Kommunistischer Bund Westdeutschland - Zweite Sitzung des Zentralkomitees, 7. Juli 1973

07.07.1973:
Es findet die zweite Sitzung des ZK des KBW (vgl. 16.6.1973, 15.9.1973) statt, zu der vom Ständigen Ausschuß (StA) des ZK folgende Vorlage gemacht wurde, wobei wir auch einige handschriftliche Ergänzungen eines Typoskriptes zitieren:"
Tagesordnungsvorschlag:
Bericht des Sekretärs
Berichte über örtliche Delegiertenversammlungen, Mitgliederversammlungen und Gespräche mit anderen Gruppen: Bremen-Mitte, Göttingen, Mannheim, Heidelberg, Wiesloch, Köln, Dortmund, Worms, Wetzlar, Hildesheim, Wilhelmshaven u. evtl. a.
Beschlußantrag zur Unterstützung der antiimperialistischen Befreiungsbewegungen
Beschlußantrag auf Veröffentlichung einer Broschüre über die Streikbewegung Veröffentlichungstermin: Mitte September
Beratung zum Vorgehen beim Nixonbesuch
Beschlußantrag zum Aufbau einer einheitlichen Hochschulorganisation (lag uns nicht vor, d.Vf*)
Zusammenarbeit mit ausländischen Organisationen
Finanzsituation
Aufträge für die Urlaubszeit
Theoretisches Organ
Ausschlußverfahren (Axel Bosse (UVB - IGM in Wolfsburg, d.Vf.) u.a.
Redaktionsstatut
Brief an Ortsredakteure
Herbst

Bericht über die Tätigkeit des Ständigen Ausschusses:

Seit der letzten Sitzung des ZK hat der Ständige Ausschuß zwei längere Sitzungsperioden durchgeführt, während der alle Mitglieder des Ausschusses in Heidelberg waren. In der Woche zwischen dem 18.6. und dem 25.6. waren die Mitglieder des St.A. entweder an ihren Heimatorten, schrieben Artikel für die KVZ, arbeiteten sich in ihre Ressorts ein oder führten Reisen zu örtlichen Delegiertenkonferenzen durch, an denen sie gemäß ZK-Beschluß teilnehmen sollten. Am Montag, den 25.6., waren wieder sämtliche Mitglieder des Ständigen Ausschusses in Heidelberg anwesend. Die Sitzungen mußten in Heidelberg stattfinden, weil hier die Bedingungen noch besser waren als in Mannheim.

Die Arbeitsbedingungen waren jedoch ohne Büro und ohne feste Wohnmöglichkeiten und Arbeitsmöglichkeiten für die Mitglieder des St.A. nicht optimal. Den Schwerpunkt dieser Sitzungsperiode bildete die Diskussion der beiden Stellungnahmen des Ständigen Ausschuß in der KVZ (Bericht über Gründungskonferenz und Stellungnahme zur Kampagne 'Hände weg von der KPD'), sowie die Diskussion der beiden Artikel, die von Mitgliedern des St.A. für die KVZ verfaßt werden sollten. In der Diskussion über die Stellungnahme zur Kampagne 'Hände weg…' wurde inhaltlich sehr schnell Einmütigkeit erzielt. Auch der Bericht wurde von allen Mitgliedern als korrekte Wiedergabe der Diskussion anerkannt.

Bei der Diskussion des Artikels zur gegenwärtigen Entwicklung der Weltdiplomatie wurde nicht volle Übereinstimmung erzielt, was aber auch nicht nötig war, da es sich um einen namentlich gezeichneten Artikel handelt. Der Artikel zu den Streiks wurde nach gründlicher Diskussion von Martin noch einmal überarbeitet, dann jedoch nur noch der Redaktion vorgelegt.

In dieser Woche fanden auch Gespräche mit Vertretern der Heidelberger Südafrika- und Palästinakomitees (KSA bzw. SPK, d.Vf.), die sich um die Organisierung dieser Aufgaben im überregionalen Rahmen drehten. Über die Probleme, die sich dabei ergaben werde ich mündlich kurz berichten.

