Kommunistischer Bund Westdeutschland - Erster Rundbrief zur Dritten Sitzung des Zentralkomitees, 31. Aug. 1973

31.08.1973:
Der Ständige Ausschuß (StA) des ZK des KBW richtet einen Rundbrief an die Mitglieder des ZK (vgl. 12.9.1973) zu dessen 3. Sitzung am 15.9.1973, die für den 8.9.1973 geplant war:"
Liebe Genossen,
hier unser Tagesordnungsvorschlag zur Sitzung, die bekanntlich am 14. (in unserem Exemplar handschriftlich korrigiert auf den 15. und erneut handschriftlich auf den 17., d.Vf.) 9. um 10 Uhr beginnt.

1. Die Lage im Herbst. Material dazu neben den ZK-Thesen vom Juli der beiliegende Rundbrief des Ausschusses (vgl. 31.8.1973, d. Vf.) über die Forderungen in den Streikkämpfen und unsere Forderungen hinsichtlich einer vorgezogenen Metall-Tarifrunde (MTR der IGM, d.Vf.).

2. Schulungsprogramm und Schulungsorganisation im KBW. Material dazu: Schulungsbuch der KG(NRF), Beschlußvorlage zur Schulungsorganisation X. (s. u., d.Vf.) - Wichtig ist hier, daß alle Genossen ihre Vorstellungen
hinsichtlich eines Schulungsprogramms möglichst vorbereitet mitbringen. Einen im Ausschuß abgesprochenen Programmvorschlag werden wir wahrscheinlich nicht mehr zustandebringen.

3. Diskussion der KVZ Nr. 1. Bericht über eingegangene Kritiken von Y. oder X.

4. Aufnahme neuer Ortsgruppen! (Anträge von Waiblingen, Hameln, Oldenburg, Dortmund, Hamm, Konstanz, Ludwigshafen, Wiesbaden)

5. Die Arbeit unter Ausländern. Resolutionsentwurf Y. (s.u., d. Vf.)

6. Einrichtung von Kommissionen:
- Gewerkschaftskommission (Vorlage Z. (s.u.))
- Antiimperialismuskommission (personelle Zusammensetzung)
- Jugendkommission (Einrichtung und Vorschläge zur personellen Zusammensetzung)
- Bericht über die Arbeit der Hochschulkommission (A.)

7. Beitragsregelung? (Vorlage B.? Noch nicht aus dem Urlaub zurück)

8. Veranstaltungsreihen und Kampagnen
- Guinea-Bissao
- Unterstützung der ATÖF bei einer Türkei-Woche
- Nixon-Besuch

9. Veröffentlichung von ZK-Beschlüssen in der KVZ.

10. Spende an portugiesische Kommunisten (Bericht C.)."

Im folgenden findet sich zunächst die Vorlage von X. zur Schulung:"
In allen Ortsgruppen des KBW wird unverzüglich damit begonnen, eine regelmäßige und einheitliche Schulung für alle Mitglieder und Kandidaten der Organisation durchzuführen. Diese Schulung zielt auf die Ausbildung von Kadern. Sie soll im Regelfall einmal wöchentlich stattfinden. Für ihre Durchführung sind die Ortsleitungen verantwortlich. In einem ersten gemeinsamen Durchgang ist es erforderlich der gesamtem Organisation ein einheitliches Fundament zu geben. Darum sollen alle Genossen an der Schulung teilnehmen. Die Schulung kann deswegen innerhalb der Zellen stattfinden oder in Gruppen, die aus mehreren kleinen Zellen zusammengelegt sind. Sie wird durchgeführt von Beauftragten, welche die Ortsleitung bestimmt. Nach Durchlaufen der Grundschulung durch alle Genossen wird der Aufbau eines Kursussystems angestrebt, das dem unterschiedlichen Ausbildungsstufen und Arbeitsbedürfnissen der Genossen Rechnung trägt."

Es folgt die Vorlage von Z. zur Gewerkschaftskommission:"
Um die Anleitung unserer Gewerkschaftsarbeit zu verbessern sollte das ZK zu einer Beschlußfassung in dieser Frage kommen. Dabei sind folgende Gesichtspunkte zu berücksichtigen:

1. Bedingt durch regional unterschiedliche Kapitalkonzentrationen einerseits und die einzelnen gewerkschaftlichen Tarifgebiete andererseits unterliegt die Gewerkschaftsarbeit unterschiedlichen Bedingungen, denen wir gerecht werden müssen.

