen innerhalb der westdeutschen Monopolbourgeoisie führen werden.

Eine Fraktion setzt weiterhin vor allem auf Westeuropa. Um allerdings zu erreichen, daß die westdeutschen Monopole auf diesem Gebiet noch weitergehend Siege erringen können, müßten besonders an Frankreich Zugeständnisse gemacht werden. Es würde vor allem um zwei Zugeständnisse gehen:

1) Schutz der europäischen Landwirtschaft;

2) verschärfter Kampf 'Europas' gegen die USA auf dritten Märkten. Strauß (FJS - CSU,d.Vf.) vertritt diese Linie konsequent: deshalb fordert er in seinem Buch 'Herausforderung und Antwort', daß die 'Stärkung der Europäischen Gemeinschaft' (EG,d.Vf.) absoluten Vorrang haben müsse. Entscheidendes Element dieses Weges würde die 'politische Einheit Europas' darstellen, eine supranationale Staats- und Wirtschaftsgewalt also, die hauptsächlich von den westdeutschen Monopolen beherrscht würde.

Sollte sich diese Tendenz durchsetzen, so würden ziemlich harte wirtschaftliche Auseinandersetzungen mit den USA die Folge sein. Wirtschaftsprotektionismus ist immer EIN Element des Faschismus, natürlich kein ausreichendes. Immerhin dürfte der 'westeuropäische Weg' im Falle einer größeren Krise zum Faschismus Straußscher bzw. 'de Gaullescher' Art führen. Es würde zu starken Spannungen innerhalb Westeuropas, wahrscheinlich auch zu offenem Faschismus in Italien und Frankreich und damit zu einer revolutionären Situation in diesen Ländern führen.

2. USA

Der zweite Weg, weiterhin vor allem nach den USA zu schauen, der Weg der sogenannten 'Atlantiker' (vertreten durch Schröder u.a.), dürfte aufgrund der augenblicklichen Lage am wenigsten wahrscheinlich sein. Die USA werden Westdeutschland ihren Markt nur dann weiter öffnen, wenn Westdeutschland (wie Japan) sich aktiv an der Weltpolizei-Rolle der USA beteiligt.

Das würde jedoch zu großen Schwierigkeiten führen und vor allem in Europa die Widersprüche sehr verschärfen (Japan ist in Ostasien ohne imperialistische Konkurrenz, Westdeutschland in Europa aber keineswegs.).

3. OSTEUROPA

Der dritte Weg wäre der, den Status quo in Westeuropa zu akzeptieren und nun vor allem in Richtung Osten zu expandieren. Dieser Weg ist durch die 'neue Ostpolitik' Brandts zwar noch keineswegs wirklich beschritten, aber er ist dadurch möglich geworden. Die westdeutsche Bourgeoisie steht praktisch vor der Situation, ob sie im Widerspruch zwischen noch weiterer Expansion in Westeuropa und Expansion in Osteuropa die eine oder die andere Seite zur Hauptseite machen soll. Wählte sie die zweite Möglichkeit, so hieße das, daß im Falle einer ernsthaften Krise der Sozialfaschismus die wahrscheinlichste 'Lösung' sein würde. Er könnte begleitet sein von einem 'europäischen Sicherheitssystem', einer 'Konföderation der beiden deutschen Staaten' sowie einer Einführung der 'paritätischen Mitbestimmung' in allen westdeutschen Großbetrieben. Man muß sehen, daß diese 'Lösung' zu einer ernsthaften Spaltung der westdeutschen Bourgeoisie und zu großen ideologischen, politischen und organisatorischen Schwierigkeiten führen würde. Sie erscheint daher augenblicklich weniger wahrscheinlich als die 'westeuropäische Lösung'.

Auch das zweite Mittel zur 'Stabilisierung der Wirtschaft', die Staatsaufträge mit inflationären Folgen, beinhaltet internationale Widersprüche.

Die Inflationsraten der imperialistischen Länder sind verschieden hoch; je höher sie sind, um so gefährdeter die Währung, umso schwächer die internationale Position des betreffenden Imperialismus. Es ist einsichtig, daß die Höhe der inflationären Staatsaufträge ab hängig ist von der Möglichkeit, Rezessionen durch Steigerung der Exporte zu mildern. Je exportfähiger das Land, umso weniger Staatsaufträge sind notwendig. Das die eine Ursache. Die andere liegt in der Höhe der Rüstungsaufträge, die ebenfalls Inflation mit sich bringen. Die Höhe der Rüstungsaufträge wiederum ist abhängig vom Anteil des betreffenden Imperialismus an der konterrevolutionären 'Weltpolizei'.

Westdeutschland befand sich bisher in einer beneidenswerten Lage: die 'Weltpolizei'-Kosten für die Sicherung seiner Energie- und Rohstoffbasen ließ es hauptsächlich von den USA und England (Großbritannien,d.Vf.) bzw. Frankreich tragen, außerdem war es für den Export in sehr günstiger Position, da es einen Produktivitätsvorsprung vor seinen Konkurrenten besaß. Die Konsequenz war, daß die Währungen der USA, Frankreichs und Englands viel schneller schmolzen als die D-Mark. Das führte zu den zwei Aufwertungen der DM (vgl. **.**.19**, **.**.19**,d.Vf.) und zu den Pfund- und Franc-Abwertungen (vgl. **.**.19**, **.**.19**,d.Vf.).

Man kann mit Sicherheit sagen, daß die Widersprüche der Währung zu einem verschärften Kampf zwischen USA und BRD führen müssen. Das ist ein weiteres Argument gegen den 'atlantischen Weg'. Es ist ein weiteres Argument für die 'westeuropäische Lösung', die z.B. zu einer 'westeuropäischen Einheitswährung' (auf DM-Basis) führen könnte.

Das Nachgeben Brandts in der Aufwertungsfrage hat gezeigt, daß der 'osteuropäische Weg' augenblicklich mit Konzessionen an den 'atlantischen Weg' Hand in Hand geht. Das ist wegen des konterrevolutionären globalstrategischen Bündnisses zwischen USA und SU logisch.

Der 'westeuropäische Weg' dagegen würde den Weg der 'Selbständigkeit' des westdeutschen Imperialismus zwischen USA und SU bedeuten. Zwei Wege sind also für den westdeutschen Imperialismus am wahrscheinlichsten:

1. DER WESTEUROPÄISCHE WEG.

Er wäre gekennzeichnet durch weitere Verstärkung der westdeutschen Hegemonie über Westeuropa. Durch Handelskrieg gegen die USA. Durch Schutz der westeuropäischen Landwirtschaft. Durch Schutz der kleinen und mittleren europäischen Industrie gegen amerikanische und japanische Konkurrenz. Durch Schaffung einer westeuropäischen Währung. Durch 'politische Einigung' Westeuropas unter westdeutscher Führung. Durch verschärften Kampf gegen die USA um koloniale und halbkoloniale Gebiete. Durch 'Weltpolizei'-Aktionen 'europäischer' Streitkräfte. Durch Tendenzen zu einem 'europäischen' Faschismus nach der Art von de Gaulle-Strauß. Durch eine 'eigene europäische Atomstreitkraft'. Auch von dieser Basis aus wäre übrigens eine weitere wirtschaftliche Expansion in Osteuropa durchaus denkbar.