Außer verschiedenen Fragen organisatorischer und technischer Art (Haus, Verlag etc.) wurden noch die verschiedenen Reisen vorbereitet, die Genossen am Wochenende vom 29.-30.6. durchführten. Im Rahmen der Vorbereitung dieser Reisen (X. nach Köln und Dortmund; Y. nach Waiblingen und München, Z. und A. nach Bremen) wurde unser Verhältnis zu den ABG diskutiert, um klare Richtlinien für die Verhandlungen Y.s mit den Münchner Genossen zu erarbeiten. Alle Mitglieder des Ständigen Ausschusses vertraten dabei die Auffassung, daß die ABG nicht als befreundete Organisation im engeren Sinne betrachtet werden können und daß deshalb keine weiteren Gespräche mit dieser Organisation nötig sind, bevor wir gemeinsam mit den Münchner Genossen an die Vorbereitung einer örtlichen Arbeit gehen und den Verkauf der Zeitung aufnehmen.

Ein weiterer Diskussionspunkt innerhalb des Ständigen Ausschusses war die Frage, in welcher Weise wir auf den im September bevorstehenden Nixonbesuch eingehen sollen. Unseren bisherigen Standpunkt zu dieser Frage werden wir dem ZK mündlich vortragen.

Über die Reisen der Mitglieder des St.A. liegen Berichte der betr. Genossen vor. Die Diskussion dieser Berichte bildete den Schwerpunkt unserer Sitzungsperiode in der letzten Woche. In dieser Woche haben wir schon wesentlich büromäßiger gearbeitet als in der letzten Sitzungsperiode. Die einzelnen Genossen haben ihre Ressortarbeit aufgenommen. Im wesentlichen hat sich unsere bisherige Arbeit in der Zeitung niedergeschlagen, bzw. drückt sich in den einzelnen Berichten an das ZK und in den Beschlußanträgen aus. In Zukunft werden die einzelnen Berichte wahrscheinlich am besten vom Ständigen Ausschuß in zusammengefaßter Form vorgelegt. Dies war für diese ZK-Sitzung noch nicht möglich."

Es folgen die:"
Beschlußanträge:

In Orten, wo Kandidaten und Mitglieder unserer Organisation arbeiten, aber noch keine vollen Voraussetzungen für die Einrichtung einer Ortsgruppe geschaffen sind, richtet das ZK Aufbaugruppen des KBW ein. Die Aufbaugruppen sind innerhalb des KBW den Ortsgruppen formell gleichgestellt.

Das ZK beschließt die Einrichtung einer Aufbaugruppe Wilhelmshaven mit dem Ziel diese Aufbaugruppe möglichst schnell in eine Ortsgruppe umzuwandeln. Die Bedingungen für die Umwandlung in eine Ortsgruppe sind dann gegeben, wenn die Aufbaugruppe Wilhelmshaven ihre Arbeit auf Grundlage von Zellen neuorganisiert hat.

In Erwägung
- daß sich die Ausschlußmaßnahmen (UVB, d.Vf.) der SPD-Gewerkschaftsspitze gegen die Mitglieder unserer Organisation häufen und
- daß die auf der Gründungskonferenz beschlossene Taktik gegenüber Reversen nur erfolgreich sein kann, wenn unser Verhalten gegenüber den Reversen rechtzeitig unter den Mitgliedern der Gewerkschaft und in den Betrieben bekannt gemacht worden ist

fordert das ZK alle Ortsgruppen und alle Zellen auf, den Beschluß der Gründungskonferenz zum Verhalten gegenüber Reversen möglichst bald und möglichst umfassend zu popularisieren und zu kommentieren und alle publizistischen Möglichkeiten auszunutzen, um den Inhalt dieses Beschlusses unter den Mitgliedsmassen der Gewerkschaften bekannt und verständlich zu machen.

Legt die Gewerkschaftsführung Mitgliedern der Organisation, die namentlich bekanntgeworden sind und öffentlich als Mitglieder des KBW in Erscheinung getreten sind, Reverse vor, dann sind die Ortsgruppen verpflichtet umgehend das ZK von diesen Fällen zu unterrichten und keinen endgültigen Beschluß über das Vorgehen in diesen Fällen zu fassen ehe das ZK Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt hat.