2. Unsere bisherige Verankerung in den Gewerkschaften muß realistisch gesehen werden (wir haben nur in ganz wenigen Gewerkschaften ansatzweise einen Einblick). Wir müssen solche organisatorischen Schritte einleiten, die für die Bewältigung unserer tatsächlich erforderlichen Aufgaben notwendig sind, d.h. wir dürfen nicht überorganisieren und kopflastig werden.

Wichtigste Aufgabe ist die Stärkung der gewerkschaftlichen Fraktionsarbeit durch die Ortsgruppen. Nur in dem Maße, in dem wir in der betrieblichen Gewerkschaftsarbeit vorankommen wird sich die Frage regionaler oder überregionaler Fraktionen stellen. Durch die Gründung des KBW ist die Voraussetzung geschaffen die vereinzelten Erfahrungen zu verallgemeinern, dem lokalen Eingreifen die notwendige politische Stoßrichtung zu geben. Das geschieht einmal dadurch, daß vom ZK allgemeine Einschätzungen zur wirtschaftlichen und politischen Lage getroffen werden, zum anderen zu allen wesentlichen Fragen Beschlüsse gefaßt oder Richtlinien erlassen werden z.B. zu Tarifrunden, Manteltarifen, gewerkschaftlichen Aktionsprogrammen, Mitbestimmung usw. Um das zu leisten muß die Zusammenarbeit zwischen ZK oder St.A. und Ortsgruppen verbessert werden. Es müssen Anfragen, Anträge, Vorschläge zu Fragen, die sich in der Praxis stellen, gemacht werden. Die Genossen dürfen nicht durch eine Erwarterhaltung einem 'zuständigen' Ausschuß gegenüber hinter ihre bisherige Aktivität zurückfallen, sie müssen diesen Ausschuß für die Arbeit benutzen. Nur dadurch wird sich der demokratische Zentralismus konkret herstellen.

Von dieser Einschätzung ausgehend ist die Einrichtung einer festen, regelmäßig tagenden Gewerkschaftskommission beim ZK nicht sinnvoll. Sie würde an der Basis Genossen abziehen, die auf Grund ihrer Erfahrungen am wenigsten entbehrlich sind. Andererseits ist absehbar, daß ein Genosse allein nicht in der Lage ist, neben der sonstigen regionalen Arbeit, die anfallenden Resolutionen oder Richtlinien für die Gewerkschaftsarbeit zur Beschlußfassung für das ZK oder den Ausschuß zu erarbeiten, zudem die heute schon notwendigen Absprachen zwischen den Ortsgruppen in Bezug auf regionale Arbeit zu organisieren.

Unter Berücksichtigung der angeführten Gesichtspunkte beschließt das ZK:

1. Die Ortsgruppen sind angehalten über den Stand und die Schwierigkeit ihrer Gewerkschaftsarbeit regelmäßig zu berichten, durch Anfragen, Anträge und Vorschläge den Ausschuß und das ZK funktionabel zu machen. Der Ausschuß und das ZK werden durch Richtlinien, Stellungnahmen, Artikel, durch eine verbesserte Berichterstattung vor allem über gewerkschaftsinterne Ereignisse Anleitung und Zusammenarbeit sichern.

2. Der Ausschuß wird ermächtigt, unregelmäßige Tagungen der Gewerkschaftsverantwortlichen aus den Ortsgruppen oder von Einzelgewerkschaften durchzuführen.

3. Zum Zwecke der Unterstützung der Arbeit des Gewerkschaftsverantwortlichen im Ausschuß wird dieser ermächtigt nach Absprache mit dem Ausschuß in der Gewerkschaftsarbeit erfahrene Genossen zur Beratung hinzuziehen und ihnen einzelne Aufgaben verantwortlich zu übertragen. Sie sind für diese Arbeit dem Ausschuß gegenüber verantwortlich."