2. DER 'OSTEUROPÄISCH-ATLANTISCHE WEG.

Er wäre gekennzeichnet durch Beibehaltung der jetzigen 'lockeren' Einheit Westeuropas. Durch ein 'europäisches Sicherheitssystem'. Durch Konzessionen an die USA in Währungs- und Handelsfragen. Durch Schwergewicht auf wirtschaftliche Expansion in Osteuropa. Durch Tendenzen zum Sozialfaschismus, zu einer 'Konföderation beider deutscher Staaten' und zur allgemeinen Einführung der 'paritätischen Mitbestimmung'. Durch Bündnis mit der SU gegen China.

Die Marxisten-Leninisten müssen jederzeit auf beide Möglichkeiten eingestellt sein. Natürlich wird der westdeutsche Imperialismus sich solange eben möglich BEIDE Wege offenzuhalten suchen, schon im Interesse einer starken Verhandlungsposition.

Wahrscheinlich wird er erst durch den Druck einer schweren Wirtschaftskrise endgültig wählen müssen. Solange müssen die Marxisten-Leninisten zu jedem Zeitpunkt analysieren, welche der beiden Seiten jeweils die Hauptseite ist.

Beide Fraktionen der Monopolbourgeoisie sind Todfeinde des Proletariats. Das bedeutet, daß das Proletariat niemals die eine der beiden Fraktionen gegen die andere unterstützen darf. Das gilt besonders für den Fall, daß die 'westeuropäische Lösung' etwa zu einer aus taktischen Gründen vorübergehend 'konzilianten' Haltung gegenüber China führen sollte. Es gilt aber auch für den umgekehrten Fall, in dem es zu einer 'Konföderation der beiden deutschen Staaten' käme.

Je nachdem die eine oder die andere Seite des Widerspruchs innerhalb der westdeutschen Bourgeoisie jeweils die Hauptseite bildet, muß der Hauptschlag der Marxisten-Leninisten gegen die eine oder die andere gerichtet sein. Gleichzeitig müssen die Marxisten-Leninisten aber jederzeit auch klarstellen, daß die andere Fraktion der Bourgeoisie keineswegs eine Alternative für das Proletariat bedeutet.

Wichtig ist allerdings festzustellen, daß die Taktik der Partei des Proletariats in beiden Fällen sehr verschieden sein muß.

Die 'westeuropäische Lösung' würde vor allem folgende Besonderheit bieten: die Verknüpfung zwischen dem Kampf der Arbeiterklasse der westeuropäischen Länder würde dadurch noch enger als bisher schon. Das würde bedeuten, daß eine revolutionäre Situation in Italien oder Frankreich augenblicklich zu einer vorrevolutionären Situation in Westdeutschland führen würde. Die Verteidigung der italienischen, französischen usw. Revolution würde zum Hebel der Revolutionierung Westdeutschlands. In diesem Zusammenhang käme den ausländischen Arbeitern eine besonders wichtige Rolle zu. Die Arbeit mit ihnen müßte also langfristig auf diese Situation ausgerichtet werden.

Die Bourgeoisie würde als ideologische Absicherung der 'westeuropäischen' Lösung eine 'Europa-Ideologie', die bereits existiert, noch weiter verstärken. man würde demagogisch 'gegen den Nationalismus, gegen nationale Beschränkung' usw zu Felde ziehen. das Proletariat dürfte dem keineswegs eine nationalistische Argumentation entgegenstellen (wie lange Zeit die französischen Revisionisten: ohne Erfolg) - im Gegenteil: es müßte die europäische Revolution proklamieren, es müßte den proletarischen Internationalismus in den Vordergrund stellen.

Sollte sich der 'osteuropäische Weg' durchsetzen, so wäre die Lage sehr verschieden. Es würde dann zu einer umfassenden 'sozialen' Demagogie kommen. Der DGB würde sich mit seinem gesamten Gewicht auf der Seite der Bourgeoisie engagieren. Es gäbe 'Mitbestimmung'. Ideologisch würde die Bourgeoisie eine mehr nationale Demagogie wählen: sie könnte dann nämlich möglicherweise eine 'Konföderation beider deutschen Staaten' zuwege bringen und dann als Ersatz-Wiedervereinigung verkaufen. Man würde sagen, das 'Beste aus Ost und West übernommen und vereinigt' zu haben.

Auch hier müßte die Partei des Proletariats offensiv argumentieren: sie müßte die revolutionäre Volksrepublik Deutschland propagieren. Sie müßte zeigen, wie die 'Mitbestimmung' und die 'Konföderation' etwas versprechen, was sie nicht halten.
(Wird fortgesetzt in der nächsten RZ (vgl. 23.11.1970,d.Vf.) mit 'Zum Problem der Faschisierung und des Faschismus').

Eingeladen wird zur eigenen Schulung (vgl. 12.11.1970) und zur 'Autumn Blues Fete' von AStA und Fachschaft Jura (vgl. 4.11.1970). Aufgerufen wird zum Hören von Radio Peking und Radio Tirana.

Aus dem 'Roten Morgen' (RM) Nr.9 (vgl. Okt. 1970) wird ein Artikel zur Black Panther Party (BPP) in den USA übernommen. In einer letzten Meldung dazu heißt es:"
Eldridge Cleaver, der Informationsminister der Black Panther Partei, aller Voraussicht nach noch in diesem Monat in Bochum sprechen. Das Black Panther Solidaritätskomitee (BPP-SK,d.Vf.) bestätigte die Einladung des KSB/ML Bochum, konnte aber noch keinen festen Termin zusagen, da die Einreise Eldridge Cleavers nach wie vor ungewiß ist. … Der genaue Termin wird rechtzeitig bekanntgegeben" (vgl. 2.12.1970).

Bezüglich Frankreichs wird ein Artikel der KPF/ML aus der 'L' Humanite Nouvelle' Nr.8 (vgl. Juni 1970) übernommen.

Von der RUB wird berichtet aus der Physik (vgl. 27.10.1970) und von der Wohnkampagne (vgl. 26.10.1970). Als Vorabdruck erscheint ein Artikel der 'Zündkerze' (vgl. 9.11.1970) über den Streik bei Opel (IGM-Bereich).

Aufgerufen wird zum Lesen des 'Roten Morgen' (RM) und des 'Revolutionären Weges' (RW).
Q: Rote Zelle Nr.1,Bochum Nov. 1970; KPD/ML-ZK-OGL Dortmund:Kritik der OGL Dortmund an der 'Theorie' von den Zwei-Wegen des westdeutschen Imperialismus und ihrer Auswirkungen auf die Praxis der Partei,Dortmund o.J. (1971)

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11. November 1970: In der „Rot Front“ Nr. 3/1970 führte das Unikollektiv des KJVD zu den kommenden Aufgaben aus:

„Langfristige Hauptaufgabe der kommunistischen Studenten ist es, die akademische und technische Intelligenz während ihrer Hochschulausbildung zu einem Teil für den Kampf der Arbeiterklasse zu gewinnen, zu einem Teil dem unmittelbaren Einfluss der bürgerlichen Ideologie zu entziehen und zu einem Teil energisch als Agenten des Kapitals zu bekämpfen, um ihn zu isolieren. Da diese korrekterweise unter der ideologischen Anleitung der revolutionären Partei des Proletariats, der KPD/ML zu erfolgen hat, gilt für die Aufbauphase, die Phase der Verankerung der Partei und ihres Jugendverbandes in den Arbeitermassen, dass die fortgeschrittensten Studenten, die sich bei uns im Universitätskollektiv des KJVD organisiert haben, der Partei verstärkt praktische Unterstützung erweisen. Diese besteht beispielsweise im Verteilen von Betriebszeitungen, aus technischer Hilfe bei der Anfertigung dieser Zeitungen oder der Unterstützung beim Aufbau des Parteiarchivs. In dem Maße, in dem die Partei und ihr Jugendverband, der KJVD, im proletarischen Bereich erstarken, werden auch die Unikollektive ihre eigentliche Aufgabe angehen: Die Gewinnung der Studierenden Jugend als Bündnispartner für den revolutionären Kampf des Proletariats und der unterdrückten Nationen. Das heißt aber eben, dass auch bereits jetzt diese zukünftige Hauptaufgabe von den KJVD-Unikollektiven vorbereitend in Angriff genommen werden muss. Es muss der Kampf zur Verbesserung der sozialen - und Studienlage der Studenten geführt werden. Vor allem aber muss die Ideologie der bürgerlichen Wissenschaft bekämpft und bis in ihre letzten Schlupfwinkel verfolgt werden. Dazu ist es notwendig, alle organisierten und unorganisierten subjektiven und objektiven Vertreter des Kapitals an den Hochschulen zu entlarven und zu bekämpfen. Dazu muss weiterhin in hohem Maße marxistisch-leninistische Bildungsarbeit geleistet werden, es muss von den Kämpfen des nationalen und internationalen Proletariats, von den Volksbefreiungsbewegungen usw. berichtet sowie der kühne Aufbau des Sozialismus und seine Probleme in China und Albanien geschildert werden. Eingedenk dieser Aufgaben hat das Universitätskollektiv des KJVD-Bochum sich folgenden vorläufigen Plan für das laufende Semester entwickelt:

16.11.1970:
Vermutlich Anfang dieser Woche erscheint die 'Rote Zelle' Nr. 2 (vgl. 2.11.1970, 19.11.1970) als Zeitung des Kommunistischen Studentenbundes/ML (KSB/ML) an der Ruhr-Universität Bochum (RUB).
Berichtet wird von Opel Bochum (vgl. 9.11.1970), über die Äußerungen der DKP zum Moskauer Vertrag, von der RUB aus der Abteilung 8 (Sozialwissenschaften) und der Abteilung XI (Mathematik), aufgerufen zur Solidarität mit der Black Panther Party (BPP – vgl. 2.12.1970).
Aus dem Ausland wird berichtet aus Frankreich von der Uni Nanterre, aus Spanien und über die Studentenunruhen in den USA.
Fortgesetzt wird der Artikel zur französischen Gauche Proletarienne (GP).

Der KSB/ML äußert sich auch "Zum Problem der Faschisierung und des Faschismus". Aufgerufen wird zur eigenen offenen Schulung.
Q: Rote Zelle Nr.2,Bochum Nov. 1970

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19.11.1970:
Es erscheint die 'Rote Zelle' (vgl. 16.11.1970) als Zeitung des Kommunistischen Studentenbundes/ML (KSB/ML) an der Ruhr-Universität Bochum (RUB). Eingeladen wird zur heute beginnenden offenen Schulung des KSB/ML.
Q: Rote Zelle,Bochum 19.11.1970

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14.12.1970:
Vermutlich Anfang dieser Woche erscheint die Nr. 3 der 'Roten Zelle' - Zeitung des KSB/ML Bochum der KPD/ML-ZK (vgl. 11.12.1970, 19.12.1970) mit 8 Seiten DIN A 4 zu Spanien. Aufgerufen wird zur Spanienveranstaltung am 17.12.1970 und zur Spanein-Demonstration am 19.12.1970.
Q: Rote Zelle Nr.3,Bochum Dez. 1970

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Schulungen, Kongresse, andere Veranstaltungen

Die Kader(heraus-)Bildung an den Universitäten war insgesamt zu einer Standortfrage geworden. Eigentlich fanden dort Schulungen, Kongresse und andere Veranstaltungen in Permanenz statt. Studiert, diskutiert, vorgetragen und geschult wurde alles, was sich irgendwie mit dem Marxismus und der Arbeiterbildung in Verbindung bringen ließ. Einen genauen Überblick über Schulungsangebote an der RUB gibt es indes nicht. In der Zeit als die chinesische Kulturevolution nach Westeuropa rüber schwappte, war es sicherlich Maos „Rote Buch“ und andere Schriften des „Vorsitzenden“, die schulische Verbreitung fanden. In der vielschichtigen Emanzipationsbewegung auf dem Campus kamen nach und nach die Schriften, Bücher, Paperbacks und Drucke hinzu, die die „Theorie vom Klassenkampf“ beinhalteten, und die, die die „Weimarer- und internationale revolutionäre Arbeiterbewegung“ repräsentierten. Aber auch Wilhelm Reichs Schriften, Schriften der (zur) Frauenbewegung, Texte zur Kindererziehung, Subkulturtexte, Psychoanalyse, Schule und Klassenkampf usw. usf. sollten zur Politisierung beitragen.

Vieles wurde nachgedruckt. Es erschienen Raubdrucke und Reprints, Arbeiterbuchläden (u. a. die „Bücherscheune“, die nahe an der RUB lag) verkaufen diese Literatur. In der Mao-Bewegung gab es eigene Literatur-Vertriebe, die alle Schriften der Klassiker an den Mann bzw. die Frau brachten und die u. a. in der Mensa angeboten wurden. Diese Form von Kulturproduktion war enorm. Das Studium war eine Art Neubestimmung, um die Geheimgeschichte der revolutionären Bewegung zu erkunden. Und es sollte Anleitung zum „praktischen Kampf“ sein. Ohne Schulung also keine Organisation. Einen Überblick über das, was geschult wurde, scheint immer noch das Standardwerk von Albrecht Götz von Olenhusen/Christa Gnirß: „Handbuch der Raubdrucke 2. Theorie und Klassenkampf“ zu sein. (20)

Der KSB/ML und andere linke Gruppen unterschieden sich womöglich nicht großartig von ihrem Schulungsprogramm. Neben Grundschulungen, in denen die Standardtexte von Marx, Engels, Lenin, Stalin und Mao geschult wurden (etwa vom „Kommunistischen Manifest“ bis zu den „Fragen des Leninismus“ und „Über den Widerspruch“), standen auf dem Programm: „Kampf gegen den modernen Revisionsmus“, die „Probleme des Marxismus-Leninismus“, der Imperialismus, die Rolle der Kommunistischen Partei, die Diktatur des Proletariats usw. auf der Tagesordnung (vgl. 30. Oktober bis 16. Dezember).

30. Oktober 1970: Von heute lag uns ein Protokoll eines Zentralausschuss vor, der vermutlich in Bochum eine Sitzung abhielt. Darin wurde ausgeführt:

„Protokoll der Zentralausschusssitzung vom 30.10.1970. TEILNEHMER VGL GRUPPENAUFSCHLÜSSELUNG VOM 23.10.1970

TOP 1: VERFAHRENSFRAGEN:

Beschlüsse:

Protokolle werden reihum geschrieben; der Protokollant einer Sitzung ist der Verhandlungsleiter der folgenden Sitzung.

TOP 2: DISKUSSION DER VORLAGE DES ORGANISATIONSAUSSCHUSSES - 'SCHULUNG'

Der Ausschuss legt ein Papier vor, das allen Teilnehmern bekannt ist; dieses Papier empfiehlt, wie (1) die Mitgliedschaft im ZA, (2) die theoretische Basis (Schulung) des ZA, (3) die 'Praxis einzelner' während der Phase der Aufbauarbeit der Organisation, während der keine neuen Projekte begonnen werden und (4) die nächsten Schritte zu regeln sind. Die Diskussion ergibt eine Reihe von Fortschritten in der Festlegung der weiteren Perspektive der Arbeit.