In Ausführung der Beschlüsse der Gründungskonferenz, die die Notwendigkeit einer gründlichen Auswertung der Streikerfahrungen der einzelnen Betrieb festgestellt hat, beschließt das ZK die Herstellung und Veröffentlichung einer Broschüre, in der die Streiks bei Mecano Bundy, Harvester, John Deere, Vulkan, Klöckner (alle IGM-Bereich in Bremen, Heidelberg und Mannheim, d. Vf.) ausgewertet werden sollen. Die betreffenden Kollektive werden beauftragt bis spätestens Ende August ausführliche Berichte anzufertigen, die unabhängig von Charakter und Gliederung des Berichts folgende Informationen enthalten sollen: Charakterisierung des Betriebs, Organisationsgrad, Vorgeschichte des Streiks, Auslösung des Streiks, Verhalten des Betriebsrats und des VLK. Besonders sorgfältig soll das Vorgehen des örtlichen Gewerkschaftsapparats und der Geschäftsleitung untersucht werden. Nachgeschichte des Streiks. Auswirkungen auf die Belegschaft, Verschiebungen in BR und VLK. Politik der Zelle vor, während und nach dem Streik. Die Kollektive sollen sofort an die Ausarbeitung ihres Beitrags zur Broschüre gehen. Mit dem Vorwort zur Broschüre werden die Genossen B. und A. beauftragt. Das Vorwort wird vom Ständigen Ausschuß geprüft und verabschiedet. Der Ständige Ausschuß zeichnet für die Broschüre verantwortlich.

In Ausführung des Beschlusses der Gründungskonferenz beauftragt das ZK den Genossen B. mit der Ausarbeitung von Richtlinien für das Beitragswesen des KBW. Diese Richtlinien sollen der ersten ZK-Sitzung im September vorliegen und im Oktober wirksam werden.

Beschlußantrag an das ZK

In Erwägung
- daß die Unterstützung der antiimperialistischen Befreiungsbewegungen zentraler Bestandteil des proletarischen Internationalismus ist
- daß ohne ständige Aufklärung über den Kampf der unterdrückten Völker von einer allseitigen Agitation und Propaganda nicht die Rede sein kann
- daß diese Agitation und Propaganda mit der gesamten Agitation und Propaganda der Organisation verbunden sein muß, von der alltäglichen Arbeit der Kommunisten nicht getrennt sein und sich nicht in unregelmäßigen Kampagnen erschöpfen darf
- daß in verschiedenen Ortsgruppen die antiimperialistische Arbeit zur Unterstützung der Befreiungsbewegungen an die Massenorganisationen und verschiedene Komitees delegiert ist und sich damit ein falsches Verhältnis von Kader- und Massenorganisation hergestellt hat

beschließt das ZK
- daß die Aufklärung über den Kampf der unterdrückten Völker einen ihrer Bedeutung entsprechenden Platz in der KVZ erhält
- daß diese Aufklärung so gestaltet sein muß, daß sich jeder Genosse umfassend informieren kann und daß die Betriebszeitungen wichtige bezeichnende Meldungen aus der KVZ übernehmen können
- daß beim ZK eine Kommission für die Unterstützung der Befreiungsbewegungen eingerichtet wird
- daß diese Kommission mit der Redaktion der KVZ und Beauftragten bei den örtlichen Leitungen enge Verbindung unterhält, die Redaktion durch Artikel unterstützt, sowie Arbeitsseminare und Veranstaltungen vorbereitet und durchführt
- daß Komitees nur dann aufgebaut werden, wenn die politische Anleitung durch die Ortsgruppen gesichert ist
- daß überregionale Kampagne nur nach vorhergehender Beratung auf den entsprechenden Ebene der Organisation durch das ZK bzw. den Ständigen Ausschuß eingeleitet werden
- daß solche Kampagnen bei besonderen Anlässen vom KBW insgesamt und seinen Massenorganisationen geführt werden auf Grundlage einer ständigen antiimperialistischen Agitation und Propaganda überall dort, wo die Kommunisten Massenarbeit leisten.

Zur Verbesserung der Zeitungsarbeit

Das ZK fordert alle Ortsgruppen und befreundeten Organisationen auf, sofort mit dem Verkauf der ersten Nummer der KVZ eine systematische Statistik über den Verkauf der Zeitung zu erstellen. Diese Statistik darf nicht nur die Gesamtsumme der verkauften Zeitungen enthalten, sondern muß nach den verschiedenen Verkaufsorten aufgeschlüsselt sein: nach Betrieb, Stadtteil, Straße, Bahnhof etc., nach Schule, Hochschule, nach Ladenverkauf und Verkauf bei Veranstaltungen (eigenen und Veranstaltungen anderer Organisationen). Eine sorgfältige Verkaufsstatistik ist von entscheidender Bedeutung für die Überprüfung der Wirkung und der Einflußmöglichkeiten der Zeitung. Deshalb müssen alle Genossen, insbesondere aber die Leitungen die größte Sorgfalt auf die Erstellung einer aufgeschlüsselten Verkaufsstatistik legen. Diese Verkaufsstatistik muß in zwei Exemplaren an den Ständigen Ausschuß weitergeleitet werden.