Nicht Teil des Rundbriefes ist der oben erwähnte Resolutionsentwurf von Y. zur Arbeit unter Ausländern, der uns nur als Originaltyposkript mit handschriftlichen Ergänzungen vorliegt:"
Der KBW bemüht sich um freundschaftliche Beziehungen zu allen fortschrittlichen und kommunistischen Ausländerorganisationen in der BRD. Dabei richtet er sich nach dem wichtigsten Leitsatz aller Kommunisten: Proletarier aller Länder und unterdrückte Völker vereinigt euch!

Aus diesem Leitsatz ergibt sich für uns unter den aktuellen Bedingungen des Klassenkampfes die doppelte Aufgabe:

1. den antiimperialistischen Befreiungskampf der unterdrückten Völker mit den internationalen Klassenkämpfen des Proletariats aller Länder zu verbinden, vor allem mit den Klassenkämpfen des westdeutschen Proletariats und auf diese Weise den antiimperialistischen Kampf der Völker mit allen Kräften zu unterstützen,

2. die ausländischen Arbeiter in der BRD, die rund ein Fünftel der westdeutschen Arbeiterklasse ausmachen, in die Klassenkämpfe des westdeutschen Proletariats miteinzubeziehen, die Gegensätze zwischen deutschen und ausländischen Arbeitern, die die Bourgeoisie schafft, zu bekämpfen und eine einheitliche Kampffront der deutschen und ausländischen Arbeiter herzustellen.

Dabei stellt sich uns die besondere Aufgabe, den Kampf gegen die besondere fast völlige Entrechtung der ausländischen Arbeiter in der Bundesrepublik und ihre besonders rücksichtslose Ausbeutung zu führen.

Der KBW bemüht sich um die Einbeziehung der ausländischen Arbeiter in die Klassenkämpfe des westdeutschen Proletariats unter Berücksichtigung der besonderen Bedingungen, denen die ausländischen Arbeiter in der BRD unterworfen sind, AUF DER GRUNDLAGE DER GLEICHEN TAKTISCHEN LINIE, die er für seine Arbeit beschlossen hat. Insbesondere versucht er die ausländischen Arbeiter für die gewerkschaftliche Organisierung in den Einheitsgewerkschaften und für den kampf um die proletarische Linie in den Gewerkschaften zu gewinnen, indem er zugleich alle Strömungen in den Gewerkschaften bekämpft, die ausländischen Arbeiter aus den Gewerkschaften fern zu halten bzw. ihre Interessen nicht zu vertreten bzw. die Gewerkschaften gegen die Interessen der ausländischen Arbeiter einzusetzen. Dabei richten wir uns nach dem Ziel der proletarischen Einheitsgewerkschaft auf dem Boden des Klassenkampfes.

Um die einheitliche Kampffront der ausländischen und deutschen Arbeiter herzustellen, bemüht sich der KBW bei Publikationen für Betriebe, in denen Ausländer beschäftigt sind, eine Übersetzung in den jeweiligen Sprachen mitzuveröffentlichen. Hierzu ist er auf die Zusammenarbeit mit ausländischen genossen und Organisationen angewiesen.

Ausländische Arbeiter, die Statut und Programm des KBW anerkennen und sich im KBW organisieren wollen, werden nach den üblichen Bedingungen aufgenommen. Dabei muß allerdings berücksichtigt werden, ob sie nach Maßgabe ihrer sprachlichen Kenntnisse aktiv in einer Organisationseinheit des KBW mitarbeiten können. (Ergibt sich aus dem Statut des KBW.)

Der KBW geht Aktionseinheiten mit allen fortschrittlichen und kommunistischen Ausländerorganisationen in allen Fragen des gemeinsamen Kampfes ein, soweit Einheit auf der Grundlage der Prinzipien der Politik der Aktionseinheit erzielt werden kann. Er unterstützt die antiimperialistische Arbeit dieser Organisationen, sofern diese nicht der politischen Linie des KBW zuwiderläuft.

Bei seinen freundschaftlichen Beziehungen zu den fortschrittlichen und kommunistischen Ausländerorganisationen in der BRD wendet der KBW in solidarischer Weise die Prinzipien der Kritik und Selbstkritik an."
Q: KBW-ZK-StA: Rundbrief an ZK-Mitglieder, Mannheim 31.8.1973; KBW-ZK-1 Mitglied: ohne Titel (Resolutionsentwurf zur Arbeit unter Ausländern), o.O. O. J. (1973)

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