1. DAS VORGELEGTE PAPIER WIRD AKZEPTIERT als Grundlage weiterer Arbeit des ZA; es wird in der Diskussion auf das Dilemma hingewiesen, bei den Aufnahmekriterien Mitarbeit in einer der laufenden Projektgruppen des Sozialbereichs zu verlangen, gleichzeitig jedoch in der Aufbauphase keine neuen Projekte starten zu wollen, solange nicht die Theorie/Perspektive proletarischer Arbeit im Sozialbereich geklärt ist. Der Organisationsausschuss schlägt angesichts dieses Dilemmas vor, dass die Genossen, die bisher in keiner Projektgruppe mitarbeiten, sich entweder verstärkt für die Durchführung der Erarbeitung der marxistischen Grundlagen einsetzen oder sich aktiv an der Auseinandersetzung im Ausbildungsbereich von Sozialarbeitern, Sozialpädagogen usw. beteiligen.

2. Die Schulung in der Anfangsphase soll nicht so absolut gesetzt werden, dass der ZA sich ohne Praxis, ohne ein Mindestmaß an Aktionen, AKTIONSBEREITSCHAFT verhält. Vielmehr soll gewährleistet sein, dass konkrete Konflikte laufend (!) erörtert und bearbeitet werden, dass (wenn notwendig) der ZA dazu notfalls vorläufig Stellung nimmt und aktiv einspringt, wenn das vom ZA gefordert wird. Im Einzelnen wird in jeder ZA-Sitzung BIS ZU EINER STUNDE solchen aktuellen Fragen gewidmet werden.

3. Bis zum Jahresende soll die Schulung zunächst anhand grundlegender Texte politisch-ökonomischer Art, ein möglichst einheitliches Interpretationsraster im ZA vermitteln. Später sollen dann zunehmend SPEZIFISCHE BEREICHE geklärt werden, bei deren Erörterung die polit-ökonomischen Grundlagen zum Zuge kommen müssen; an derartigen Bereichen werden erwähnt: Betrieb und Schule / Wohnen und Mieten sowie Städtebau Raumplanung im Spätkapitalismus / Sozialisation im Freizeitbereich unter den Bedingungen der Klassen und Altersgruppen usw.

Dabei sind wir uns darüber klar, dass für den Sozialbereich die Präzisierung der klassenkämpferisch-proletarischen Perspektive nicht nur im Ruhrgebiet jetzt erst wieder begonnen hat. Das heißt zur Zeit der Studentenbewegung wurde (recht stark unter dem Einfluss von H. Marcuse) nach den revolutionären Gruppen außerhalb bzw. am Rande der spätkapitalistischen Gesellschaft gefragt, die in sich durch und durch integriert, stabilisiert und 'eindimensionalisiert' sein sollte. Hierbei wurde die sog. Randgruppenstrategie entwickelt als Antwort auf die Frage nach dem revolutionären Subjekt im Spätkapitalismus; als Randgruppen galt z.B. die 'Dritte Welt', galten Obdachlose, Rocker, Fürsorgezöglinge, selbst Studenten usw. in den Metropolen. Aufgrund von Erfahrungen aus den Septemberstreiks 1969 und bei Betriebsarbeit ebenso wie bei der Analyse wichtiger Etappen aus der Geschichte der Arbeiterbewegung und auf Grund frustrierender Erfahrungen in praktischen Projekten mit Randgruppen (Fürsorgezöglinge in Kommunen usw.) wurde diese Randgruppenstrategie revidiert (Frühjahr 1970 - Randgruppenkongress in Berlin) dabei unterlief ein weitreichender Fehler: häufig scheiterten solche Projekte, weil die arbeitenden Gruppen methodisch keine Ahnung hatten oder schlurrten, das Scheitern wurde aber nicht auf methodische Ahnungslosigkeit zurückgeführt, sondern auf strategisch-taktische Fehlschlüsse und damit wurde umso empathischer die Randgruppenfrage ad acta gelegt, ohne wenigstens in der objektiv korrekteren Phase der Arbeit in Großbetrieben nun methodisch richtiger vorzugehen. Im ZA wurde erwähnt, dass z.B. Genossen in Westberlin nach intensiver Praxis in Großbetrieben inzwischen wieder Arbeit in Stadtteilen, Mieten-Wohnen, Freizeitverhalten, Jugendgegenkultur usw. anfangen und ähnlich Fragen wie wir. Umso wichtiger für uns, überregional mit korrespondierenden Gruppierungen Kontakt aufzunehmen.

3. Als Inhalte der grundlegenden, polit-ökonomischen Schulung einigten wir uns darauf, dass das 'Minimalprogramm' marxistisch-leninistische Theorie umfassen sollte, Teile wie:

TOP 3: ZUR MITARBEIT IM ZA SOLLEN AUFGEFORDERT WERDEN:

TOP 4: ARBEIT DES ZA

1. Als Schulungsart soll aus KURSBUCH 21 der Aufsatz von Hufschmidt u.a. 'Die Widersprüche des westdeutschen Kapitals und die Wirtschaftspolitik der SPD' besprochen werden.

2. Danach ist Grundlage der Schulung der Text von ROTZOEK Berlin, den A. besorgt.

3. Möglichst viele von uns besorgen den 'SOZIALBERICHT 70' der Bundesregierung (beim Presse- und Informationsamt bzw. dem Arbeits- und Sozialministerium Bonn)." (21)

12. November 1970: An der Ruhruniversität Bochum (RUB) lud der KSB/ML der KPD/ML-ZK zu seiner heute beginnenden offenen Schulung um 18 Uhr in NA 02/26 ein:

„Bei unserem Schulungsprogramm legen wir großen Wert auf die Verbindung der revolutionären Theorie mit der revolutionären Praxis. Deshalb werden wir am Anfang auf die Probleme der marxistisch-leninistischen Bewegung in der BRD und dann auf den Kampf gegen den modernen Revisionismus im Weltmaßstab eingehen. Erst am Ende werden wir eine kurze Grundschulung durchführen, in der wir die wichtigsten Grundlagen des Marxismus-Leninismus kurz darzulegen versuchen.

A. PROBLEME DES MARXISMUS-LENINISMUS IN DER BRD 1. Die 2.Juni-Bewegung (welche Rolle spielte die Studentenbewegung?). 2. Die Entstehung der marxistisch-leninistischen Bewegung in der BRD 3. Die Lage des westdeutschen Imperialismus und die Aufgaben der Marxisten-Leninisten

B. KAMPF GEGEN DEN MODERNEN REVISIONISMUS IM WELTMASSTAB 1. Die große proletarische Kulturrevolution in China. 2. Der Kampf der albanischen Marxisten-Leninisten. 3. Die Machtübernahme der Revisionisten in der UdSSR (SU, d. Vf.). 4. Zur Stalinfrage.