Um eine organisierte Auseinandersetzung zur Verbesserung der Zeitungsarbeit zu gewährleisten, sollten die Ortsleitungen die Kritik aus den Grundeinheiten jeweils kurz zusammenfassen und an den Ständigen Ausschuß und die Redaktion weiterleiten. Die Grundeinheiten sollen zur Kritik ermuntert werden und gleichzeitig zur Niederschrift dieser Kritik angeregt werden. Es ist wichtig, daß die Kritik an der Zeitung organisiert geübt wird und daß sie nicht irgendwo versandet. Auch ist es nicht gut, wenn sich Kritik anstaut, nicht organisiert vorgetragen wird und sich dann einfach in geringeren Anstrengungen beim Verkauf niederschlägt.

THESEN ZUR FORTSETZUNG DER WIRTSCHAFTLICHEN KÄMPFE IM HERBST

Nach der Urlaubszeit werden die Kämpfe nicht abflauen, sondern einem neuen Höhepunkt zustreben. Dies ergibt sich aus dem Gang der objektiven Entwicklung selber: die Preissteigerungen werden in diesem Herbst nicht nachlassen. Nach Ansicht der bürgerlichen und gewerkschaftlichen Wirtschaftsinstitute wird sich die Preissteigerungsrate im Gegenteil weiter erhöhen. Gleichzeitig wird sich die Arbeitshetze noch mehr verschärfen. Wollen die Kapitalisten ihre Gewinnen halten und ihre Positionen auf dem Weltmarkt, dann müssen sie noch immer mehr aus den Arbeitern herauspressen. Bei fortdauerndem Aufwertungseffekt der DM wird die Steigerung der Arbeitshetze auf Grund der Exportabhängigkeit der westdeutschen Industrie sogar beschleunigt zunehmen, weil die Kapitalisten auf diese Art die Nachteile der Aufwertung der DM für den Export aufheben wollen. Unter diesen Umständen ist die Wahrscheinlichkeit groß, daß die Welle der selbständigen Streiks sich im Herbst fortsetzt. Schon heute läßt sich sagen, daß die gegenwärtige Streikwelle viele neuartige Züge enthält. Sie ist keineswegs auf eine Branche beschränkt, wenn sie auch ihren Schwerpunkt in der Metallindustrie (IGM-Bereich, d.Vf.) hat. Sie ist, wenngleich zersplitterter als 1969 wesentlich breiter als 1969. Der Widerspruch zwischen den Interessen der streikenden Arbeiter und der SPD und der Gewerkschaftsführung ist heute viel ausgeprägter als 1969 und während 1969 die Marxisten-Leninisten noch keinerlei Rolle spielten, haben sie sich heute schon in einigen Belegschaften Vertrauen erworben und stehen an der Spitze der Kämpfe. Das schafft die Möglichkeit, die gegenwärtigen Kämpfe auf ein höheres Niveau zu heben, der zersplitterten Charakter der Kämpfe zu überwinden und in den Kämpfen den Klassengegensatz immer klarer herauszuarbeiten.

Wir können nicht davon ausgehen, daß sich die gegenwärtige wirtschaftliche Situation kontinuierlich entwickelt, sondern wir müssen damit rechnen, daß es zu krisenhaften Erscheinungen, ja Zusammenbrüchen kommt. Eine der Ursachen hierfür kann die Kreditverknappung sein, die jetzt schon einzelnen Baufirmen (BSE-Bereich, d.Vf.) das Kreuz bricht. Auf jeden Fall dürfen wir nicht so tun, als könnten sich die gegenwärtigen Widersprüche beliebig zuspitzen, ohne daß es zur offenen Krise kommt. Dies ist nicht möglich. Der kapitalistische Staat wird angesichts dieser Entwicklung in zweierlei Weise zunehmend eingreifen: auf der einen Seite wird er durch wirtschaftliche und finanzpolitische Maßnahmen die Krise verhindern wollen, auf der anderen Seite wird er verstärkt gegen streikende Arbeiter vorgehen wollen. Auch darauf müssen wir uns einstellen.