C. GRUNDSCHULUNG 1. Die Marxsche Werttheorie. 2. Dialektischer Materialismus (Die Weltanschauung des Proletariats). 3. Was ist die Diktatur des Proletariats? 4. Der Imperialismus. 5. Die Rolle der Kommunistischen Partei". (22)

13. November 1970: Laut „BSZ“ begann an der Ruhr-Universität Bochum ein zweitägiges Treffen der psychologischen Basisgruppen aus der 'BRD' und Berlin. Gruppen kommen aus: Berlin (SEW, PL/PI, KPD/AO), Braunschweig (Spartakus), Bochum (KPD/ML), Bonn (Spartakus), Gießen (KPD/AO und Spartakus), Mainz (KPD/ML), Marburg (Spartakus), Heidelberg (SDS). (23)

Dezember 1970: Der AStA der RUB berichtete vom Bonner Kongress der GEW, der BAK und des VDS, der u.a. für die Mitbestimmung eintrat. (25)

16. Dezember 1970: Der VDS will heute, laut und mit DKP, seinen Kongress Mitbestimmung in Wissenschaft und Ausbildung für Demokratie und sozialen Fortschritt in der Universität Bonn durchführen. Anwesend ist u.a. auch die Junge Garde (JG) der IAK, mit der sich der Spartakus AMS der DKP in Bochum befasst. (26)

21.12.1970:
Der KSB/ML Bochum der KPD/ML-ZK gibt vermutlich in dieser Woche ein Flugblatt seiner Zeitung 'Rote Zelle' (vgl. 19.12.1970) heraus. Danach organisiert er nach den Weihnachtsferien wieder eine offene Schulung mit dem Thema: "Der Kampf der albanischen Marxisten-Leninisten", wozu es heißt:"
In dieser Schulungssitzung sollen die Erfolge, die die albanischen Marxisten-Leninisten beim Aufbau des Sozialismus, in der sozialistischen Kulturrevolution und in ihrem heldenhaften Kampf gegen den Sowjetrevisionismus errungen haben, dargelegt und darüber diskutiert werden."
Q: Rote Zelle Extra,Bochum o. J.

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Aktionen, Demonstrationen, Berichte und andere Aktivitäten

Die Auseinandersetzungen mit der Bürokratie des Kultusministeriums NRW, war sicherlich von dem Ziel bestimmt gewesen, den Streit eskalieren zu lassen. Die eingeforderte Solidarität mit Professor von Buttlar belegt das. Die Androhung von „disziplinarischen Maßnahmen“ von Wissenschaftsminister Johannes Rau, verstand der KSB/ML als Form des „durchorganisierten Unterdrückungsapparates“. Ihm sollte tatsächlich, wie er schrieb, mit „Kampfmaßnahmen“ begegnet werden. „Clearing“ in NRW war gleichbedeutend mit einem „undemokratischen Planungsverfahren“ der KuMi-Bürokratie. Faktisch betraf das den gesamten Sektor des Bildungsnotstands an der RUB, was den Ausbildungsstandard betraf, Mobilität, Disponibilität usw. Alle Planungsziele des universitären Bereich, so der KSB/ML, seien somit in Frage zu stellen.

Die „RoteZelle“ berichtete weiter über die Lehrerausbildung, Prüfungsordnungen und NC, über den kanadischen Kapitalismus, über Clearingstellen, Jugoslawien. Hinweise über Beat- und Rockgruppen fehlten ebenfalls nicht (vgl. 27. Oktober bis 4. Dezember).

27. Oktober 1970: Der KSB/ML an der RUB berichtete:

„GEWALT ?? - ZU DEN ÄUSSERUNGEN PROFESSOR VON BUTTLARS. Der KSB/Ml hat am 27.10. in der Vorlesung Experimentalphysik I ein Flugblatt verteilt, in dem er zur Solidarität mit Professor von Buttlar aufruft. Von Buttlar hatte in der ersten Vorlesungsstunde im mit 800 Hörern völlig überfüllten HNA (600 Sitzplätze) geäußert, dass wir in einem merkwürdigen Zeitalter leben, - das Ministerium verstehe nur die platte Gewalt - man müsse es zum Chaos kommen lassen, bevor sich etwas ändert. Der SPD-Wissenschaftsminister Rau drohte Professor von Buttlar wegen seiner 'Aufforderung zur Gewalt' mit disziplinarischen Maßnahmen. Der Fachschaftsrat (FSR, d. Vf.) der Abteilung Physik verteilte daraufhin Unterschriftenlisten, auf denen suggestiv gefragt wurde, ob die Studenten die Äußerungen von Buttlars als Aufforderung zur Gewalt verstanden hätten oder nicht. Circa 300 Studenten unterschrieben in der Spalte ' nicht so verstanden', niemand unterschrieb in der anderen Spalte.

Die Erkenntnis: 'da hilft nur noch Gewalt' ist eine Erkenntnis, die die revolutionären Studenten in der 2.Juni-Bewegung gewonnen haben. Der Angriff gegen von Buttlar ist damit indirekt ein Angriff gegen die Studenten, die diese Erkenntnis gegen die Kultusbürokratie und reaktionäre Professoren propagieren. Die Mehrzahl der Professoren steht zweifellos auf Seiten der Kultusbürokratie. Einige Professoren jedoch, zu denen auch von Buttlar gehört, verurteilen die Fehlplanungen der Kultusbürokraten, die zu chaotischen Zuständen führen und ihnen die Lehre schwer machen. Die Schlussfolgerungen, die von Buttlar daraus zieht, sind zwiespältig: einerseits artikuliert er (bewusst oder unbewusst) eine der fortschrittlichen Auffassungen der Studenten, die den Kultusbürokraten den Kampf angesagt haben: 'die einzige Sprache, die das Kultusministerium verstehe sei die nackte Gewalt' (WAZ vom 21.10.); andererseits ist er nicht konsequent genug und erkennt Maßnahmen, die die Kultusbürokraten zu ergreifen bereit sind, wie Clearingstellen und Numerus Clausus (NC, d. Vf.) nicht als das, was sie sind: Maßnahmen gegen die Studenten. Wenn nun ein Professor wie von Buttlar von der Kultusbürokratie angegriffen wird, weil er eine richtige Erkenntnis verbreitet, die eine Kampfansage an die KuMi-Bürokratie bedeutet, dann müssen wir diesen Professor gegen die Kultusbürokratie und ihre Handlanger und Verbündeten in Univerwaltung und unter den reaktionären Professoren unterstützen. Vor diesen KuMi-Papiertigern zu kuschen und, wie in diesem Falle, Unterschriften zu sammeln, die die richtige Erkenntnis leugnen, ist KEINE Unterstützung. Wir müssen offen für die richtige Erkenntnis notfalls mit Kampfmaßnahmen eintreten; das heißt in diesem Falle: Wir unterstützen die These 'gegen die Kultusbürokratie hilft nur noch Gewalt' (Zitat aus dem vom KSB/ML verteilten Flugblatt:)

WAS HEISST: DA HILFT NUR NOCH GEWALT? Wir verstehen darunter keine anarchistischen Aktionen, mit denen hier und heute alles verändert werden könnte. Wir müssen eines lernen: der Feind plant langfristig, d.h. die Monopole haben sich wie in allen anderen gesellschaftlichen Bereichen an der Uni einen riesigen, durchorganisierten Unterdrückungsapparat aufgebaut. Nur Aktionen, die sich in eine langfristige Strategie gegen die Monopolbourgeoisie an den Universitäten einordnen, können die Angriffe der Kultusbürokratie kontern. In diesem Kampf brauchen wir eine starke Organisation, die ihn zentral leitet, die sich einreiht in den Kampf der Arbeiterklasse gegen die Diktatur der Monopolbourgeoisie - unter der Führung einer kommunistischen Partei, der KPD/ML. Der KSB/ML ist die studentische Massenorganisation der KPD/ML, er hat diese Aufgabe in Angriff genommen. Er wird in allen Abteilungen Rote Zellen gründen und den Kampf von dieser Basis aus führen.“ (27)

November 1970: Der KSB/ML der KPD/ML-ZK an der RUB in NRW berichtet vermutlich aus dem Oktober:

„KANADA

Kanada, bisher eine Art Musterländle des Kapitalismus - man hörte selten etwas über klassenkämpferische Auseinandersetzungen - hat, wie es die 'Frankfurter Rundschau' ausdrückte, seine Unschuld verloren. Was die 'FR' als Verlust der 'Unschuld' bezeichnet, also das erste politische Kidnapping, der erste politische Mord, ist in Wirklichkeit Ausdruck der sozio-ökonomischen Lage der französisch sprechenden Arbeiter in der Provinz Quebec. Bei 85% französisch sprechender und 12% englischstämmiger Bevölkerung sieht die Situation folgendermaßen aus: Die Anglo-Quebecer sind weit überrepräsentiert in allen entscheidenden wirtschaftlichen Bereichen, während die Frankokanadier fast ausschließlich die Industriearbeiterschaft bilden, d.h. sozial am benachteiligsten sind.