Die Marschroute der Gewerkschaftsführung für die nächste zeit und für den Herbst zeichnet sich schon deutlich ab. Sie wird möglichst frühzeitig die Diskussion unter den Arbeitern einseitig auf die 'Vorbereitung' der Tarifrunde ausrichten wollen, ein großes Geschrei machen, die Zurückhaltung in den Tarifrunden sei von den Unternehmern nicht honoriert worden und in den nächsten Tarifrunde gebe es jetzt kein Pardon. Angesichts dieser Taktik der Gewerkschaftsführung werden wir nicht in den Fehler verfallen, die Agitation für den selbständigen Streik der Vorbereitung der Tarifrunde gegenüberzustellen, sondern werden zeigen, daß die Führung der selbständigen wirtschaftlichen Kämpfe in der gegenwärtigen Situation die beste Vorbereitung der Tarifrunde ist, denn sie stärken die Kampfposition der Arbeiter sowohl gegenüber den Kapitalisten als auch gegenüber den Gewerkschaftsführern.

Die enge Verbindung zwischen dem Kampf für innerbetriebliche Lohnerhöhung und der Vorbereitung der Tarifrunde muß durch die Forderung der tariflichen Absicherung der erkämpften innerbetrieblichen Lohnerhöhungen durch Vorweganhebungen hergestellt werden. Dies wird auch für die Tarifrunde selber eine entscheidende Forderung sein.

Der Schein der Sicherheit der Arbeiterexistenz im Kapitalismus ist angeknackst und zerbricht immer mehr. Dies ist der Ausgangspunkt unserer Propaganda für den Sozialismus und für die soziale Revolution des Proletariats. Diese Propaganda muß und kann an den Erfahrungen der Massen selber angesetzt werden. D.h. wir haben jetzt die Möglichkeit von der Schlußsatzpropaganda und dogito, Chartaginem esse delendam-Propaganda (Ich sage, Karthago muß zerstört werden, d.Vf*) wegzukommen. Diese Möglichkeit muß bis in die Betriebszeitungen hinein wahrgenommen werden.

Wir können keine Spekulationen anstellen über die Verlaufsform der Kämpfe im Herbst. Wir können nicht einmal sicher voraussagen ob sich die Kämpfe in der bisherigen Form fortsetzen. Die weitere Entwicklung wird unter anderem davon abhängen, ob es den Kapitalisten gelingt auch im Herbst, so entscheidende Bereiche der Metallindustrie wie die Automobil- und Elektroindustrie aus der Auseinandersetzung herauszuhalten durch Zugeständnisse und andere Manöver. Was wir jedoch sicher sagen Können ist, daß ein großer Teil der Arbeiterklasse nicht mehr bereit ist von einem faulen Kompromiß zum anderen vertröstet zu werden und dazwischen drin still zu halten. Diese Situation ist von entscheidender Bedeutung für Fortschritte im Parteiaufbau, wir können sie nur nützen, wenn wir den Massen in den gegenwärtigen Kämpfen voranschreiten, ohne in linksradikale Fehler zu verfallen, wie sie uns die verschiedenen Parteien vorexerzieren.

Zum Besuch Nixons in der Bundesrepublik

Laut Presseberichten soll der schon seit längerer Zeit geplante Gegenbesuch Nixons (Präsident der USA, d.Vf.) in der BRD Ende September stattfinden. Allerdings gibt es bis jetzt keine verläßlichen Informationen über das Datum des Besuchs. Das ZK des KBW hat beraten, mit welcher Agitation und Propaganda und mit welchen Aktionen der KBW auf diesen Besuch antworten soll.

In Erwägung, daß die Organisation im Herbst all ihre Kräfte darauf ausrichten muß, die wirtschaftlichen Kämpfe auf ein höheres Niveau zu heben, ihre Vorbereitung und Durchführung mit der Diskussion und Aufstellung der Forderungen für die bevorstehenden Tarifrunden zu verbinden und in diesen wirtschaftlichen Kämpfen politische Klarheit über die SPD/FDP-Regierung und die Betrügereien der Reformisten und Revisionisten zu schaffen

- daß zentrale Demonstrationen, wenn sie nicht von langer Hand vorbereitet sind oder direkter Ausdruck einer starken Bewegung in der Arbeiterklasse und im Volk sind, lediglich einen kleinen Teil der demokratischen Bewegung des Volkes, im wesentlichen Studenten, erfassen können