Die Arbeitslosigkeit in der Provinz Quebec hat 14% erreicht, das sind rund 40% der gesamten kanadischen Arbeitslosenquote (bei einem Anteil Quebecs an der Gesamtbevölkerung von ca. 25%). Die Mehrheit dieser Arbeitslosen sind Frankokanadier. Kompliziert wird die Situation jedoch dadurch, dass Frankokanadier auch einen Teil der herrschenden Klasse Quebecs bildet, vor allem nämlich der ultra-reaktionäre katholische Klerus. Um auf all diese Widersprüche aufmerksam zu machen, griff die 'Front de Liberation du Quebec' (FLQ) zum Mittel der politischen Entführung: sie entführte den Arbeitsminister Quebecs, Pierre Laporte und zwang damit die Regierung Trudeau, Stellung zum Problem der Frankokanadier zu nehmen. Unterstützt wurde die FLQ mit ihren politischen Forderungen von einigen tausend Studenten und der größten Gewerkschaft Montreals.

Trudeau wurde aufgefordert, auf die Bedingungen der FLQ einzugehen (Entlassung von frankokanadischen politischen Gefangenen). Die herrschende Klasse, an ihrer Spitze der 'liberale' Premier Trudeau reagierte wie die Herrschenden in jeder Klassengesellschaft: Die 'War Measures Act', das aus Generalklauseln bestehende Kriegs- und Notstandsrecht, das der Regierung fast uneingeschränkte Vollmachten gibt, wurde proklamiert und in der Folge mit großer Brutalität durchgeführt: Die 'große Säuberung' begann: Unter dem Vorwand, nur gegen die FLQ vorzugehen, wurden Hausdurchsuchungen und Verhaftungen vorgenommen, die sich auch auf unbequem gewordene Kritiker der Regierung, auf linke Studentenfunktionäre und Gewerkschaftler bezogen; ca. 300 Personen wurden festgenommen, Presse, Rundfunk, Verkehr und Wirtschaft standen zur Disposition der Regierung; die 'Kidnapper' fand man jedoch nicht; wohl aber die Leiche Pierre Laportes, der, wie von der FLQ angedroht, erschossen worden war.

Trudeau, der angesichts der hohen Inflations- und Arbeitslosenquote und der Wahlen 1972 die Gelegenheit wahrgenommen hatte, die Melodie von 'Recht und Ordnung' voll auszuspielen, walzte in einem Frontalangriff die gesamte linke demokratische Opposition nieder (FR vom 31.10.1970). Ob, wie die FR weiterschreibt, die FLQ sich durch die Erschießung Laportes selbst besiegt hat, ist, so meinen wir, z.Z. nicht auszumachen. Tatsache bleibt, dass Kanadas herrschende Klasse ihr wahres 'Gesicht' (ihre Unterdrückerfratze) gezeigt hat und dass der Kampf der frankokanadischen Arbeiter und Studenten gegen die kanadische Bourgeoisie vollauf gerechtfertigt ist. Der kanadische Kapitalismus hat eine 'Unschuld' nie gekannt." (28)

November 1970: Der AStA der RUB berichtet aus NRW von den Clearingstellen zur Studienplatzverteilung u.a. von heute

„CLEARINGSTELLEN - NEUE VARIANTE DER FORMIERUNG. Immer mehr werden konkrete Maßnahmen zur Errichtung von Clearingstellen, d.h. zentralen Studienplatzverteilungsverfahren, getroffen. Immer mehr verstärkt sich der Druck auf Hochschulen und Fachbereiche zur Unterstützung der Clearingstellen. Viele Studenten haben Illusionen über die Clearingstellen und haben die zentrale Bedeutung dieses Verteilungsverfahrens für die kapitalistische Bildungsplanung noch nicht erkannt.

Die Leussinksche Bildungspolitik schweigt sich über inhaltliche Reformen der Hochschule und des Studiums aus. Geplant sind nur quantitative Maßnahmen zur Erhöhung des Outputs an akademisch Ausgebildeten zur Anpassung der kapitalistischen Wirtschaft an die Erfordernisse der wissenschaftlich-technischen Revolution. Durch diese quantitativen Maßnahmen wird jedoch auch der Inhalt der Ausbildung bestimmt: Festlegung der Ausbildung auf geringes Niveau, Verhinderung von Mobilität und Disponibilität, Lenkung der Masse der Studenten in die Kurzstudienbereiche der Universitäten bzw. Umlenkung in andere Bereiche wie die geplanten Bundeswehrhochschulen (BWHS, d. Vf.).

Die demgegenüber für einen breiten Ausbau des Bildungswesens und der Hochschulen erforderlichen Summen werden nicht durch den Haushalt bereitgestellt. Dennoch unausweichliche Mehrausgaben werden - etwa durch Sondersteuern - auf die arbeitende Bevölkerung abgewälzt. Alles kommt daher für die kapitalistische Bildungsplanung darauf an, den gegenwärtigen Mangel durch Optimierung der Kapazitäten so zu verwalten, dass der Ausstoß an Studenten erhöht wird und gleichzeitig der Studentenstrom nach dem kurzfristigen Bedarf der Monopole gesteuert und gelenkt werden kann.

INSTRUMENTE ZUR BERUFSLENKUNG

Die wichtigsten Instrumente dazu sind der Numerus Clausus (NC, d. Vf.) und die Clearingstellen. Beim Clearingverfahren (außer beim rein informativen ohne empfehlenden oder verbindlichen Charakter) ist die Angabe verbindlicher Kapazitäten notwendig. Da diese Kapazitäten nicht aufgrund von Hochschuldidaktik und den Anforderungen an ein wissenschaftliches Studium errechnet sind, sondern aufgrund der jetzigen hierarchischen Hochschulstruktur, verhindert solche Festlegung eine inhaltliche Studienreform. Vor allem aber geben diese verbindlichen zahlen dann den Kultusministerien die Möglichkeit der Einführung des Numerus Clausus ohne Mitbestimmungsmöglichkeiten der Hochschulen (s. Paragraph 56.2 HSchG - NRW). man kann also nicht mit den Clearingstellen gegen den Numerus Clausus kämpfen, die Clearingstelle ist vielmehr ein Instrument zur Ermöglichung einer vielseitigen und differenzierten Anwendung des Numerus Clausus: Lenkung von Studenten von einem Fach ins andere, auch innerhalb eines Faches Lenkung zu einem kürzeren Studienziel.

Die Clearingstelle ist somit ein wichtiges Planungsinstrument innerhalb des kapitalistischen Verwertungsprozesses. Daher auch die intensiven Anstrengungen der Ministerialbürokratie zur Absicherung der Clearingverfahren und zur Ausschaltung von Widerstand dagegen. Das Hochschulrahmengesetz (HRG, d. Vf.) schreibt Clearingstellen auf Landesebene vor, die auch bundesweit zusammengefasst werden können. Daneben bemüht sich die Westdeutsche Rektorenkonferenz (WRK, d. Vf.) um die Einrichtung bundesweiter Clearingstellen auf Fachbereichs bzw. Abteilungsebene.

CLEARINGVERFAHREN IN NORDRHEIN-WESTFALEN

Während des Sommersemesters 1970 hatte das Wissenschaftsministerium in Besprechungen mit Vertretern einzelner Fächer deren Bereitschaft zur Einrichtung von Clearingstellen erkundet. Anfang des Wintersemester 1970/1971 hielt das Ministerium die Lage für günstig, unter Ausschaltung selbst der geringen im Hochschulgesetz vorgesehenen Mitwirkungsrechte eine zentrale Clearingstelle zu oktroyieren. Es teilte den NRW-Hochschulen mit: 'Zum SS 1971 soll im Lande NRW auf der Grundlage verbindlich festgelegter Aufnahmekapazitäten der Hochschulen ein zentralisiertes Bewerbungs- und Studienplatzverteilungsverfahren für Studienanfänger folgender Fachrichtungen durchgeführt werden:

Mathematik, Physik, Biologie, Chemie, Geographie, Anglistik, Germanistik, Romanistik, Wirtschaftswissenschaften, Rechtswissenschaft, Elektrotechnik, Maschinenbau.' Es lud die Hochschulen zum 10.11. nach Düsseldorf lediglich ein zur Beratung der noch notwendigen organisatorischen Maßnahmen. In dieser Besprechung wurden von den anwesenden Vertretern der NRW-ASten das undemokratische Planungsverfahren und die geheim gehaltenen Planungsziele aufgedeckt. Das Ministerium musste zugeben, dass die Errichtung der Clearingstellen die technischen Voraussetzungen zur Durchführung eines Numerus Clausus in allen Fachrichtungen schaffen sollte. Daraufhin wurde in der Besprechung vereinbart, dass die Hochschulen 'unverzüglich eine Grundsatzentscheidung treffen, ob ein Verteilungsverfahren überhaupt gewünscht wird und welche Fächer dem Verfahren unterliegen sollten.' Damit waren die zuständigen Universitätsgremien im Allgemeinen in die Planungsvorgänge eingeschaltet.

FAILLARDS ALLEINGANG

Nur in Bochum wurde das zuständige Universitätsparlament (UP, d. Vf.) nicht gefragt, da es z. Z. infolge der Machenschaften seitens des Rektorats und des Senats (AS, d. Vf.) nicht tagen kann." (29)

4. November 1970: In der Mensa der Ruhruniversität Bochum (RUB) soll, KSB/ML der KPD/ML-ZK, um die von AStA und Fachschaft Jura organisierte Autumn Blues Fete beginnen, bei der die Bands Livin' Blues, Scarlet Pearmain und Bloody Son of a Bitch aufspielen. der Eintritt beträgt 2,50 DM. (30)

20. November 1970: Die Nr.3 der 'Pythagoras' - Zeitung der Roten Zelle Mathematik und der Fachschaft Mathematik an der Ruhr-Universität-Bochum erscheint an der RUB Sie beschäftigt sich mit den Themen: Lehrerausbildung, Prüfungsordnungen und Numerus Clausus (NC). (31)

26. November 1970: Der KSB/ML der KPD/ML-ZK an der RUB in NRW berichtet vermutlich von heute:

„JUGOSLAWIEN

Am Montag letzter Woche brach die schon seit einiger Zeit schwelende Unruhe an der Belgrader Universität offen aus: Plakate und Transparente an den Universitätsgebäuden riefen zu einem Solidaritätsstreik auf, dem, nach den bisher bekannt gewordenen Meldungen, die philosophische und philologische Fakultät, sowie die Kunstakademie folgten. Die Solidarität galt dem Studenten der philosophischen Fakultät, Mijanovic, der vor ca. 2 Wochen zu zwanzig Monaten Kerker verurteilt worden war, weil er eine hektographierte Zeitung herausgegeben und illegal unters Studentenvolk gebracht hatte, die, laut Urteilsbegründung, 'böswillige Entstellungen der politischen Lage in Jugoslawien' beinhaltete." (32)

1. Dezember 1970: Der AStA der RUB berichtet aus NRW von den Clearingstellen zur Studienplatzverteilung:

„Die NRW-ASten beschlossen bei einem Treffen am 1.12. in Köln die Ablehnung der Clearingstellen." (33)

4. Dezember 1970: Der AStA der Ruhr-Universität Bochum (RUB - vgl. 11.2.1971) berichtet aus NRW von den Clearingstellen zur Studienplatzverteilung:

„Bei der nächsten Besprechung im Wissenschaftsministerium am 4.12. waren Bochum und Bielefeld die einzigen, die für eine verbindliche Clearingstelle stimmten. WER HAT FAILLARD DIESEN AUFTRAG GEGEBEN? Das UP kann es nicht gewesen sein, da es nicht getagt hat. Der Senat (AS, d. Vf.) hat versichert, von ihm sei ein solcher Auftrag nicht erteilt worden.

LEGEN SIE ENDLICH DIE KARTEN AUF DEN TISCH, HERR FAILLARD!

Bei den Besprechungen mit dem Wissenschaftsministerium hat die Universität Bochum, lt. Verfassung vertreten durch den Rektor, für eine verbindliche Clearingstelle votiert. Faillard hatte keinen Auftrag. Faillard wird sich auch nach dem Zusammentreten eines neuen UP kaum an Aufträge binden lassen. Der Kampf gegen diesen reaktionären Rektor muss jetzt mit allen Mitteln geführt werden!" (34)

Solidarität mit der Black Panther Party, Solidarität mit Spanien, Uni-Vollversammlung

Die Solidarität mit der Black Panther Party (BPP) ging auf den Herbst 1970 zurück. In der damaligen BRD kam es erstmalig wohl in Frankfurt/M. zu einer breiteren Bewegung, zu der Karl Dietrich Wolff, Cohn-Bendit und Johannes Weinreich gehörten. Im November 1970 kam es in Frankfurt zu einer ersten Solidaritätsdemonstration, die unter der Losung stand „Freiheit für Bobby Seale“. Es gab auch verschiedene Solidaritätskomitees, über die in Mao leider nur wenige Informationen vorliegen. Die Komitees stellten sich wohl als Aufgabe, die in der BRD stationierten amerikanischen Soldaten für die Bewegung zu interessieren und zu agitieren. Dazu gab es auch wohl das Agitationsblatt „Voice oft the Lumpen!“.

Der KSB/ML rief in Bochum Anfang Dezember zu einer Solidaritätsveranstaltung an der RUB mit der BPP auf, die auch von der KPD/ML-ZK und anderen Gruppen unterstützt wurde. Es gab auch die Solidarität mit Spanien, die es zunächst in einer Verlautbarung (vom 3. Dezember), die in der „Roten Zelle“ abgedruckt wurde, gab. Am 19. Dezember kam es u. a. in Bochum zu einer Antifaschistischen Demonstration gegen Franco. Der Bericht über eine Uni-Vollversammlung ist relativ kurz, ruft aber in Erinnerung, dass das Konfliktpotenzial weiter relativ groß war. (vgl. 1. Dezember bis 9. Dezember).