- daß sämtliche zentralen Demonstrationen anläßlich von Staatsbesuchen imperialistischer Häuptlinge oder Unterhenker Gefahr laufen entweder zur Routine zu verkommen oder die Form von Machtauseinandersetzungen anzunehmen, weil das Aktionsziel 'Verhinderung des Besuchs' auf eine offene Konfrontation hinauslaufen muß, wenn es auch nur einigermaßen ernst gemeint ist

beschließt das ZK anläßlich des Nixonbesuchs nicht eine zentrale Demonstration durchzuführen, sondern örtliche Aufklärungs- und Protestdemonstrationen vorzubereiten. Die Veranstaltungen und Aktionen müssen entsprechend den örtlichen und regionalen Bedingungen geplant und durchgeführt werden. Dabei ist zu vermeiden, die Agitation einfach entlang der Kennzeichnungen 'Kriegsverbrecher' und 'korruptes Schwein' zu entfalten. Es wäre auch nicht richtig, einfach nur an die Vietnamkampagnen anzuknüpfen und nur aufzuzeigen, daß die US-Aggression in Indochina noch keineswegs beendet ist. Ein Schwerpunkt unserer Agitation und Propaganda muß sein, die Stellung des westdeutschen Imperialismus und der BRD in der gegenwärtigen Entwicklung der Widersprüche zwischen Imperialismus und Sozialimperialismus (SU, d.Vf.), sowie der Widersprüche zwischen den imperialistischen Ländern herauszuarbeiten und den imperialistischen Charakter der Außenpolitik der FDP/SPD zu entlarven. Losungen der entsprechenden Agitation und Propaganda, die sich auf den KVZ-Artikel von W. Maier stützen kann, müssen sein: US-Truppen raus aus Westdeutschland, Westdeutschland raus aus der NATO. Herausgearbeitet werden muß der Charakters des gegenwärtigen diplomatischen Rummels und der Charakter der 'Friedenskonferenzen' in Wien und Helsinki (SALT bzw. KSZE, d. Vf.). Angesichts der Tatsache, daß die Aufklärung über diese Fragen noch nicht sehr weit gediehen ist, muß der Schwerpunkt auf Saalveranstaltungen gelegt werden, statt ohne entsprechende Vorbereitung einfach eine der gewohnten Routinedemonstrationen durchzuführen, die von den bekannten Inhalten ausgeht und weder weitere Klarheit schaffen noch neue Kräfte einbeziehen kann.

Auf keinen Fall sollten wir uns durch den zu erwartenden moralischen Druck schrecken lassen, den verschiedene linksopportunistische Organisationen in Richtung auf zentrale Demonstration auf uns ausüben werden.

In der Agitation und Propaganda muß die lebhafte diplomatische Aktivität der Supermächte und der anderen imperialistischen Staaten aus der verschärften Konkurrenzsituation auf dem Weltmarkt abgeleitet werden, so daß von daher eine Beziehung zu der Verschärfung des Klassenkampfes im Innern der BRD hergestellt werden kann.

Die Ortsgruppen sollen sich entlang dieser Linie auf den Nixonbesuch vorbereiten, damit sie nicht durch die Bekanntgabe des endgültigen Reisetermins völlig überrascht werden und dadurch zwangsläufig eine routinemäßige Behandlung des Besuches verfallen.

Die Ortsgruppen werden aufgefordert umgehend die vorgeschlagene Linie zu diskutieren und sie insbesondere den örtlichen Massenorganisationen zur Beratung vorzulegen. Das ZK erwartet bis Mitte August die Stellungnahmen der Ortsgruppen, in die die Meinungen in den Massenorganisationen schon eingearbeitet sind. Auf Grundlage dieser Stellungnahmen wird das ZK aufs neue beraten und eine definitive Entscheidung treffen."

Von der Sitzung selbst lag uns das folgende handschriftliche Protokoll vor:"
Anwesend alle außer C. (Urlaub)

TOP 1 Bericht über die Tätigkeit des Ständigen Ausschusses liegt schriftlich vor. Ebenso einzelne Berichte der Verantwortlichen.

Bericht Bremen-Reise: Einstimmige Bestätigung der neuen kommissarischen Ortsleitung Bremen bis zur Delegiertenkonferenz in Bremen Mitte September.