1. Dezember 1970: Es erschien ein Flugblatt der „Roten Zelle- Zeitung des KSB/ML Bochum der KPD/ML-ZK“, welches zur morgigen Black Panther Party (BPP) Solidaritätsveranstaltung aufruft. (35)

2. Dezember 1970: In Bochum fand ein Teach-in zur Solidarität mit der Black Panther Party (BPP) der USA statt, zu dessen Besuch der KSB/ML der KPD/ML-ZK an der Ruhruniversität Bochum (RUB) aufrief. (36)

2. Dezember 1970: Es erschien ein Flugblatt der „Roten Zelle - Zeitung des KSB/ML Bochum der KPD/ML-ZK“: "Solidarität mit Black Panther", welches zur heutigen Black Panther Party (BPP) Solidaritätsveranstaltung aufruft. (37)

3. Dezember 1970: Der KSB/ML Bochum der KPD/ML-ZK in NRW zitiert folgende:

„Verlautbarung der Zivilregierung von Guipuzcoa - aus: 'ABC', Madrid, den 3.12.1970

'JEGLICHE BEDROHUNG DER ÖFFENTLICHEN ORDNUNG WIRD MIT ÄUSSERSTER ENERGIE VERFOLGT!'

'Es ist eine notwendige Pflicht der Autorität, die Aufrechterhaltung des öffentlichen Friedens, den das Volk mit vollem Recht verlangt, zu gewährleisten. Wegen des ausgeprägten Sinnes für Behutsamkeit, der die Guipuzcoaner auszeichnet, und ihrem wohlbekannten ehrenhaftem Betragen, fühlt sich die Zivilregierung verpflichtet, mit der größten Zurückhaltung, die sie bisher bewiesen hat, anzukündigen, dass die bürgerliche Ruhe in jedem Fall aufrechterhalten werden muss, obwohl die Autorität in einzelnen Fällen Mittel anwenden könnte, die unangenehm sein können, aber immer durch die besondere Lage des gegebenen Augenblicks gerechtfertigt sein werden. Solche Maßnahmen werden ergriffen, einerseits um die öffentliche Ordnung aufrecht zu erhalten, andererseits um die Gemeinschaft gegen brutale Attentate zu verteidigen, die der grundlegendsten christlichen Moral ins Gesicht schlagen.

Die wohlverdiente Ruhe der Männer, Frauen und Kinder dieser Provinz darf nicht der Gnade einer Minderheit unterworfen werden, die den Anspruch erhebt, eine öffentliche Meinung zu vertreten. Das Einzige was sie wirklich macht, ist, die Ruhe einer friedlichen Mehrheit zu stören. Im Bewusstsein ihrer Verpflichtung gegenüber den Meisten und den Besten, im Bewusstsein ihrer Verpflichtung, den öffentlichen Frieden zu garantieren, richtet sich diese Zivilregierung an alle, um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen. Sie wird in jedem Fall ihre Pflichten unbeirrbar erfüllen. In dieser Situation erachten wir es als notwendig, einen Aufruf an das gesunde Volk von Guipuzcoa zu entrichten, damit weiterhin den wiederholten Aufforderungen, die durch eine deutliche marxistische Propaganda formuliert und in den letzten Tagen verbreitet wurden, kein Gehör geschenkt wird und sich jedermann der öffentlichen Aufläufe und nicht genehmigten Demonstrationen enthält. Jegliche Bedrohung des bestehenden Zustandes wird mit äußerster Energie verfolgt und die gesetzlichen Mittel werden mit aller Schärfe angewandt. Die öffentliche Ruhe ist ein unersetzliches Gut, das wir unerbittlich verteidigen werden!“ (38)

9. Dezember 1970: Der AStA der RUB berichtete von der Uni-VV bzw. dem Akademischen Senat "die Uni-Vollversammlung hat bereits am 9. Dezember beschlossen, dass das reguläre Tagen des Senats verhindert werden muss, solange der Verfassungskonflikt anhält." (39)

Antifaschistische Demonstration

An der Antifa-Demonstration vom 19. Dezember in Bochum beteiligten sich eine Reihe von Gruppen. Dazu aufgerufen hatten der KJO Spartacus, der KSB/ML das Unikollektiv des KJVD, die Rote Garde, die RBG der KPD/ML, das KSB/ML-Gründungskomitee Dortmund und weitere Gruppen (vgl. 14. Dezember bis 17. Dezember).

14. Dezember 1970: In dieser Woche erschien in NRW, laut KJO Spartacus, ein Flugblatt „Spartacus -Lage des Kleinbürgertums im Monopolkapitalismus", in dem u.a. ausgeführt wird, dass man an der Antifademonstration am Samstag (vgl. 12.12.1970, d. Vf.) in den Reihen der Gewerkschaften demonstriert habe. Nähere Informationen und Wandzeitungen gäbe es in den Unis Bonn, Köln, Bochum und Dortmund. (40)

17. Dezember 1970: An der Pädagogischen Hochschule (PH) in Dortmund wird vermutlich heute ein "Aufruf zur antifaschistischen Demonstration - Nieder mit dem Franco-Faschismus! Nieder mit den Sozialfaschisten" verteilt. Das Flugblatt ruft dazu auf, am 19.12.1970 in Bochum unter den Parolen:

zu demonstrieren.

Der Aufruf ist unterzeichnet von KPD/ML-ZK, Rote Garde (RG), Rote Betriebsgruppen (RBG) der KPD/ML-ZK und dem KSB/ML Gründungskomitee Dortmund. (41)

Fahrpreiserhöhungen

Die Fahrpreiserhöhungen bei der Bogestra in 1970 sollten der Auftakt für eine breitere Bewegung im Ruhrgebiet werden, die sich primär auf Dortmund, Witten, Gelsenkirchen, Herne, Castrop-Rauxel, Recklinghausen und Essen ausdehnen sollte. Der Fahrpreiskampf dürfte seine Anfänge in den Bochumer Aktionen (1968) und Hannover (1969) genommen haben. Die DKP und der AStA berichteten im Dezember darüber und übten Kritik am Aufsichtsrat der Straßenbahn-AG und OB Claus (vgl. 21. Dezember bis 28. Dezember).

21. Dezember 1970: Der AStA der RUB berichtete von den Fahrpreiserhöhungen bei der BOGESTRA: „Zunächst sah alles sehr klar aus: Am 21.12. fasste der Aufsichtsrat die Situation in einem lapidaren Satz zusammen: 'Der Aufsichtsrat der BOGESTRA kam ... überein, dass ein Ausgleich der Verluste der Gesellschaft uns gleichzeitig durch eine finanzielle Hilfe der Städte ... und einer angemessenen Erhöhung der Fahrpreise erfolgen kann.' (...) Der Zeitpunkt für diese Erklärung war gut gewählt, denn durch Semesterferien und Festtagsrummel blieb jede Reaktion von Seiten der Öffentlichkeit aus; - man schien die regelmäßig wiederkehrenden Tariferhöhungen des öffentlichen Nahverkehrs mit gleicher achselzuckender Selbstverständlichkeit hinzunehmen wie die Sonnenfinsternis."

Die DKP (vgl. 9.1.1971) berichtete:

„FAHRPREISERHÖHUNG

Bis zum Februar kann die Fahrpreiserhöhung der Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahn AG (Bogestra) durch Aktionen abgewendet werden. Dann nämlich will der Aufsichtsrat endgültig beschließen, was er kurz vor Weihnachten anvisierte: 'Angemessene Preiserhöhung!' (42)

28. Dezember 1970: Der AStA der RUB berichtet von den Fahrpreiserhöhungen bei der BOGESTRA (vgl. 21.12.1970, 13.1.1971) vermutlich aus dieser Woche, der Bochumer Oberbürgermeister (OB) Claus habe Ende des Jahres erklärt: „Tariferhöhungen kommen nicht in Frage". (43)



Letzte Änderungen: 29.1.2011

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