Bericht Göttingen: Einstimmige Bestätigung der Göttinger Ortsleitung.

Bericht Mannheim: Mannheimer Ortsleitung einstimmig bestätigt.

Bericht Heidelberg: Ortsleitung bestätigt.

Bericht Wiesloch: Leitung bestätigt.

Bericht Osnabrück: Ortsleitung bestätigt.

BEFREUNDETE ORGANISATIONEN:

- Kommunistische Gruppe Köln stellt Aufnahmeantrag. Aufnahme von Köln wird einstimmig beschlossen.

- Kommunistische Fraktion Ruhrgebiet (KFR u.a. in Castrop-Rauxel und Dortmund, d.Vf.) Aufnahmeantrag von 23 Genossen. Wird begrüßt und individuell sowohl als auch über eine Mitgliederversammlung der gesamten Ruhrgebietsfraktion geprüft und dann entschieden. X. wird beauftragt, einen Brief im Auftrag des ZK zu schreiben (vgl. 10.7.1973, d.Vf.).

- Wilhelmshaven Beschluß siehe Anlagen
Beschluß Aufbaugruppe siehe Anlagen

- Hildesheim Aufnahmeantrag. Hildesheim wird aufgenommen als Ortsgruppe. Leitung wird bestätigt.

TOP 3 Zeitung
Redaktionsstatut einstimmig.

TOP 4 Ausländerresolution eingebracht

nicht mehr anwesend: B., D.

TOP 5 Beschlußantrag zur Unterstützung des antiimperialistischen Befreiungskampfes angenommen (einstimmig) (Tauchte bereits als durchgestrichener TOP 2 auf, d.Vf.).

TOP 6 'Zur Verbesserung der Zeitungsarbeit' angenommen

TOP 7 Zu den Gewerkschaftsausschlußverfahren einstimmig angenommen.
A. Bosse (Wolfsburg, d.Vf.) wird den Revers unterschreiben und nicht mehr als Verantwortlicher erscheinen (einstimmig angenommen).
E.: Ausschlußverhandlung verschoben.

1.) Antrag: Das Verfahren weiter führen.
2.) Antrag: Er wird aus der Verantwortlichkeit herausgenommen.
3.) Antrag: An seinem öffentlichen Auftreten ändert sich nichts.

Alle drei Anträge einstimmig angenommen.

TOP 8 Streikbroschüre wird gemäß dem Antrag, mit Zusatz: Karmann und Schnellpresse (IGM-Bereich in Osnabrück bzw. Wiesloch, d.Vf.) wird im Anhang untersucht, einstimmig angenommen.

TOP 9 Richtlinien zum Beitragswesen angenommen

TOP 10 Thesen zur Fortsetzung der wirtschaftlichen Kämpfe wird als Rundbrief an die OGs geschickt, es wird vorher im St.A. verabschiedet.

TOP 11 Zum Besuch Nixons in der BRD, Vorlage einstimmig angenommen.

TOP 12 Zum Aufbau des Kommunistischen Studentenbundes, Beschlußantrag einstimmig angenommen.
St. Ausschuß bestimmt letztlich Zusammensetzung der im Beschluß genannten Kommission.

TOP 13 Aufträge für die Urlaubszeit
St. Aus. hat innerhalb von St. Aus. Urlaubsaufträge vergeben.

TOP 14 Theoretisches Organ. Erste Nummer ist vom Inhalt gesichert.

TOP 15 Verschiedenes
a) Preis der KVZ, es bleibt bei der Regelung wie vom Vertrieb vorgeschlagen. Abstimmung 8: 1 für die o.g. Regelung.
b) Fahrtkostenregelung
Es wird Kilometergeld 14 Pfg. pro km gezahlt. Einzelfahrende Genossen fahren mit der DB, wenn es billiger kommt.
c) nächste ZK-Sitzung 8./9.Sept. 10 Uhr."
Die nächste Sitzung allerdings findet erst am 15.9.1973 statt.
Q: KBW-ZK-StA: ZK-Sitzung vom 7.7.1973, o.O. O. J. (1973); KBW-N.N.: ZK-Sitzung 7.7.1973 Protokoll, o.O. O. J. (1973)

KBW_ZK005

KBW_ZK006

KBW_ZK007

KBW_ZK008

KBW_ZK009

KBW_ZK010

KBW_ZK011

KBW_ZK012

KBW_ZK013

KBW_ZK014

KBW_ZK015